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Futter ohne Gen-Soja

Greenpeace darf nach einem Urteil des Oberlandesgerichts weiterhin von Genmilch reden, wenn sie die Milch der Molkerei Müller meint. Die Umweltschutzorganisation will die Anti-Genmilch-Kampagne fortsetzen. Der Milchindustrie-Verband hingegen kritisierte das Urteil. Das Gericht setze sich über den Stand der Wissenschaft hinweg. Die Konsumenten hätten "keine wirkliche Klarstellung" erhalten. Inzwischen wollen 42 konventionell arbeitende Landwirte einer NRW-Erzeugergemeinschaft versuchen, garantiert Gentechnik-freie Milch auf den Markt zu bringen, nach dem Vorbild von Tirol-Milch in Österreich über die Wertschöpfungskette Molkerei, Futtermittelwerk und Supermarkt. Zunächst wollen sie ihren Kühen kein Gen-Soja mehr zu fressen geben. Anfang nächsten Jahres wollen die Bauern dann neun Millionen Liter Mich jährlich an eine auf Bio-Produkte spezialisierte Molkerei in Willingen-Usseln liefern. Zwei Supermarktketten werden die Milch vermarkten.

Von Ludger Fittkau | 29.10.2004
    Der Kompressor, der für die Kühlung der Milch sorgt, übertönt im Zulieferbereich der Upländer Bauernmolkerei in Willingen-Usseln alles. Ende des 19. Jahrhunderts, als sich im Hochsauerland 35 Landwirte zur Gründung einer "Gebirgsmolkerei" zusammenschlossen, wurden hier täglich 500 Liter Milch verarbeitet. Heute liefern vor allem Biobauern aus dem ganzen Sauerland im Durchschnitt 50.000 Liter Rohmilch, die in Usseln zu Trinkmilch, Joghurt oder Butter verarbeitet wird. Das Innere der Molkerei ist durch einen chromblitzenden Apparat aus Rohrleitungen ausgefüllt.

    Das ist ein so genannter Pasteur- also ein Erhitzungsapparat, in dem sämtliche Milch, die hier im Betrieb angeliefert wird, auch verarbeitet wird.

    Michael Peters ist der stellvertretende Betriebsleiter der Molkerei, die als erste hierzulande Gentechnik-Freiheit nicht nur für Biomilch, sondern auch für konventionell hergestellte Milch garantieren will. Damit will die Upländer Bauernmolkerei auch ein politisches Zeichen setzen, betont Landwirt Josef Jacobi, Aufsichtsratsvorsitzender der Firma:

    Uns geht es auch darum, den Gedanken zu verbreiten und von daher muss endlich in Deutschland eine Molkerei anfangen, in diesem Sektor gentechnikfrei zu erzeugen. Und hier in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Erzeugergemeinschaft und diese aktiven Bauern sind gerne bereit gewesen, Gentechnik-freie Milch zu erzeugen, wenn sie denn einen kleinen Aufpreis erzielen können.

    Im Stall des Landwirts Franz-Josef Dohle aus Rüthen-Kallenhardt im Arnsberger Wald läuft die Melkmaschine. Der Milchvieh-Betrieb gehört zu der Sauerländischen Erzeugergemeinschaft von 42 konventionell produzierenden Landwirten, die demnächst Milch von Kühen liefern will, an die garantiert keine genmanipulierten Futtermittel verfüttert wurde:

    Wir sind von der Upländer Bauernmolkerei angesprochen worden, als Milcherzeugergemeinschaft, ob es bei uns eine Möglichkeit geben könnte, die Milch mit gentechnikfreiem Futter zu erzeugen.

    Franz-Josef Dohle erzählt, dass seine traditionellen deutschen Futtermittellieferanten ihn zunächst nur ausgelacht hätten, als er mit ihnen über die Idee gesprochen habe. Sie hielten es für unmöglich, genügend Gentechnik-freie Futtermittel zu beschaffen:

    Und bin dann dort als Utopist oder sogar als Spinner deklariert worden und bin fast mit rotem Kopf wieder raus gelaufen, das war mir schon fast peinlich, als wenn ich vom anderen Stern käme. Aber nach dem Motto: geht nicht, gibt's nicht, haben wir weiter gearbeitet und siehe da, es gab dann durch Futtermittelfirmen, die uns dieses Futtermittel liefern wollten.

    Voraussichtlich ab Januar oder Februar wird deshalb durch die Abfüllmaschine der Upländer Bauernmolkerei Milch von Kühen fließen, die kein Gensoja gefressen haben. Die Verträge mit zwei Supermarktketten, die diese Milch in ihre Regale stellen werden, werden in Kürze unterzeichnet - da ist Josef Jacobi, der Aufsichtsratsvorsitzende der Molkerei, zuversichtlich:

    Wir wollen nicht nur eine Nische bleiben, sondern wir wollen, dass unsere Ideen, unsere Gedanken, letztlich auch eine breite Bevölkerungsschicht erreichen, damit letztendlich ein größerer Markt dafür gefunden werden kann.

    Denn die Upländer Bauernmolkerei kann ihre Kapazitäten noch steigern und damit auch weitere Arbeitsplätze im Hochsauerland schaffen. Ohnehin ist der Betrieb schon der größte Arbeitgeber in Willingen-Usseln. Die Verbraucher vor allem im nahe gelegenen Ruhrgebiet und in Hessen werden wohl darüber entscheiden, ob die Gentechnik-freie Milch aus dem Sauerland eine Zukunft hat. Denn man wird etwa 5 Cent mehr pro Liter bezahlen müssen, schätzt Bauer Franz-Josef Dohle aus Kallenhardt:

    Und es wäre auch wichtig, nicht nur für die Landwirte, dass es denen wieder gut geht, es ist auch sehr wichtig für unsere Natur. Die Strukturen in den Regionen verschwinden und das darf nicht sein. Und deswegen müssen wir aus den Regionen unsere Produkte auch besser zu vermarkten und der Verbraucher muss auch gewillt sein, dass sich diese Region, wie sie ist, auch in Zukunft noch erhalten kann.