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Fynn Holpert unter Druck

Im Juni stand der TBV Lemgo vor der Pleite. Nun bringt ein dubioser Scheck über 200 Millionen Euro den Handball-Bundesligisten erneut in die Schlagzeilen. Mit dem Geld hatte TBV-Geschäftsführer Fynn Holpert ein windiges Immobilienprojekt anschieben wollen, gemeinsam mit drei Geschäftspartnern. Doch der Scheck wurde von der Sparkasse Lemgo nicht akzeptiert.

Von Erik Eggers | 09.09.2012
    Lemgo, das war 2004 ein Synonym für die deutsche Handballnationalmannschaft. Das Quintett aus Florian Kehrmann, Volker Zerbe, Markus Baur, Christian Ramota und Daniel Stephan führte damals das Team von Heiner Brand zum EM-Titel und zu olympischem Silber. Damals firmierte TBV Lemgo auch als "TBV Deutschland".

    Lemgo, das ist heute ein Klub, der um die Existenz kämpft. Im Juni fehlten den Ostwestfalen plötzlich 1,4 Millionen Euro, die Pleite drohte. Erst am Donnerstag musste der TBV bei der Liga antreten, um die finanziellen Perspektiven für die laufende Saison zu erläutern. Im August trennte sich der TBV von Sport-Geschäftsführer Zerbe, der seit 1986 den Klub wie kein anderer verkörperte. Nicht nur Daniel Stephan, Welthandballer von 1998, registrierte das mit Entsetzen:

    "Die letzten Jahre ist alles kaputt gegangen. Die Trennung von Zerbe war das i-Tüpfelchen. Mit ihm ist die letzte Identifikationsfigur verloren gegangen. Das schmerzt nicht nur den Klub, sondern auch die ganze Stadt. Und auch mir tut es weh, wenn ich sehe, was da passiert."

    Aber das war noch nicht alles. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Detmold laut Nachrichtenmagazin SPIEGEL gegen Fynn Holpert. Dem TBV-Geschäftsführer wird versuchter Betrug vorgeworfen, eventuell auch Urkundenfälschung. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht die Kopie eines Schecks über 200 Millionen Euro, den Holpert zusammen mit drei Geschäftspartnern im Dezember 2011 drei Vorständen der Sparkasse Lemgo präsentiert hatte.

    Der Scheck von der englischen Großbank HSBC hätte alle Probleme lösen können. Aber die Sparkasse weigerte sich, den Scheck einzulösen, wie ein Protokoll des TBV-Beiratsvorsitzenden Siegfried Haverkamp aus dem März dokumentiert. Ob der Scheck nicht echt gewesen sei, könne er nicht sagen, erklärte Holpert auf Anfrage. Es habe damit "Ungereimtheiten" gegeben. Wie auch immer: In diesem Moment platzten die Träume von Holpert & Co., über fantasiereiche Immobiliengeschäfte dem TBV Lemgo wieder zu Geld zu verhelfen.

    Geplant war demnach allen Ernstes, rund 100 Millionen Euro in einen Sportpark an der Lipperlandhalle zu investieren, in denen der TBV seine Heimspiele austrägt. Inklusive Shopping Boulevard und Plaza – in einer Stadt mit gut 40000 Einwohnern. Als Investor trat eine luxemburgische Firma auf, bei der Holpert ebenfalls als Geschäftsführer fungierte – ohne Wissen der TBV-Beiräte. Holpert warb 2011 mit dem Namen des TBV Lemgo auch für weitere Projekte in Ostwestfalen, im Rheinland oder in Hessen, die teils bis zu 800 Millionen Euro schwer sein sollten.

    Die Akten zu diesem Komplex lesen sich als Dokumente der schieren Verzweiflung. Glaubte Holpert tatsächlich selbst, mit den windigen Projekten den Ausfall des größten TBV-Sponsors kompensieren zu können? Der Nahrungsmittelkonzern Heristo, der nach dem deutschen WM-Triumph 2007 euphorisch als Mehrheitsgesellschafter eingestiegen war, hatte 2011 seine Anteile im Nominalwert von 1,8 Millionen Euro für einen symbolischen Euro an den Klub zurückgegeben. Der Lokalpresse sagte TBV-Beiratschef Haverkamp nun:

    "Es ist sicherlich kein Vorgang, der Anlass zur Belobigung gibt. Nach dem Verlust des Heristo-Engagements war der Wunsch der Vater des Gedanken, den TBV über eine schwierige Klippe zu helfen. Dennoch war das Vorgehen unserer Geschäftsführung in diesem Zusammenhang zweifellos nicht professionell."

    Dem ehemaligen IHK-Chef in Detmold ist die Provinzposse sichtlich unangenehm. Zumal er selbst seit März darüber wusste – und sich im August nicht von Holpert, sondern von Zerbe trennte. Obwohl doch Holpert für die Klubfinanzen zuständig ist.