Der Börsenkrimi geht weiter. Allein in den vergangenen zwei Wochen sind Papiere der Handelskette Gamestop um 2000 Prozent gestiegen – allerdings mit heftigen Schwankungen. Nach Absprachen im Internet haben viele Kleinanleger die Aktien gekauft und damit in die Höhe getrieben. Hedgefonds müssen deswegen für ihre Wetten ebenfalls Aktien zurückkaufen, was den Kurs weiter treibt. Inzwischen haben einige der Online-Handelsbörsen, wo die Kleinanleger die Aktien kaufen und verkaufen, den Handel mit Gamestop-Papieren mindestens zeitweise eingeschränkt.
Die Plattform Robinhood hatte dabei gestern einen Sturm der Entrüstung auf sich gezogen, weil sie nur noch Verkäufe von Gamestop-Papieren, doch keine Käufe mehr zuließ. Inzwischen hat die Plattform eingelenkt und den Handel wieder zugelassen. FDP und Linkenpolitiker in Berlin forderten ein Einschreiten der Börsenaufsichten in solchen Fällen, weil das Kleinanleger gegenüber großen Spielern wie Hedgefonds stark benachteilige. Andernorts wird der Ruf nach transparenter Regulierung laut.
"Das Problem, das partiell nicht nur eine Aktie, sondern einen ganzen Markt betrifft, stellt schon die Frage, inwieweit wir hier regulieren müssen. Aber jetzt ist die wichtigste Aufgabe festzustellen, wo die Wirkungsketten liegen und welche Regulierung notwendig und zielgerichtet ist", sagt Professor Sascha Steffen. Er ist Finanzexperte an der Frankfurt School of Finance and Management.
"Im Normalfall geht das für die Kleinanleger schlecht aus"
In den USA kündigte der künftige Vorsitzende des Bankenausschusses im US-Senat, Sherrod Brown, eine Anhörung "zum aktuellen Zustand des Aktienmarkts" an. Es sei an der Zeit dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft für alle funktioniere, nicht nur für die Wall Street. Auch wenn es nun an den meisten Handelsplätzen wieder möglich sein dürfte, Gamestop-Papiere zu handeln, raten Experten wie Hendrik Leber zur Vorsicht. Er ist Fondsmanager beim Vermögensverwalter Acatis:
"Das schaukelt sich wirklich hoch, und wie man so häufig sagt: Gier frisst Hirn. Das hat mit der Firma eigentlich gar nichts mehr zu tun, das ist nur noch eine Herumzockerei, und im Normalfall geht das für die Kleinanleger schlecht aus."
Auch Sascha Steffen sieht eher Probleme voraus – vor allem für die Kleinanleger: "Wenn jemand mit wenig Geld und einem kleinen Einsatz jetzt doch 100 Prozent Gewinn machen konnte innerhalb von ein, zwei Tagen, dann führt das dazu, dass er das nächste Mal mit viel höheren Einsätzen spekuliert und dann läuft das Ganze aber genau gegen ihn. Ich glaube, hier ist noch viel Aufklärungsbedarf da für Anleger. In Aktien investieren ja, aber in Einzeltitel eigentlich nicht, das widerspricht jeglicher Logik."
Vermutlich wird das die vielen Kleinanleger aktuell aber nicht davon abhalten, munter weiter ihr Glück zu versuchen und mit den Gamestop-Papieren zu spekulieren. Heute zumindest schießen sie unter großen Schwankungen weiter in die Höhe. Am Ende allerdings, so befürchtet Sascha Steffen, werde es nur Verlierer geben:
"Das werden Hedgefonds sein, die sich so massiv dagegen positioniert haben, weil es einfach bei so einer Aktie mit so vielen Privatanlegern nicht möglich ist. Dann werden es die Kleinanleger sein, die jetzt hier investieren und nicht rauskommen rechtzeitig. Dann werden es aber auch andere sein, weil Hedgefonds müssen, um Verluste auszugleichen, unter Umständen auch andere Wertpapiere verkaufen und das wird dann auch zu Abwärtsspirale bei anderen Wertpapieren führen. Das heißt das betrifft mehr oder weniger uns alle, die wir investieren."