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Garinish Island

An der zerklüfteten Südküste Irland ragt die Bantry Bay tief ins Land hinein. Am Kopf eine ihrer kleinen Buchten liegt, umgeben von schützenden Bergen, Glengariff. Um 1900 war der kleine Ort ein beliebtes Ferienziel wohlhabender Iren beziehungsweise Engländer.

Von Katrin Kühne |
    Unter ihnen waren der in Belfast geborene Politiker John Annan Bryce, MP des British Empire (Irland unterstand bis 1921 der Britischen Krone) und seine Frau Violet, die sich in die Gegend mit dem durch den vorbeistreichenden Golfstrom milden Klima verliebten. Das Paar kam auf eine Idee, auf die nur Einwohner so Garten-liebender Nationen wie Großbritannien und Irland kommen können.

    Gemächlich tuckert die Harbour Queen von dem kleinen südirischen Seebadeort Glengarriff hinüber zur Garteninsel Garinish Island. Seehunde sonnen sich in der seichten Bucht von Glengarriff Harbour auf kleinen und großen Felsen.
    Man sieht sie kaum mit ihrem gesprenkelten Fell auf den angeschwemmten Seetangkissen, wo sie es sich gemütlich gemacht haben.

    "Herzlich willkommen auf Garinish Island oder Ilnacullin, wie die Insel auch genannt wird. Das ist ihr älterer Name und bedeutet 'Stechpalmen-Insel'. Die Bezeichung Garinish ist ebenfalls gälischen Ursprungs und bedeutet in etwa 'Nahe Insel'."

    Finbar O'Sullivan, ein großer, kräftiger Ire mit Guinness-geformter Leibesmitte, ist seit über 30 Jahren Herr über dieses 15 Hektar kleine Gartenparadies. Bäume und Sträucher aus aller Herren Länder bilden eine grüne und blütenreiche Welt, die sich von der sie umgebenden, kargen Felsen-und Meereslandschaft vollkommen unterscheidet. Vor allem subtropische Pflanzen fühlen sich wohl auf Garinish Island, das am Kopf der kleinen Bucht in der fjordartigen Bantry Bay liegt. Bis zu 2500 mm Niederschlag pro Jahr und der vorbeifließende Golfstrom lassen sie in einem Jahr so viel wie bei uns in zwei Jahren wachsen.
    "Die Felseninsel gehörte ursprünglich dem britischen Verteidigungsministerium. Als John Annan Bryce, Mitglied des englischen Parlamentes, sich zur Ruhe setzte, kaufte er sie 1910 auf Wunsch seiner Frau. Bereits 1911 begann er, den Garten anzulegen. Normalerweise würden wir ja erst ein Haus bauen und dann einen Garten. Bryce startete mit der Pflanzung eines Windschutzgürtels aus Koniferen. 1916/17 engagierte er für den geplanten Bau eines Herrenhauses den englischen Architekten und Gartenkünstler Harold D. Peto."

    <im_80889>ACHTUNG: NUR IN ZUSAMMENHANG MIT SONNTAGSSPAZIERGANG BENUTZEN</im_80889>Ohne Schutzwald könnte auf dem nackten Stein nichts wachsen. Bryce ließ also "pockets" in den Felsen hineinsprengen. "Taschen", um Platz für Pflanzen und vor allem für Erde zu schaffen, die der zunächst noch wohlhabende Belfaster Bootsladungen voll heranschaffen ließ. Während des Ersten Weltkriegs verlor der Gartenliebhaber dann fast sein gesamtes Vermögen. Das hinderte ihn aber nicht, an seinem Plan festzuhalten. Auch nicht seine Frau Violet, die sein Werk fortsetzte wie später Sohn Rowland.

    "Annan Bryce entwarf den gesamten Park mit Peto als kongenialem Helfer. Den Italienischen Garten mit der sogenannten Casita und dem Medici-Haus mit seinen Säulen, bis hoch zum Martello-Turm aus der Zeit Napoleons, wo das nie verwirklichte Wohnhaus geplant war, und der "Walled Garden" mit dem Uhrturm - alles wurde bereits von ihm vollendet."

    Der formale Italienische Garten ist im römischen Stil um ein Wasserbecken angelegt, in dem rote Wasserlilien schwimmen. Mit seinen Treppchen, antikisierenden Vasen und Statuen, ist er das Zentrum der Parkanlage. Der Chinesische Lampionbaum mit seinen rosa Blütenlaternen, Bonsais, Kamelien, duftende Spezialzüchtungen der zumeist geruchlosen Rhododendren erfreuen Auge und Nase des Betrachters.

    Eine dekorative Steintreppe führt Finbar O'Sullivan und mich zu einem offenen Säulentempelchen an der Westseite von "Ilnacullin" hinauf. Von hier aus schweift der Blick weit über die Meeresbucht mit ihren bewaldeten Ufern. In der Ferne die Caha Mountains. Der Obergärtner zeigt auf ein kleines Felsen-Eiland unter uns im Wasser. Es hat durch Aussamungen heute mehr Grün, als Garinish oder Ilnacullin zur Zeit der Bryces 1910, als die Gartenfreaks ihr ambitioniertes Unterfangen begannen.

    <im_80888>ACHTUNG: NUR IN ZUSAMMENHANG MIT SONNTAGSSPAZIERGANG BENUTZEN</im_80888>Im Mai/Juni tauchen die gefüllten, gerüschten, weißen, rosa, lavendel und bordeaux leuchtenden Blüten der Rhododendren und ihrer kleinblumigen Schwestern, die hier zu Baumhöhe wachsenden Azaleen, Garinish Island in einen wahren Farbenrausch.

    Das Happy Valley, das "Glückliche Tal" mit seinen "Black Pines" aus Japan, Tasmanien und Kalifornien führt uns in trockenere, naturbelassene Regionen und zum höchsten Punkt des Gartens hinauf.

    "Garinish Island ist einzigartig, weil Natur und Gartenlandschaft sich so wunderbar miteinander verbinden. Wenn man vom Martello Tower hier oben die Insel überblickt, vermutet man nicht, einen tropischen Garten unter sich zu haben."

    Rowland Bryce, der Sohn von Annan und Violet, starb 1953 und vermachte Garinish Island dem irischen Volk. Seit dieser Zeit ist das Gartenkunstwerk der Öffentlichkeit zugänglich.

    Weiterführende Informationen:

    www.entdeckeirland.de
    www.glengarriff.ie
    www.heritageireland.ie

    Buchtipp:
    Dumont Richtig Reisen: Irland