Dienstag, 16. April 2024

Archiv


Gefährliche Chemie

Sie finden sich im Duschgel, in der Bodylotion oder im Make-up: Parabene werden als Konservierungsmittel in vielen Kosmetikprodukten eingesetzt. Studien haben ergeben, dass die Stoffe negativ auf den Hormonhaushalt wirken können. Viele Unternehmen sehen kein Risiko.

Von Ralph Ahrens | 23.10.2013
    "Wir haben über 60.000 Körperpflegeprodukte auf ihre Inhaltsstoffe ausgewertet. Wir haben uns die Inhaltsstofflisten dieser Produkte angeschaut und haben festgestellt, dass ein Drittel dieser Produkte hormonell wirksame Stoffe enthalten."

    Sagt Sarah Häuser vom BUND. Solche Substanzen in Hautpflegeprodukten seien jedoch problematisch: Denn sie beeinflussen das Hormonsystem - zumindest das von Versuchstieren. Zu diesen hormonähnlichen Substanzen zählen "Parabene", die Kosmetikhersteller etwa Hautpflegemitteln als Konservierungsmittel zumischen.

    "Die Parabene haben eine östrogene Wirkung. Sie wirken wie weibliche Sexualhormone. Bestimmte Parabene haben auch eine anti-androgene Wirkung. Also, sie wirken gegen die männlichen Sexualhormone. Und mit diesen Stoffen werden in Verbindung gebracht eben auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Brustkrebs oder auch eine Störung der Spermienqualität."

    Der BUND fordert daher Kosmetikhersteller wie Beiersdorf in Hamburg auf, auf solche hormonartig wirkenden Parabene etwa in seinen Nivea-Produkten zu verzichten. Das werde Beiersdorf nicht tun, entgegnet Volker Holle. Er ist im Unternehmen für die Einhaltung der kosmetikrechtlichen Anforderungen der verwendeten Inhaltstoffe zuständig.

    "Parabene sind sicher. Und bei der Anwendung von Produkten mit Parabenen besteht für den Verbraucher auch kein Gesundheitsrisiko, auch nicht die Gefahr von hormonellen Wirkungen."

    Das Unternehmen setzt diese Substanzen als Konservierungsmittel in Körperpflegeprodukte, Gesicht- und Sonnenschutzcremes ein. Etwa jedes dritte Produkt enthält sie nach Firmenangaben.

    "Eine Aufnahme durch die Haut ist zwar möglich, aber in äußerst geringen Mengen. Sie werden dann auch im Körper sehr schnell abgebaut und können sich von daher nicht anreichern."

    Die EU hat zudem Grenzwerte für Parabene in Hautpflegemitteln festgeschrieben. Für Volker Holle ist klar, zwar zeigen Parabene in manchen Laborversuchen bedenkliche Effekte, von den geringen Mengen in Hauptpflegemitteln gehe aber keine Gefahr aus.

    "Das ist ganz klar: Das einzelne Duschgel, das diesen Stoff enthält, macht noch nicht krank,"

    meint auch Sarah Häuser vom BUND.

    "Aber was uns eben Sorgen bereitet, ist die Kombination der verschiedenen Produkte, die man tagtäglich benutzt. Man benutzt ja nicht nur ein Duschgel, sondern auch eine Bodylotion, eine Zahnpasta, Make-up möglicherweise, ein Shampoo und so weiter. Da kommt eine ganz beträchtliche Menge an Produkten zusammen, die eben auch zu einem Cocktaileffekt im menschlichen Körper führen können."

    Das heißt, mehrere Substanzen verstärken im Körper ihre Wirkung. Dennoch hält Beiersdorf-Mann Holle Parabene für sicher. Er verweist auf Sicherheitsmargen in der Risikobewertung. Und das Bundesinstitut für Risikobewertung habe im Jahr 2011 geraten, Parabene nicht generell durch andere Konservierungsmittel zu ersetzen. Das könne zu mehr Allergien führen, so Volker Holle.

    "Was ja bekannt ist - da gibt es Untersuchungen über Allergieraten von allergologischen Zentren - das weiß man eben, dass andere Konservierer höhere Allergieraten generell haben."

    Auch Sarah Häuser vom BUND weiß, eine umstrittene Chemikalie lässt nicht immer leicht durch eine harmlosere ersetzen.

    "Da müssen die Firmen natürlich drauf achten, dass sie nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben und einen gefährlichen Stoff durch einen anderen gefährlichen Stoff ersetzen. Das ist aber durchaus auch möglich."

    So habe der US-amerikanische Kosmetikhersteller Johnson & Johnson, der die Penaten-Creme herstellt, dem BUND zugesagt, ab 2014 in Babyprodukten keine Parabene mehr einzusetzen. Und die Diskussion geht weiter. So plant die EU-Kommission in Brüssel, den Einsatz von zwei Parabenen am Po von Babys und von bis zu drei Jahre alten Kleinkindern durch strengere Grenzwerte quasi zu verbieten. Und jeder Verbraucher habe es selber in der Hand, ob er Körperpflegemittel mit hormonell wirksamen Substanzen wie Parabenen kauft, ergänzt Sarah Häuser.

    "Um es dem Verbraucher möglichst einfach zu machen, haben wir eine App entwickelt, die ToxFox-App. Die kann man sich kostenlos runterladen - wenn man ein iPhone besitzt - und kann dann direkt im Laden ganz praktisch Produkte scannen und erfährt dann sofort, ob da hormonell wirksame Chemikalien enthalten sind oder auch nicht."