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Nanotechnologie in Kosmetika

Bei Kosmetikprodukten hat es die Nanotechnologie zurzeit schwer: Grüne Naturkosmetik ist in, den Hightech-Cremes stehen viele Kunden eher skeptisch gegenüber. Doch das Misstrauen sei unbegründet, versichern die Hersteller.

Von Alexander Budde | 19.09.2013
    Mit den sogenannten Liposomen aus dem Hause Dior sind uns die Nanopartikel buchstäblich auf den Leib gerückt. Ultrafeine Partikel aus natürlichen Lipiden, die als Nanotaxis komplexe Wirkstoffe schützen und in die Haut transportieren - jubelnd feierte die Branche bereits vor mehr als 30 Jahren die Marktreife der vermeintlichen Wundermittel.

    "In den letzten Jahren hat dieser Blick auf Nanotechnik einen kleinen Imagewandel leider Gottes erlebt. Denn aus dem, was früher innovativ, hoch technologisch war, sind wir deutschen Bedenkenträger dazu geneigt, es eher kritisch zu sehen. Und dieses Werben mit 'garantiert ohne Nano' schürt ja im Unterbewusstsein die Angst vor Nanotechnik, die in dem Falle, so wie sie eingesetzt wird, wenn sie gesetzeskonform eingesetzt wird, absolut unbedenklich ist","

    sagt Christian Rimpler. Der streitbare Chemiker führt in zweiter Generation die Dr. Rimpler GmbH. Das Unternehmen entwickelt hochwertige Pflegeprodukte für den Fachhandel, liefert die Ware in 40 Länder aus. Als Präsident des Verbands Cosmetic Professional vertritt Rimpler die Interessen der mittelständischen, Kosmetik produzierenden Industrie. Er betont, dass ein Kosmetikum, bevor es in den Markt gebracht wird, eine Vielzahl von Tests durchlaufen muss, bei der die Winzlinge unter besonderer Beobachtung stehen. Als "Nano" müssen nur solche Stoffe gekennzeichnet werden, die eine gewisse Strukturgröße unterschreiten. Dasselbe gilt für Nanomaterial, das aus biopersistenten Stoffen besteht, die also keinen bekannten Stoffwechsel haben, vom Körper nicht abgebaut, umgewandelt und ausgeschieden werden können. Rimpler:

    ""Es gibt gesicherte Erkenntnis darüber, dass Partikel ab einer Größe von 50 Nanometer und kleiner Haut - also die Epidermis - durchdringen können. Und da macht der Gesetzgeber das Gleiche, was er beim Brückenbau macht. Er verdoppelt einmal die Größe und sagt: anstatt 50 Nanometer 100 Nanometer. So kann dann eben auch ein schwerer Lastzug über die Brücke fahren, indem einfach genügend Sicherheitsabstand da ist. Ich kann, glaube ich, hier stehen und sagen: Es gibt absolut sichere Produkte in Deutschland, die mit Nanotechnologie hervorragende Produkteigenschaften verkörpern."

    Am Unternehmenssitz in der Wedemark bei Hannover führt Rimpler den Besucher in die staubreine Produktionshalle. Eine besondere Spezialität der Firma ist die Produktion von Emulsionen mit Nanopartikeln.

    Bei diesem patentierten Verfahren werden die Wirkstoffe im geschmolzenen Lipid gelöst, die großen Lipidtropfen anschließend in einer speziellen Anlage unter hohem Druck in feine Nanotropfen zerteilt, die sich beim Abkühlen zu Kristallen formen.

    "Unsere Nanopartikel, die wir hier bei uns herstellen, sind zwischen 180 und 250 Nanometer groß, sind damit unbedenklich, bestehen zudem aus vollständig biologisch abbaubaren Materialien, das heißt, selbst wenn sie eindringen, werden sie komplett abgebaut. Und sind somit absolut sicher und harmlos. Der Produktvorteil ist aber, dass wir verschiedene Aktivstoffe in diesen Lipidkristallen verkapseln können, um somit ungeahnte Konzentrationen der Haut zur Verfügung zu stellen."

    Lipidpartikel im Nanometerbereich haften an der Hautoberfläche besonders gut. Sie bilden einen feinen Film, aus dem heraus sich ein instabiler Wirkstoff wie das Coenzym Q10 entfalten kann. Es beschleunigt den Energiestoffwechsel der Haut.

    "Man kann sich das so vorstellen so ähnlich wie in einem Bernstein ein eingekapselter Moskito. Der Wirkstoff ist solange geschützt in der Creme, bis der Kristall auf die Haut kommt und von der Haut geschmolzen und verstoffwechselt wird. Und dann wird der Wirkstoff freigesetzt. Da kriegen wir wieder die Frische und die Dynamik einer vitalen Haut."

    In der Kosmetik wird Nanomaterial auch zum Konservieren genutzt, es kommt in Fußpflegemitteln und Deodorants zum Einsatz.

    "Hier hat man durch Nanotechnologie Silberpartikel soweit verkleinert bis in einen Mikrometerbereich hinein. Also auch da ist es eine Mär von Nanosilber zu sprechen, denn die Partikel sind als Mikrosilber so um die 1000 Nanometer groß. Und diese laufen nicht mehr schwarz an. Also was die Hausfrau von ihrem Silberbesteck kennt, ist bei diesen kleinen Mikro-Silber-Teilen nicht mehr der Fall. Und so kann man solche Produkte eben anwenden, die nicht schwarz werden, die aber bakteriologisch unglaublich gut wirksam sind."

    In der Debatte um unser Wohl und Wehe durch die Winzlinge wirbt Rimpler, der Unternehmer und Lobbyist, für einen sachlichen Ton. Doch wenn er von den Hoffnungen und Erwartungen spricht, die er mit der fortschreitenden Verkleinerung verknüpft, bemüht er die ganze Wortgewalt seiner Profession:

    "Man fliegt nicht nur zum Mars und beschäftigt sich mit dem Kosmos. Man guckt auch in den Mikrokosmos oder auch in den Nanokosmos. Denn auch dort gibt es noch viele Dinge zu entdecken. Und da bin ich noch ganz gespannt, was alles bei herauskommt. Voraussehen kann ich das allerdings auch nicht."