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Gefährliche Hitze

Seit fünf Jahren sammeln und vergleichen die Klimaexperten des Deutschen Wetterdienstes Messdaten für den süddeutschen Raum. Damals hatten Bayern und Baden-Württemberg wegen zunehmender Unwetter- und Hochwasserschäden gemeinsam den Auftrag für das Gutachten gegeben. Die Ergebnisse kennt Wolfgang Kusch, der Vizepräsident des Wetterdienstes:

Von Frank Müller |
    Wir haben zunächst einmal unsere Langzeitmessreihen ausgewertet und gesehen, dass vor allem in den 90er Jahren tatsächlich Klimaveränderungen zu registrieren sind. Wir haben eine Temperaturzunahme von zirka einem Grad. Wir haben festgestellt, dass beim Niederschlag im Winter mehr Regen fällt und dadurch verändert sich natürlich auch das Abflussverhalten.

    Aber auch abgesehen vom zunehmenden Regen – der Winter in Süddeutschland wird in zukünftigen Jahrzehnten anders aussehen:

    Wir können zunächst einmal sagen, dass es in künftigen Wintern zu einer Zunahme von Niederschlägen kommen wird, dass es weniger Schnee geben wird, dass auch die Schneefallgrenze höher liegen wird – oberhalb von 800 Meter sind keine starken Veränderungen zu erwarten. Unterhalb wird jedoch weniger Schnee und statt dessen intensiverer Regen fallen.

    Die Folge ist ein zunehmendes Wetterchaos: Bayern wird so immer stärker in zwei klimatische Regionen geteilt. Eine Gefahr, die auch Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf erkennt.

    Durch die Klimaerwärmung wird es im Süden Bayerns wärmer und noch feuchter. Bereits heute hat Südbayern drei Mal so viele Niederschläge wie der Norden Bayerns. Dort – vor allem im Fränkischen – wird es wärmer und noch trockener, dass heißt es entstehen noch mehr Herausforderungen für die Trinkwasserversorgung und die Landwirtschaft. Zusätzlich gehen wir davon aus, dass die Niederschläge im Winterhalbjahr zunehmen und damit auch die Gefahr von Hochwasser, insbesondere die Gefahr mittlerer Hochwasserereignisse.

    Abgesehen vom Norden Bayerns sind auch der Schwarzwald und der Norden Baden-Württembergs von lokalen Winterhochwassern bedroht. Im Sommer führt der Temperaturanstieg dafür zum entgegengesetzten Phänomen. Bereits im letzten Jahr erlebten weite Teile Unterfrankens eine noch nie da gewesene Dürreperiode. Albert Göttle, Präsident der bayerischen Wasserwirtschaftsämter:

    Das war letztes Jahr sehr spannend. Wir hatten eine große Hitze und kaum Niederschläge – vielerorts 60 Prozent weniger als im Jahresdurchschnitt. Die Grundwasserstände waren zu Beginn des Jahres durch den vorausgegangenen Zeitraum sehr hoch. Wenn dieses Jahr eine ähnliche Hitzewelle käme, sieht es wesentlich ernster aus: die Grundwasserstände sind jetzt schon niedriger als vor einem Jahr und entsprechende Reduktionen würden uns dann unter die Minimalwerte führen, was für die Wasserversorger bedeuten kann, dass sie ihre Brunnen nicht genügend fördern können und wir uns weiter über Notverbünde und Zusatzversorgung Gedanken machen müssen.

    Doch nicht nur die Landwirtschaft wird künftig immer öfter Probleme bekommen. Auch die Schifffahrt auf dem Main und der Donau ist in Gefahr:

    Es wird eine Neuordnung stattfinden müssen. Insbesondere dort, wo Wasser genutzt wird und das geht weit über die Schifffahrt hinaus. Beispielsweise auch die Abwärmeeinleitung: wir hatten letztes Jahr Probleme bei den Kernkraftwerken die Abwärme aufzunehmen. Das sind aber auch ökologische Probleme: das sich beispielsweise die Fauna auf die höheren Temperaturen einstellen muss.

    Panik muss deshalb jedoch nicht ausbrechen. Trotz des letzten Extremsommers geschieht die Klimaveränderung schleichend. Bayerns Umweltminister Schnappauf will dennoch erste Sicherheitsmassnahmen ergreifen:

    Bayern hat sieben Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr, Deutschland zwischen zehn und elf. Obwohl wir relativ günstig sind, wollen wir durch ein aktives Klimaschutzprogramm unseren CO2-Ausstoß reduzieren. Zweite große Stellschraube ist aktiver, konsequenter Hochwasserschutz: Bayern wird einen Klimaänderungsfaktor in die Bemessung der Hochwassergefahr einführen. Die zunehmende Niederschlagsmenge im Winter wird vor allem bei der Bemessung der Hochwasserschutzanlagen im Freistaat Berücksichtigung finden.

    Trotz der geplanten Baumassnahmen sind auf absehbare Zeit noch rund 300 der 2000 bayerischen Gemeinden hochwassergefährdet. Teilweise auch aus eigenem Verschulden:

    Wir haben Hochwasserausbaumaßnahmen für rund 300.000 Einwohner in Bayern in den nächsten fünf Jahren geplant. Die Brennpunkte liegen an der Donau, wo das Pfingsthochwasser gezeigt hat, dass die Deiche überlaufen und folglich zu niedrig sind. Wir haben aber in vielen Gemeinden an kleinen und mittleren Bächen die Probleme, dass in die Überschwemmungsbereiche hinein gebaut wurde und wir heute nachbessern müssen.

    Deshalb will man im Freistaat zunehmend auf natürliche Hochwasserabflussgebiete setzen. Darüber hinaus soll das Gutachten des Wetterdienstes in den nächsten Jahren verfeinert werden.