Archiv


Gefährlicher Biss

So schonend kann der beste Arzt oder Zahnarzt nicht spritzen: Wer von einer Zecke gebissen wird, spürt erst einmal gar nichts. Erst wenn der Hinterleib des Tieres Tage danach mit Blut voll gesaugt ist und größer wird, bemerkt man den Biss und dann kann es schon zu spät sein. Denn Zecken übertragen Krankheiten, die gefährlich werden können. Aus diesem Grund suchen Wissenschaftler nach Wegen gegen die Zeckenplage.

Von Gerhard Trey |
    Der Kampf gegen die Zecken startet in Baden-Württemberg, weil dort die von ihnen übertragene Hirnhautentzündung relativ häufig auftritt. Aber was jetzt im Süden Deutschlands anläuft, könnte auch für andere Gebiete wichtig werden. Bekämpfen will man die Zecken mit dem in der Natur üblichen Prinzip: "Fressen und gefressen werden", wobei der Mensch allerdings die Feinde der Zecken unterstützt, wie Professor Johannes Steidle von der Uni Hohenheim berichtet:

    "Wie jeder andere Organismus haben Zecken natürliche Feinde, zum Beispiel Fadenwürmer, Pilze oder parasitische Wespen und die Idee ist, diese Antagonisten im Freiland auszubringen und damit die Zeckenpopulation zu reduzieren. Die parasitischen Wespen legen ihre Eier in die Zecken, aus den Eiern schlüpfen dann Wespenlarven, die fressen die Zecken von innen auf und töten die Zecken auf diese Weise ab. "

    Nicht nur Wespen sollen den Zecken zusetzen, auch mit Pilzen will man ihnen das Leben schwer machen, sagt Ute Mackenstedt, Professorin am Institut für Zoologie der Uni Hohenheim:

    "Diese Pilze würden durch das Atem- oder so genannte Tracheensystem in die Zecken eindringen und sich dort vermehren und während dieses Wachstumsprozesses dann die Zecken töten. "

    Dieser Kampf um Leben und Tod kann natürlich nur ablaufen, wenn sich die Feinde in der von Zecken bewohnten Umgebung wohl fühlen. Zum Glück lieben sowohl die Zecken als auch die Wespen und Pilze eine gewisse Feuchtigkeit und Wärme. Dass es bei entsprechenden Lebensbedingungen funktionieren kann, zeigen Berichte aus anderen Teilen der Welt:
    "Wir wissen, dass zum Beispiel diese Wespen in anderen Ländern, zum Beispiel in Afrika, erfolgreich eingesetzt worden sind, um dort Zecken zu bekämpfen und wir wissen auch, dass Pilze auch entsprechend eingesetzt wurden, um Zecken in Amerika zu bekämpfen. "

    Trotzdem bleibt man in Hohenheim zurückhaltend, denn in der Natur, das betonen die Forscher, lassen sich die Dinge eben nicht einfach modellhaft übertragen:

    "Erfahrungen, die beispielsweise mit parasitischen Wespen in Afrika gemacht wurden, sind nicht unbedingt eins zu eins auf Baden-Württemberg oder Deutschland übertragbar. Und was wir jetzt als erstes machen müssen, ist, die hier in Deutschland verfügbaren Stämme der Fadenwürmer, der Pilze oder der parasitischen Wespen zu testen und die Stämme herauszufinden, die am besten geeignet sind, Zecken zu bekämpfen. Und wenn wir die dann ausgewählt haben, gehen wir damit ins Freiland und schauen, ob es auch dort funktioniert. "

    Erste Erfahrungen im Labor stimmen optimistisch, dass es auch draußen funktionieren wird. Und wenn es dann soweit ist, wird man nach Stellen suchen, wo die Menschen durch Zeckenstiche besonders gefährdet sind. Etwa einen Kinderspielplatz am Waldrand. Pilzsporen wird man dort gezielt ausbringen, die Wespen aussetzen:

    "Die Wespen sollen in großen Mengen im Labor gezüchtet werden und dann an solchen Stellen in großen Mengen ausgebracht werden. Sie suchen sich dann selber die Zecken, parasitieren sie und töten sie dadurch ab. "

    Wespen, Würmer, Pilze, da könnte sich auch der Mensch bedroht fühlen, aber dazu gibt es keinen Grund: die Feinde der Zecken sind keine Feinde des Menschen:

    "Sowohl die Fadenwürmer als auch die Pilze als auch die parasitischen Wespen sind sehr wirtsspezifisch, es besteht also überhaupt keine Gefahr für den Menschen. Diese Wespen sind auch noch sehr klein, sie sind kleiner als ein Millimeter, man kann sie also praktisch überhaupt nicht sehen. "

    Ausrotten wollen die Hohenheimer Forscher die Zecken nicht. Das wäre auch gar nicht möglich. Darüber sind sich alle Beteiligten einig. Zufrieden wären sie schon, wenn es gelänge, so manchen Fleck Natur für Ausflügler wieder attraktiver zu machen, weil das Risiko, sich einen gefährlichen Zeckenstich zu holen, deutlich reduziert wäre.