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Gefahr unterschätzt

Wenn das Wetter so richtig nass-kalt wird, dann ist auch die nächste Grippewelle nicht mehr fern. Meist kommt sie zwischen Dezember und März so richtig in Fahrt. Die Virusgrippe löst plötzliches hohes Fieber aus, dazu Schüttelfrost, Hals- und Gliederschmerzen. Für einige Patientengruppen macht eine Grippeimpfung besonderen Sinn.

    Die Patienten ist 64 Jahre alt. Zunächst sieht es wie ein Infekt der oberen Atemwege aus. Schlechter Allgemeinzustand, dazu Halsschmerzen und Husten. Doch dann kommen hohes Fieber und Muskelschmerzen dazu. Der Arzt diagnostiziert eine Grippe und gibt ihr fiebersenkende Medikamente. Nach einer Woche scheint alles vorbei, die Frau fühlt sich besser. Dann plötzlich der Rückschlag: Brustschmerzen, Schwäche, erneut Fieber. Professor Tom Schaberg vom Diakoniekrankenhaus Rotenburg zeigt die Röntgenbilder ihrer Lunge:

    "Hier haben wir das, was die Ärzte ein Infiltrat nennen, also den Einstrom von Flüssigkeit, von Eiter, von Blutzellen, in das Lungengewebe, weil an dieser Stelle eine Entzündung herrscht, und damit ist die Diagnose rasch gestellt, die Patientin litt jetzt an einer Lungenentzündung im Mittellappen der Lunge auf der rechten Seite. Da die Patientin sich elend fühlte, wurde sie zu uns in die Klinik eingewiesen."

    Es kommt zu weiteren Komplikationen. Am Ende muss die Patientin einen Monat lang im Krankenhaus bleiben. Schwere Folge einer Grippe. Sie hat sich vorher nicht impfen lassen. Sonst wäre es glimpflicher abgelaufen, schätzt Schaberg. Gerade bei Älteren kommt es immer wieder zu gefährlichen Komplikationen, vor allem zu Lungenentzündungen. Die Grippewellen der letzten beiden Jahre waren zwar nicht so bedrohlich:

    "So dass wir auch kaum eine wesentliche Steigerung der Hospitalisierungsraten gehabt haben, wir sehen jeden Winter ein Steigen der Patienten, die mit Lungenentzündungen, mit Atemwegsinfektionen insgesamt kommen, aber vor drei, vier Jahren, als wir stärkere Influenzaperioden hatten im Winter, merken Sie, dass Sie in jedes Dreibettzimmer noch ein viertes Bett dazu stellen müssen. "

    Bisher können die Experten nicht voraussagen, wie sich kommende Grippewellen entwickeln werden. Außerdem waren in diesem Jahr erstmals 13 Prozent der Viren resistent. Das heißt, sie ließen sich nicht durch antiviralen Medikamente ausschalten: Eine neue Entwicklung, die sowohl Forscher als auch Ärzte alarmiert. Vor allem in Ballungszentren. Denn dort ist die Ansteckungsgefahr mit Grippeviren besonders hoch, weil viele Menschen auf engem Raum zusammen leben. Alljährliche Impfungen zu Beginn eines jeden Winters seinen hier für Risikopersonen besonders sinnvoll, erklärt Walter Haas vom Robert-Koch-Institut in Berlin:

    "Bei den Impfstoffen es so, dass diese besonders davon profitieren, dass eine Impfung regelmäßig durchgeführt wird, weil sie jeweils die Abwehr des Einzelnen auffrischen und zielgerichtet auf das zirkulierende Virus bringen, da sind die vorbestehenden Impfungen und auch gegebenenfalls vorbestehende Infektionen die Grundlage, die dann immer wieder aufgefrischt wird durch die Impfung. Aus dem Grund spielt die Regelmäßigkeit der Impfung auch eine Rolle."

    Eine Impfung kann nicht in allen Fällen verhindern, dass eine Grippe ausbricht. Und je älter ein Mensch, desto geringer ist der Schutz. Allerdings verläuft die Grippe wesentlich glimpflicher, wenn geimpft wurde und sie dennoch ausbricht. Studien belegen: Das Todesrisiko sinkt dann im Schnitt um 90 Prozent.
    In diesen Tagen kommt der aktuelle Impfstoff für die kommende Grippesaison in die Arztpraxen. Er variiert von Jahr zu Jahr. Wie er sich für die kommende Grippesaison genau zusammengesetzt, steht seit einem halben Jahr fest. Denn es dauert einige Zeit, die notwendige Anzahl Impfchargen zu produzieren. Silke Buda vom Robert-Koch-Institut:

    "Der Produktionszyklus ist so, dass sich die Weltgesundheitsorganisation für die Nordhalbkugel im Februar trifft, für die Südhalbkugel im September trifft, und da dann alle bis dahin aktuellen Informationen, verarbeitet werden, und dann entschieden wird, welche Impfstoffkomponenten in den Impfstoff rein sollen. "

    Die Ständige Impfkommission empfiehlt Personen über 60, sich jährlich impfen zu lassen. Jüngeren Menschen ebenfalls, wenn sie chronische Erkrankungen haben, die ihre Abwehr schwächen. Die Impfung sollte am besten bis Ende November erfolgen, um rechtzeitig gegen die neue Grippewelle gewappnet zu sein.