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Gegen den kurzfristigen Glanz

Olympische Spiele sind berühmt wegen ihres Glanzes, aber berüchtigt wegen der nutzlosen Ruinen, die sie häufig hinterlassen. Inzwischen verlangt das Internationale Olympische Komitee von den Ausrichtern deshalb umfangreiche Maßnahmen zum Umweltschutz. Für die Olympiabewerbung von München für 2018 wird bereits "grün" geplant.

Von Jens Weinreich | 30.03.2009
    Das IOC hat für seine olympische Bewegung eine grüne "Agenda 21" formuliert. Deren Grundprinzipien sind mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen abgestimmt.
    Josef Fendt, Präsident des Rodel-Weltverbandes, gehört der IOC-Umweltkommission an. Das hat seinen Grund, denn die Betonbahnen, die für Olympische Spiele oft in unberührte Bergwelten gefräst wurden, zählen zu den größten Vergehen des Sports an der Natur. Abschreckendes Beispiel: 1992 die Winterspiele in Frankreich.

    "Na gut, Albertville ist rein optisch keine schöne Bahn. Dass die Bahn architektonisch nicht gut gelöst ist, dafür gibt es keinen Zweifel. Das ist also ins Gelände teilweise ganz schön brutal eingebaut worden, mit riesigen Staumauern, die rein optisch nicht schön ausschauen. So etwas sollte auch nicht mehr sein."

    In einigen der 33 olympischen Sportarten - sieben im Winter, 26 im Sommer - stellen sich größere Umweltfragen kaum. Die Eisbahnen aber sind etwas Besonderes - und für viele Menschen ein Ärgernis. Es gibt weltweit nur einige Hundert professionelle Rodler, Bob- und Skeletonfahrer, für die teure Anlagen gebaut und unterhalten werden müssen. Deutschland hält mit seinen drei Kunsteisbahnen den Weltrekord.

    "Früher gab es mehrere Klagen und Vorbehalte gegen unsere Bahnen. Inzwischen haben wir sehr viel sowohl an Sicherheitsfragen als auch an Umweltfragen gemacht. Diese großen Kritiken, die einmal waren, sein halt nimmer. Zum Beispiel die Kälteanlagen mit Ammoniak ist mittlerweile bewiesen, auch von Greenpeace sogar, dass das inzwischen wohl doch die beste Kältemöglichkeit ist, weil es umweltschonend ist, weil es die Ozonschicht nicht stört."

    Olympische Austragungsorte lassen sich kaum vergleichen. Vancouver hatte bereits eine nahezu perfekte Infrastruktur. Im russischen Sotschi dagegen werden bis zum Jahr 2014 unberührte Berglandschaften in sportive Freizeitparks verwandelt - gegen den Widerstand zahlreicher Bürger. Für die Olympiabewerbung von München für 2018 sieht das wieder anders aus: Größere Diskussionen gibt es nur in Garmisch über Teile der Kandahar-Abfahrt. Der deutsche Sport propagiert sogar "ökologische Spiele".

    "Bei der Bewerbung München, Königssee, Berchtesgaden ist ja ein großer Teil der Sportanlagen schon da. Wenn ich also nur unsere Sportanlage hernehme, die ist ja schon da, die muss modernisiert werden, aber da sind keine Eingriffe mehr in die Natur notwendig. Ich glaube, München macht es auch ganz richtig, die arbeiten jetzt schon eng mit den Grünen zusammen. Natürlich kommt von der Seite Kritik, müssen sie ja auch, sonst wären sie ja falsch am Platze. Man muss halt einen Kompromiss finden und eine Lösung finden. Ich glaube, dass das kein großes Problem sein wird."

    Der Kompromiss hat einen Namen: Er heißt Boris Schwartz, ist Grünen-Stadtrat in München, Umweltingenieur, Ehemann der Grünen-Landesvorsitzenden Theresa Schopper - und seit Januar Umweltbeauftragter der Olympia-GmbH. Die Einstellung von Schwartz ist eine taktische Meisterleistung der Olympiaplaner - aber doch mehr als eine politische Finte. München will die Probleme offensiv angehen. Boris Schwartz:

    "Unser Thema ist, dass wir wirklich die vorhandenen Sportstätten nutzen können in Garmisch. Dass das, was neu gemacht werden muss, dass das sorgfältigst geplant wird. Und dass darüber hinaus ein Mehrwert geschaffen wird im Sinne dessen, was auch die Umweltverbände fordern, von Biotopvernetzung angefangen, über großflächigen Naturschutz, über Projekte wie nachhaltigen Tourismus. Dass man das wirklich gemeinsam entwickeln kann, ich glaube, dass ist auch für Garmisch eine große Chance."

    Als Leitlinien der Bewerbung nennt Schwartz die Nachnutzung von Sportstätten, Klimaschutz/Energieverbrauch, den schonenden Eingriff in die Natur und die Entwicklung von Leitprojekten. Ein Umweltkonzept wird derzeit entwickelt.