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Gegen die Abwanderung der klugen Köpfe

Die Initiatoren der deutsch-syrischen Wadi Universität wollen die Abwanderung syrischer Wissenschaftler in Ausland stoppen. Dabei hilft ihnen der DAAD, der Deutsche Akademische Austauschdienst. Nach Hochschulen in Ägypten und Jordanien ist die Wadi Universität das dritte vom Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützte Projekt in der arabischen Welt.

Von Karin Leukefeld | 10.04.2007
    Die syrische Jugend zieht es ins Ausland. Der 20-jährige Elias Hanna studiert im dritten Semester Wirtschaftsinformatik an der Wadi Universität bei Homs. Mit einem durchschnittlichen Monatslohn von 100 Euro sei Syrien ein Land der Dritten Welt, meint er. Wie die meisten seiner Kommilitonen möchte auch Elias später einmal in einem anderen Land arbeiten.

    "Alle Studenten, alle Leute meines Alters wollen in die Emirate, nach Dubai oder Europa gehen. Dort kann man soviel Geld verdienen, dass es zum Leben reicht. Mein Vater arbeitet in den Emiraten, ein Onkel ist Arzt in den USA, fast meine ganze Familie arbeitet im Ausland."

    Die Initiatoren der deutsch-syrischen Wadi Universität hoffen, den "brain drain", die Abwanderung von Wissenschaftlern ins Ausland, zu stoppen. Dabei hilft ihnen der DAAD, der Deutsche Akademische Austauschdienst. Nach Ägypten und Jordanien ist die Wadi Universität in Syrien das dritte vom DAAD unterstützte Projekt in der arabischen Welt. Dr. Christian Thimme betreut die Auslandsprojekte.

    "Im Moment ist man ja noch in provisorischen Räumen, aber jetzt ist auch grade der Neubau voll im Gange, Studentenwohnheime wurden schon gebaut. Auch an Strukturen entsteht Neues, ich war dabei, als die erste Studentenvertretung gegründet wurde. Und es ist ein sehr lebhaftes, studentisches Leben entstanden."

    Wichtiger Impulsgeber auf deutscher Seite ist Claus Rautenstrauch, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Magdeburg. Unterschiedliche Vorstellungen über Mitarbeiterführung oder die Freiheit von Forschung und Lehre erforderten immer wieder Kompromisse, sagt Rautenstrauch. Für die Ausbildung künftiger Führungskräfte sei deshalb das Leben auf dem Campus besonders wichtig, die Begegnung von Dozenten und Studenten auf Augenhöhe.

    "Für syrische Studenten ist das eher eine neue Erfahrung. Sie sind in ihre Familienstrukturen eingebunden und von ihrem Status her noch Kinder. Dass sie hier ganz anders behandelt werden, führt dazu, dass die Studenten hier auch ein Selbstbewusstsein entwickeln, das für syrische Verhältnisse bemerkenswert ist."

    Das gilt auch für die Studentinnen an der Wadi Universität. Ihr Anteil beträgt 20 Prozent. Dania Al Rikabi ist eine von ihnen. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater Syrier. In Düren bei Köln hat die 20-Jährige ihr Abitur gemacht und studiert jetzt E-Marketing und Public Relation.

    "Der Hauptgrund, warum ich nach hier gekommen bin, ist, dass ich mir einfach erhoffe, wenn ich vorweisen kann, dass ich außerhalb Deutschlands studiert habe und dann noch im Nahen Osten, dass ich dann ganz gute Chancen habe, vor allem, wenn ich auch noch Arabisch kann, eine gute Firma zu finden, die Verbindungen in den Nahen Osten hat, wo man immer in Kontakt mit Deutschland und Syrien ist."

    Junge Wissenschaftler aus Deutschland betrachten einen Lehrauftrag in Syrien nicht als karrierefördernd, darum gibt es an der Wadi Universität nur wenig deutsche Dozenten. Ein Anreizsystem könnte allerdings deutsche Akademiker ermutigen, den Sprung nach Syrien zu wagen. Seitens der Wadi Universität hat man sich für das Jahr 2007 Etappenziele gesetzt: die Anerkennung der Studiengänge an den deutschen Partneruniversitäten und ein Sprachenzentrum für Arabisch. Professor Rautenstrauch ist optimistisch.

    "Wir sind guter Hoffnung, dass wir schon zum nächsten Semester vier deutsche Vollzeitprofessoren hier haben werden, einen für Informatik, einen für Betriebswirtschaftslehre und zwei für Architektur, und dass diese dann den weiteren konsequenten Ausbau der Fakultäten vorantreiben."