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Gegen leere Labors

Hohe Abbrecherquoten und freie Studienplätze: Die Physikfachbereiche müssen um neue Studenten kämpfen und sie zum Durchhalten animieren. Immerhin sind die Berufsaussichten für Absolventen nicht schlecht. Um schon frühzeitig über das Physikstudium zu informieren und mehr Schulabgänger dafür zu begeistern, bietet die Universität Osnabrück für Oberstufenschüler ein Probestudium Physik an.

Von Kerstin Staben |
    Der große Hörsaal im Fachbereich Physik ist gut gefüllt. Es herrscht die Atmosphäre einer ganz normalen Vorlesung. Die interessierten Zuhörer sind allerdings keine Studierende, sondern Schülerinnen und Schüler, die nur für drei Tage die Schulbank mit dem Hörsaal tauschen. Ein kurzer Praxistest, mit dem sie klären wollen, ob für sie ein Physikstudium wirklich in Frage kommt.

    Insgesamt nehmen in diesem Jahr 76 Schülerinnen und Schüler an dem Probestudium Physik teil. In den kommenden Tagen erwarten sie Vorlesungen, aber auch Laborführungen und praktische Versuche. Daneben sollen sie Uniluft beispielsweise beim Mittagessen in der Mensa schnuppern. Die Idee für das Probestudium hatte Roland Berger, Professor für Didaktik an der Uni Osnabrück. Aus langer Erfahrung weiß er, von diesem Schnupperstudium profitieren am Ende nicht nur die Schüler. Er hofft, dass das Probestudium Wirkung zeigt:

    "Das hat zwei Aspekte. Das eine ist die Orientierung in Richtung Studium zu stärken, dass die Schülerinnen und Schüler sehen, ob sie geeignet sind und der zweite Grund ist natürlich, dass wir daran interessiert sind, hier gute Studierende zu bekommen."

    Einen Studienplatz im Fachbereich Physik zu bekommen ist lange nicht so schwer wie in vielen anderen Fachbereichen. Es gibt immer wieder freie Plätze. Die Zahl der Studienabbrecher ist hoch. Das Probestudium ist, zumindest der Versuch einer kleinen Präventionsmaßnahme:

    "Letztlich mit den Anforderungen in voller Breite konfrontiert zu werden ist natürlich noch einmal etwas anderes. Aber man bekommt einen gewissen Eindruck und unsere Untersuchungen zeigen auch, dass es eine Reihe von Leuten gibt die sagen "Ja, klar, das Studium hat mich gestärkt - also ich möchte das unbedingt machen. Es gibt aber auch den einen oder anderen, die dann sagt, es ist also doch nichts für mich."

    Um die Schülerinnen und Schüler für das Studium an der Universität Osnabrück zu gewinnen, zeigt sich die Uni von ihrer besten Seite. Vor allem mit dem Betreuungsangebot für Erstsemester versucht der Fachbereich Physik zu locken. Seit dem letzten Semester gibt es zwei Professoren, die sich nur um die Betreuung der Studenten kümmern. Gerade in den ersten beiden Semestern sei diese Eins-zu-eins-Betreuung wesentlich, so Alfred Ziegler, einer der beiden Ansprechpartner. So könnten eventuell sogar Gedanken über einen möglichen Abbruch des Studiums verhindert werden:

    "Gerade Begabtere zweifeln oft an sich, sind sensibler und brechen dann ab, weil sie sich völlig verloren fühlen und dem entgegen zu wirken, ist das hier eingeführt worden. Von dem Moment, wenn ich die Tür aufschließe bis etwa abends gegen sieben geben die sich die Klinke in die Hand. Das hatte man erst nicht erwartet und das wird so angenommen, dass ich langsam schon Zeitprobleme bekomme."

    Ob diese intensive Betreuung tatsächlich die Abbrecherquote senken kann, wird eine Statistik zeigen. Sie soll am Ende dieses Jahres ausgewertet werden. Bei den Probestudenten kommt das Angebot offenbar gut an:

    "Der erste Eindruck ist ganz gut, die machen natürlich auch viel Werbung für sich, aber die haben ja gesagt von wegen der Betreuung - das die hier besonders stark ist und dass es Vorkurse gibt und das finde ich schon ganz gut."

    Bis Mittwoch bleibt den Schülerinnen und Schülern noch Zeit, um all ihre Fragen rund um das Physikstudium loszuwerden. Vielleicht haben dann sogar schon mehr Teilnehmer so konkrete Vorstellungen ihres Berufswunsches, wie diese Schülerin:

    "Ich würde später gerne auf jeden Fall in die Grundlagenforschung, Teilchenphysik interessiert mich halt besonders."