"Was mich ursprünglich interessiert hat und noch weiter interessiert, ist die Koordination des Verhaltens zwischen beispielsweise Mutter und Kleinkind in der gemeinsamen Hinwendung auf einen interessanten Gegenstand: Zusammen mit anderen Forschern nehme ich an, dass dieses Wechselspiel des Hin- und Herschauens zu dem sozialen Partner und zum Gegenstand; dass dieses Teilen der Aufmerksamkeit und Mitteilen der Aufmerksamkeit von ganz besonderer Bedeutung ist für die kindliche Entwicklung."
Professor Ulman Lindenberger vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ist Entwicklungspsychologe. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie sich das menschliche Gehirn und das menschliche Verhalten im Verlauf des Lebens verändern; vom Lernen in frühester Kindheit bis hin zu Abbauerscheinungen im Alter. Bei der Forschung an koordiniertem Verhalten allerdings hat Lindenberger ein gewaltiges praktisches Problem: Die Sache ist in Alltagssituationen gar nicht so einfach mitzubekommen, geschweige denn wissenschaftlich zu dokumentieren.
"Und deswegen haben wir zunächst uns überlegt, wo kommt so etwas in ganz besonders extremer Form vor, also wo ist es so, dass Menschen einfach von der Natur der Aufgabe her in ganz besonderer Weise darauf angewiesen sind, miteinander zeitlich hochpräzise gemeinsam etwas zu leisten, gemeinsam etwas zu tun?"
Die Antwort lautete: In der Musik. Die Forscher rekrutierten also ein gutes Dutzend Profi-Gitarristen als Versuchspersonen. Und setzten sie nacheinander paarweise vis-à-vis ins Labor. Darin waren nicht nur zwei Mikrophone aufgebaut, um beide Instrumente separat aufzunehmen. Sondern auch zwei EEG-Geräte, um die Gehirnaktivität der Musiker mitzuprotokollieren. Die Aufgabe für die Gitarristen: Nach ein paar einleitenden Metronomschlägen gemeinsam eine kurze Melodie zu spielen. Und zwar unisono, also so synchron wie möglich.
Jedes Duo machte das 60 Mal hintereinander, und bei aller Professionalität: Manche Versuche waren fast vollkommen synchron, andere hatten schon hörbar kleine Holprigkeiten. Die Forscher mussten aber gar nicht allzu sehr die Ohren spitzen; sie analysierten die Aufnahmen per Computer bis in den Millisekundenbereich und sortierten sie nach dem Grad der Übereinstimmung beim Zusammenspiel. Lindenberger:
"Und haben dann in einem zweiten Schritt uns angeschaut, ob jetzt auch die Hirnaktivität immer dann, wenn die beiden Gitarristen besser im Verhalten aufeinander abgestimmt sind, wenn sie synchroner sind, ob dann auch die Hirnaktivität ein höheres Maß an Übereinstimmung, an Synchronisation zeigt zwischen den Gehirnen, ob also die Gehirne in stärkerem Masse synchron schwingen immer dann, wenn auch die Verhaltensäußerung besser zusammen passt."
Genau das war bei allen Duos der Fall, wie die Auswertung der EEG-Protokolle zeigte. Bei der Interpretation der Daten ist Ulman Lindenberger vorsichtig. Eine relativ profane Erklärung für die "Gehirne im Gleichtakt" lässt sich bei der Versuchsanordnung nämlich nicht ganz ausschließen: Beide Personen tun ähnliche Dinge, also sieht es auch in ihren Köpfen ähnlich aus. Dagegen spricht allerdings, dass die Synchronisation der Hirnaktivitäten beim Spielen der Melodie nicht einfach auf einem bestimmten Niveau konstant war. Stattdessen war sie an manchen Stellen besonders hoch, an anderen dann wieder schwächer. Die Forscher vermuten, dass hinter diesem Hin- und Her eines steckt: Kommunikation. Lindenberger:
"Das heißt, wir glauben, und haben Anlass dazu zu glauben, dass es Signale gibt im Verhalten – das Hochziehen der Augenbrauen, eine kleine Geste, ein kurzes Aufschauen, die immer wieder dazu führen, in einem dynamischen Prozess, dass sich die Personen miteinander abgleichen."
Das Wechselspiel der winzigen Signale möchten die Berliner Psychologen in neuen Experimenten gern genauer untersuchen; mit Hochgeschwindigkeitskameras etwa, die 100 Bilder pro Sekunde machen. Um irgendwann herauszubekommen, welche neuronalen Mechanismen im Gehirn dafür verantwortlich sind, ob koordiniertes Verhalten, ob die "Choreografie der Kommunikation" gelingt oder nicht.
Professor Ulman Lindenberger vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ist Entwicklungspsychologe. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie sich das menschliche Gehirn und das menschliche Verhalten im Verlauf des Lebens verändern; vom Lernen in frühester Kindheit bis hin zu Abbauerscheinungen im Alter. Bei der Forschung an koordiniertem Verhalten allerdings hat Lindenberger ein gewaltiges praktisches Problem: Die Sache ist in Alltagssituationen gar nicht so einfach mitzubekommen, geschweige denn wissenschaftlich zu dokumentieren.
"Und deswegen haben wir zunächst uns überlegt, wo kommt so etwas in ganz besonders extremer Form vor, also wo ist es so, dass Menschen einfach von der Natur der Aufgabe her in ganz besonderer Weise darauf angewiesen sind, miteinander zeitlich hochpräzise gemeinsam etwas zu leisten, gemeinsam etwas zu tun?"
Die Antwort lautete: In der Musik. Die Forscher rekrutierten also ein gutes Dutzend Profi-Gitarristen als Versuchspersonen. Und setzten sie nacheinander paarweise vis-à-vis ins Labor. Darin waren nicht nur zwei Mikrophone aufgebaut, um beide Instrumente separat aufzunehmen. Sondern auch zwei EEG-Geräte, um die Gehirnaktivität der Musiker mitzuprotokollieren. Die Aufgabe für die Gitarristen: Nach ein paar einleitenden Metronomschlägen gemeinsam eine kurze Melodie zu spielen. Und zwar unisono, also so synchron wie möglich.
Jedes Duo machte das 60 Mal hintereinander, und bei aller Professionalität: Manche Versuche waren fast vollkommen synchron, andere hatten schon hörbar kleine Holprigkeiten. Die Forscher mussten aber gar nicht allzu sehr die Ohren spitzen; sie analysierten die Aufnahmen per Computer bis in den Millisekundenbereich und sortierten sie nach dem Grad der Übereinstimmung beim Zusammenspiel. Lindenberger:
"Und haben dann in einem zweiten Schritt uns angeschaut, ob jetzt auch die Hirnaktivität immer dann, wenn die beiden Gitarristen besser im Verhalten aufeinander abgestimmt sind, wenn sie synchroner sind, ob dann auch die Hirnaktivität ein höheres Maß an Übereinstimmung, an Synchronisation zeigt zwischen den Gehirnen, ob also die Gehirne in stärkerem Masse synchron schwingen immer dann, wenn auch die Verhaltensäußerung besser zusammen passt."
Genau das war bei allen Duos der Fall, wie die Auswertung der EEG-Protokolle zeigte. Bei der Interpretation der Daten ist Ulman Lindenberger vorsichtig. Eine relativ profane Erklärung für die "Gehirne im Gleichtakt" lässt sich bei der Versuchsanordnung nämlich nicht ganz ausschließen: Beide Personen tun ähnliche Dinge, also sieht es auch in ihren Köpfen ähnlich aus. Dagegen spricht allerdings, dass die Synchronisation der Hirnaktivitäten beim Spielen der Melodie nicht einfach auf einem bestimmten Niveau konstant war. Stattdessen war sie an manchen Stellen besonders hoch, an anderen dann wieder schwächer. Die Forscher vermuten, dass hinter diesem Hin- und Her eines steckt: Kommunikation. Lindenberger:
"Das heißt, wir glauben, und haben Anlass dazu zu glauben, dass es Signale gibt im Verhalten – das Hochziehen der Augenbrauen, eine kleine Geste, ein kurzes Aufschauen, die immer wieder dazu führen, in einem dynamischen Prozess, dass sich die Personen miteinander abgleichen."
Das Wechselspiel der winzigen Signale möchten die Berliner Psychologen in neuen Experimenten gern genauer untersuchen; mit Hochgeschwindigkeitskameras etwa, die 100 Bilder pro Sekunde machen. Um irgendwann herauszubekommen, welche neuronalen Mechanismen im Gehirn dafür verantwortlich sind, ob koordiniertes Verhalten, ob die "Choreografie der Kommunikation" gelingt oder nicht.