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Gelber Sack? Nein Danke!

Am liebsten würden die Kasseler Stadtreiniger die Biotonne und den gelben Sack abschaffen. Dann müsste der kommunale Eigenbetrieb neben der Glas- und der Papiertonne nämlich nur noch zwei Tonnen abfahren: eine für feuchten Müll und eine für trockenen Müll. Doch das Duale System Deutschland sperrt sich und beharrt bei dem geplanten Pilotversuch darauf, dass alle Abfälle mit einem grünen Punkt nicht in einer der beiden Tonnen landen darf. Also heißt es jetzt zwei Tonnen und ein Sack.

Von Anke Petermann |
    Die Deutschen trennen Müll wie die Weltmeister, aber warum die Zigarettenschachtel mit dem grünen Punkt als Verbundverpackung in den gelben Sack gehört, der Plastikblumentopf aber nicht, bleibt vielen schleierhaft, auch die Kasseler wissen nicht genau, was in die Säcke des Dualen Systems hinein darf:

    " Eigentlich nur gekennzeichnete Sachen, nein, aber ich glaube, da landen auch andere Sachen drin.

    Keine Ahnung, ich schmeiß einfach rein und denke, es wird schon passen, und wenn nicht, ist auch nicht so schlimm.

    Nicht wirklich, ist ja schon kompliziert.

    Ja, das wissen wir, und bisher haben wir es auch immer getrennt gehandhabt, aber wenn sich da was ändern sollte und man braucht nicht x verschieden Gefäße und Beutel und so weiter, bin ich glücklich und zufrieden.

    Die Stadt Kassel hat das vor, die will nur noch trocken und feucht trennen.

    Ja, das finde ich ganz gut."

    Die Kasseler, so beobachtet Bürgermeister und Abfalldezernent Thomas-Erik Junge, sind es leid zu trennen, was in ihren Augen zusammengehört. Wenn doch ohnehin alles über hochmoderne Sortierstrecken gejagt wird, warum kommt dann der Plastiktrecker in die graue Tonne und wird nach einer Woche abgeholt, während der ausgelöffelte Joghurtbecher zwei Wochen im gelben Sack vor sich hinmuffelt? Doch das Duale System erhob Einspruch dagegen, dass in der Kasseler Südstadt die Leichtverpackungen mit dem grünen Punkt mit anderen trockenen Abfällen zusammengekippt und dem DSD erst nach anschließender Sortierung übergeben werden sollten. Aber auch als Schmalspurexperiment taugt der in diesen Tagen startende Pilotversuch mit der braunen Tonne für feuchten und der orangefarbenen für trockenen Müll, meint der Bürgermeister von der CDU:

    "Das Hauptziel ist, den Restmüll, der heute aus trockenen und nassen Teilen besteht, sortierfähig, recycelfähig und nutzbar zu machen. Es ist so, dass im Müll erhebliche Wertstoffe sind, und wenn Sie diese Wertstoffe nicht nutzen, dann vergeuden Sie sie. Wenn die Wertstoffe vergeudet werden, dann wird die Entsorgung teurer, denn wenn ich heute etwas entsorge zu einer bestimmten Gebühr, das ich wiederum wirtschaftlich nutzen kann, kann ich die Gebühr stabil halten. Warum soll man Kunststoff verbrennen, wenn man ihn wirtschaftlich, ökologisch sinnvoller nutzen kann im Sinne vom Recycling."

    Und das sei mechanisch einfacher, wenn zum Beispiel abgelaufene Lebensmittel nicht über die trockenen Wertstoffe gekippt werden. Der Inhalt der feuchten Tonnen wiederum kann vergären und Biogas liefern, Reststoffe können im Müllheizkraftwerk verbrannt werden. Die trockene Tonne entspricht übrigens der "Gelben Tonne Plus", die das Duale System selbst in Berlin und Leipzig ausprobierte. Diesem Experiment kann der Kasseler Bürgermeister als Chef der städtischen Entsorger nicht viel abgewinnen, er nennt es ein klassisches Beispiel für Rosinenpickerei,

    "dass ein Marktteilnehmer einfach sagt, ich hole mir diese Fraktion raus, die wirtschaftlich hoch interessant ist, die ich in Recycling auch in thermischer Verwertung nutzen kann, und den Rest überlasse ich dann den anderen."

    Weg mit dem gelben Sack, das ist Junges Langfristplan. Er hofft auf die neuen Verträge im Jahr 2010:

    "Und die Bürger sollen mal darüber diskutieren, ob sie dann in Zukunft noch zusätzlich den gelben Sack wollen oder nicht das Angebot wahrnehmen wollen, wir schmeißen das auch mit in diese Tonne und wir geben durch Sortierung dem Dualen System genau das an Menge und Produkten heraus, was ihm gehört."

    Mitte des Monats werden in der Kasseler Südstadt erstmals die trockene und die feuchte Tonne abgeholt, danach im wöchentlichen Rhythmus. Und nach einem Jahr, so hoffen die Kasseler Stadtreiniger, werden die Südstadt-Bewohner lautstark sagen: "Zwei Tonnen reichen, gelber Sack - nein Danke."