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Geldflüsse aufdecken

Die Europäische Union drängt Deutschland zur Offenlegung der Agrarsubventionen in Milliardenhöhe. Die Verbraucher sollen erfahren dürfen, an welche Betriebe das Geld fließt. Organisationen aus Umwelt- und Tierschutz, aus Landwirtschaft und Entwicklungspolitik erhoffen sich davon auch ein Umsteuern in der Agrarpolitik.

Von Dieter Nürnberger |
    Es geht um große Summen, 2004 beispielsweise gab es für deutsche Agrarbetriebe rund sechs Milliarden Euro aus dem Brüsseler Füllhorn. Und die Verbände wollen einfach Informationen, welche Betriebe diese Gelder in welcher Höhe bekommen. Georg Janßen ist der Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft:

    "Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft schlägt vor, die Direktzahlungen an die Arbeitskraft zu koppeln. Wir wollen in Zukunft bei diesen Geldern eine deutliche Beschäftigungskomponente, damit deutlich wird: Für eine umweltschonende und tiergerechte Landwirtschaft, die auch solidarisch mit den Ländern der Dritten Welt ist, brauchen wir eine deutliche Änderung der Agrarpolitik insgesamt."

    Und erst wenn bekannt sei, wohin diese Gelder fließen, könne man auch agrarpolitisch besser umsteuern. Im Moment sei es so, dass vor allem die Großen in der Branche von diesen Geldern profitieren. Da gebe es auch eine soziale Schieflage. So bekämen rund 1,5 Prozent der Betriebe etwa 30 Prozent der Zahlungen. 70 Prozent hingegen müssten sich mit Beträgen unter 10.000 Euro jährlich begnügen. Mehr Informationen sollen her, auch weil dann die inhaltliche Ausrichtung der Subventionsempfänger deutlich werde, sagt Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund:

    "Es ist so, dass wir im Moment vor einer Form von Industrialisierungswelle in der Landwirtschaft stehen. Wir haben Großanlagen in Ostdeutschland - mit Bauanträgen in einer Größenordnung von 80.000 bis 90.000 Mastschweinen. Wir haben die Käfighaltung von Legehennen zurückbekommen. Der Verbraucher will so etwas nicht. Und es muss verhindert werden, dass dafür auch noch Fördergelder aus den Steuermitteln der deutschen Bürger gegeben werden. Und deswegen brauchen wir die absolute Transparenz, damit der Bürger sehen kann, wo sein Geld bleibt."

    Deutschland sei beim Thema Transparenz der EU-Agrar-Gelder auch bislang nicht sehr weit gekommen – in anderen europäischen Ländern werde damit offenerer verfahren, so Christoph Bautz von der Organisation campact:

    "Jeder Bürger, jede Bürgerin zahlt im Schnitt 100 Euro jährlich, 100 Euro an Steuern, die für EU-Agrar-Subventionen ausgegeben werden. Und mittlerweile gibt es in 13 EU-Staaten eine Transparenz über die jeweilige Aufteilung. Das kann man im Internet nachschauen. Wir wollen da noch mehr haben, wir wollen auch die Veröffentlichung, wie die Betriebsgröße ist, ob sich die Betriebe an Tierschutzkriterien und Arbeitsplatzkriterien halten, an ökologische Auflagen halten. Dafür machen wir Druck."

    Im Moment laufen bei der Bundesregierung die Abschlussberatungen über diese Transparenzvorgaben. Die Verbände werfen dabei sowohl Bundeswirtschaftsminister Michal Glos als auch Verbraucherschutzminister Horst Seehofer eine Art Verschleierungs- und Verzögerungstaktik vor. Letzterer, so die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, wolle beispielsweise nur Betriebe, die mehr als zwei Millionen Euro Fördermittel bekommen, zu mehr Transparenz verpflichten. Das hieße aber, dass fast alles beim Alten bliebe, so Georg Janßen:

    "Das heißt auch, dass ja gerade wieder die Frage aufgeworfen wird, wie erzeugt wird, auch woher die Erzeugnisse kommen. Es sollte auch eine regionale Vermarktung mehr in den Blickpunkt rücken. Und um diese Änderungen in diese Richtung zu erreichen, brauchen wir Transparenz und nicht eine Verdeckung der Tatsachen, wie sie seit Jahrzehnten praktisch die Verhältnisse verschleierte."

    Man will jetzt auch noch einmal mit einer Online-Aktion mehr Druck machen. Denn laut Angaben der Verbände will die Bundesregierung über ein Mehr an Transparenz in diesem Bereich schon in der nächsten Woche entscheiden.