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Geldregen für enttäuschte Aktionäre

Knapp ein Jahr lang hat der Chef der Deutschen Börse AG, Reto Francioni, für eine Freigabe der Fusion mit der NYSE Euronext gekämpft. Da die EU den Zusammenschluss untersagt hat, will er seine Aktionäre nun mit einem Geldregen bei Laune halten. Nach einer Verdoppelung des Gewinns kann er es sich leisten.

Von Brigitte Scholtes |
    Die Deutsche Börse geht in das laufende Jahr aus einer Position der Stärke. So sieht es Reto Francioni, der Vorstandsvorsitzende, der nun vor allem den Blick nach vorn richten will - oder muss. Von Rücktritt kann jedenfalls nach der gescheiterten Fusion mit der New York Stock Exchange Euronext keine Rede sein:

    "Ich kann hier nur sagen: Persönliche Konsequenzen – nein. Ich sehe auch keinen Grund dazu. Der gesamte Aufsichtsrat steht hinter mir und meinem Vorstandsteam gestern. Und der gesamte Aufsichtsrat hat mich gebeten, unsere Unternehmensstrategie fortzusetzen. Und damit ist für uns alle die Sache erledigt, und wir konzentrieren uns auf das, wozu wir hier sind, nämlich, dieses großartige Unternehmen weiter voranzubringen."

    Francioni will auch seinen Vertrag erfüllen, der bis November 2013 läuft. Die neue Strategie, das neue Konzept, das man für den Fall der Untersagung schon entwickelt habe, kommt jedoch etwas bescheidener daher:

    "Dieses wird nun konsequent umgesetzt und kommt ohne jeden Zeitverzug zum Tragen. Es wird Sie sicher nicht überraschen, wenn wir angesichts einer diskutierbaren, aber eben nicht wegzudiskutierenden Verschiebung bei der Haltung der Wettbewerbsbehörden – weg von einer globalen und hin zu einer regionalen Marktsicht – umfangreiche Fusionen oder Übernahmen nicht im Fokus haben."

    Juristische Schritte schließt die Börse jedoch nicht aus. Man müsse zunächst jedoch die 420 Seiten starke Begründung der Kommission von Juristen prüfen lassen. Dabei könne es unter anderem um Schadenersatzforderungen gehen: Immerhin dürften sich die Kosten für die Fusionsvorbereitungen wohl auf insgesamt 100 Millionen Euro belaufen, hat die Deutsche Börse errechnet.

    Die Börse richtet ihren Blick jetzt zum einen auf geografisches Wachstum außerhalb Europas, hier aber durch Kooperationen. Aber das Management erhofft sich auch Zuwächse durch die Ausweitung seines Produkt- und Dienstleistungsangebots auf heute noch unregulierte und ungesicherte Märkte. Dieses außerbörsliche Geschäft dürfte künftig stärker von der Regulierung erfasst werden, deshalb können man mit Technologie und Risikomanagement etwa den Banken helfen, hofft Francioni:

    "Wir haben es hier mit einem großen Markt zu tun und wollen uns einen guten Teil vom Kuchen herausschneiden. Damit tragen wir auch dazu bei, dass unregulierte Märkte nie wieder Ursache und Brandbeschleuniger einer Finanzkrise werden könnten, wie das 2008 der Fall war."
    Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Börse immerhin mit 2,2 Milliarden Euro den zweitbesten Umsatz ihrer Unternehmensgeschichte erzielt. Der Jahresüberschuss lag mit 833 Millionen Euro zwar etwas niedriger als erwartet. Aber die Aktionäre sollen dennoch bei Laune gehalten werden: Neben einer Dividende von 2,30 Euro je Aktie können sie sich auch auf eine Sonderausschüttung von einem Euro je Anteil freuen.