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Gentechnisch-veränderter Mais

Seit dem Jahr 2000 wird in Schleswig-Holstein Saatgut auf gentechnische Verunreinigungen getestet. 2001 rief das Umweltministerium mehrere Partien Mais-Samen zurück, bei denen solche Verunreinigungen festgestellt wurden. Die Felder, auf denen das Saatgut bereits ausgekeimt war, wurden umgebrochen. Der Bauernverband beziffert den Verlust für die Bauern pro Hektar auf 1000 Euro und mehr, je nachdem ob es zu einem Ausfall von Prämienzahlungen kommt. Im letzten Jahr wurden bei den Kontrollen keine Verunreinigungen gefunden. Dafür aber in diesem Jahr.

Von Annette Eversberg |
    Die Verunreinigungen mit gentechnisch verändertem Saatgut hat das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft in Schleswig Holstein in der in Ungarn gezüchteten Maissorte Benicia gefunden. Bei dem sogenannten Konstrukt, wie gentechnisch verändertes Saatgut genannt wird, handelt es sich um ein in Frankreich zugelassenes Produkt. Es darf also nach dem EU-Recht auch in Deutschland in Verkehr gebracht werden. Vorausgesetzt, es ist entsprechend gekennzeichnet. Dies war, so Umweltminister Klaus Müller, nicht der Fall. Dass man in den Proben etwas gefunden hat, liegt an den ständig verfeinerten Testverfahren, die die Nachweisgrenze immer weiter nach unten verlagert haben.

    Das Hamburger Labor ist ausgesprochen gut. Sie sind bereits in der Lage ab 0,1 Prozent nachzuweisen. Das ist eine sehr niedrige Grenze. Und wir haben uns entschieden, weil für uns die Wahlfreiheit von Landwirten und Verbrauchern ein sehr hohes Gut ist, bereits ab der Nachweisgrenze einzuschreiten. Wenn wir wissen, hier liegt ein Gesetzesverstoß vor, entweder, weil es nicht zugelassen ist oder weil es hätte dann gekennzeichnet werden müssen, bereits dann werden wir tätig.

    Doch von der Fa. Pioneer mit Sitz in Buxtehude, die die Maissorte Benicia in Deutschland vertreibt, kam bereits Widerspruch. Eigene Tests vor der Auslieferung des Saatguts, einschließlich der fraglichen Partie, hätten ergeben, dass darin kein gentechnisch verändertes Saatgut enthalten gewesen sei, erklärte der Pioneer-Geschäftsführer Ulrich Schmidt auf Anfrage.

    Der Bauernverband Schleswig-Holstein unterstützt die Untersuchung von Saatgut zu diesem frühen Zeitpunkt, also noch vor der Aussaat, so dass ein Schaden für die Landwirte wie im Jahr 2001 vermieden werden kann. Dass es zu 100 Prozent sortenreines Saatgut geben kann, schließt der Stellvertretendee Generalsekretär des Landesbauernverbandes, Stefan Gersteuer, aus:

    Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es weltweit Gentechnik gibt und es heutzutage sehr schwer ist, überhaupt Saatgut zu erzeugen, ohne dass es in Spuren dann auch einmal verunreinigt sein kann, mit gentechnisch verunreinigten Organismen. Teilweise hat selbst der Saatguthersteller keine Möglichkeit, dies auszuschließen, selbst wenn er gründlich untersucht, und deshalb halten wir es nicht für realistisch, schon bei geringsten Spuren behördliche Maßnahmen zu ergreifen.

    An dem, was geringste Spuren sind, scheiden sich die Geister. Bisher enthält, das Gentechnikgesetz noch keine Schwellenwerte. Nur ein Vorschlag der EU liegt vor, diese bei 0,5 Prozent anzusetzen. Die Bundesländer sind sich da nicht einig. Umweltminister Klaus Müller will gegenüber Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast dahingehend aktiv werden, dass kein Schwellenwert zugelassen wird.

    Unser Anspruch ist, jeder muss in der Lage sein, eigentlich 100 Prozent garantieren zu können. Wenn ich als Landwirt sage, egal, ob konventionell oder Bio, ich möchte mich entscheiden, auf meinen Feldern, keine gentechnisch verändertes Saatgut auszusäen. Dann hat er dazu auch ein Recht, auch im Sinne einer Geschäftsbeziehung.

    Deshalb verlangt das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium jetzt auf der Grundlage seiner Tests die Kennzeichnung des Saatguts und stellt es den Landwirten frei, ob sie bereits gekaufte Partien anbauen oder nicht. Volker Hermann aus Husum steht noch vor der Maisaussaat. Wie würde er sich entscheiden, wenn er gentechnisch verunreinigtes Saatgut gekauft hätte?

    Die Partie würde ich nicht aussäen, da es nicht im einwandfreien Zustand ist. Man weiß ja nicht, wie ich das vermarkten soll nachher. Es muss ein Vertrag abgeschlossen werden, dass er die zurücknehmen würde. Ansonsten könnte ich es nicht machen. Das kann ja einen Bummerang sein.

    Würde der Landwirt es dennoch tun, müsste er das Getreide anschließend als gentechnisch verändert vermarkten. Viele Landwirte sorgen sich um ihren guten Ruf. Nach Nitrofen- und BSE-Skandal sind sie sehr vorsichtig geworden. Und während Politiker und Verbandsfunktionäre noch um die Schwellenwerte streiten, schauen sie immer stärker darauf, was der Verbraucher von ihnen erwartet. Volker Hermann hält Sauen und verkauft die Ferkel zur Mast an andere Betriebe. Er steht mit seinem Produkt am Anfang einer langen Kette.

    Ich füttere ungern Geschichten, wo ich nicht genau weiß, wo das herkommt und was da drin ist. Gerade beim Schweinefutter ist das ja so, dass Fischmehl, die tierischen Bestandteile, rausgekommen sind, und da kann man nicht anfangen, genmanipuliertes Getreide anzusetzen. Das wird nicht gehen.