
Vier Monate gelten bereits als verbüßt, wie die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung sagte. Während der Verhandlungstage wollte sich der Jurist nicht zu den Vorwürfen äußern - anders als während der Ermittlungen. Damals hatte er angegeben, sich an die mutmaßliche Tat Ende März 2019 nicht zu erinnern. Später behauptete er, in der Nacht geschlafwandelt zu sein.
Der Staatsanwalt und die Verteidigung des Angeklagten forderten am 8. Februar jeweils einen Freispruch in dem Fall. Die Nebenklage plädierte in ihrem Schlussantrag dagegen auf eine Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs, aber ohne konkretes Strafmaß. Der Ausgang des Prozesses hing maßgeblich davon ab, ob die Kammer glaubt, dass der Angeklagte in jener Nacht geschlafwandelt sei. Dann könnte er im rechtlichen Sinne als nicht schuldfähig gelten.
Staatsanwaltschaft musste zur Anklageerhebung gezwungen werden
Lange Zeit hatte es nicht so ausgesehen, als müsse sich der frühere Anklagevertreter in dem Fall überhaupt vor einem Gericht verantworten. Denn sowohl die Kieler Staatsanwaltschaft selbst als auch die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein sahen eine Verurteilung des Juristen als nicht wahrscheinlich an. Unbestritten war laut Behörde aber, dass eine Handlung stattgefunden hat. Die Mutter des Kindes ließ jedoch prüfen, ob die Einstellung des Verfahrens richtig war und hatte in dem sogenannten Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Deshalb musste die Staatsanwaltschaft Anklage erheben.
Grundsätzlich sei es möglich, beim Schlafwandeln Dinge zu tun, die im wachen Zustand nicht dem eigenen moralischen Kompass entsprechen würden, sagte Thomas Pollmächer, Direktor des schlafmedizinischen Zentrums im Klinikum Ingolstadt, zum Prozessauftakt der Deutschen Presse-Agentur. Beim Schlafwandeln kommt es aus dem Schlaf heraus zu motorischen Aktivitäten, ohne dass die Person richtig wach ist. Meistens handelt es sich dabei um alltägliche Handlungen wie Herumlaufen oder Möbelverrücken. Das Phänomen tritt typischerweise im Tiefschlaf, meist in der ersten Nachthälfte auf. Betroffene könnten sich nicht oder nur sehr vage an die Geschehnisse erinnern, sagt Pollmächer.
Diese Nachricht wurde am 14.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.