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Gesichtserkennung mit Hindernissen

Informationstechnik. – Die automatisierte Gesichtserkennung ist für viele Einsatzzwecke im Gespräche. Zugangskontrolle oder die Fahndung nach Verdächtigen etwa. Im Oktober des letzten Jahres startete das BKA auf dem Mainzer Hauptbahnhof einen Feldversuch mit 200 Freiwilligen, in wenigen Tagen – am 31. Januar – endet er. Aus diesem Anlass fand jetzt in Bonn eine Wissenschafts-Pressekonferenz statt.

Von Mirko Smiljanic |
    Auch für Gesichtserkennungs-Systeme gibt es einen worst case, den schlimmsten anzunehmenden Vermummungsfall. Am Flughafen in Dubai – dort wird die Gesichtserkennung auf breiter Front eingesetzt – tritt er regelmäßig auf. Bei verschleierten Frauen versagt das System komplett.

    "Es scheitert kläglich! Wie auch jeder Mensch und jedes andere System einfach scheitern muss, weil, wenn ich nichts sehe, kann ich auch nichts erkennen","

    sagt Alexander Nouak vom Fraunhofer Institut für graphische Datenverarbeitung in Darmstadt. Um etwas zu erkennen, muss etwas da sein. Die Frage ist nur: Wie viel? Menschen reichen mitunter wenige Informationen: Der Haaransatz, die Ohren, das Kinn. Computer fällt das schwer, weil sie anders arbeiten. Zunächst wird aus dem fotografierten Gesicht ein Templet erstellt. Das sind Formeln oder Kennzahlen, generiert aus den wichtigsten Elementen des Gesichts, die der Rechner mit dem Templet des abgespeicherten Fotos vergleicht. Der Augenabstand spielt eine Rolle, der Abstand zwischen Nasenspitze und den Augen, man schaut sich die Wangen- und Stirnknochen an, die Augenringe und so weiter. Bei einer zweiten Methode liegt ein Gitternetz über dem Gesicht – Hartmuth von Maltzahn von der Bochumer Firma L-1 Identity Solutions spricht auch von einem elastischen Gitter. Dabei wird…

    ""ausschließlich das Gesicht erfasst, hat man also eine Kopfbedeckung, interessiert uns das nicht, hat er kurze oder lange Haare, interessiert uns das auch nicht, es geht nur um das Gesicht."

    Und da vor allem um die unveränderlichen Bereiche wie Stirn, Augen und Wangenknochen. Doch auch die lassen sich natürlich künstlich manipulieren. In Versuchsreihen stellt sich heraus, dass mindestens 50 Prozent des Gesichts erkennbar sein muss. Maltzahn:

    "Wir nehmen ja an 150 Knotenpunkten unseres elastischen Gitter Informationen auf, in Summe sind das 8000 einzelne Informationen. Haben wir nur 4000 einzelne Informationen, weil uns das halbe Gesicht nur zur Verfügung steht, dann reicht das noch, die Erkennungsleistung wird zwar geringer, aber es reicht noch aus."

    Dabei spielt es keine Rolle, ob Form und Aussehen des Gesichts verändert worden sind, etwa durch Bärte, Masken, Sonnenbrillen und so weiter, oder ob die Kamera bedingt durch ungünstige Lichtverhältnisse ein schlechtes Foto schießt. Große Probleme breiten da übrigens Hüte und Kappen, weil sie einen Teil des Gesichts abschatten. Maltzahn:

    "Wenn die Kamera nicht in der Lage ist, trotz dieses Schattens, ein vernünftig aufgelöstes Bild zu generieren und meinem System zur Verfügung zu stellen, funktioniert die Gesichtserkennung nicht."

    Was in Großbritannien übrigens zu denkwürdigen Konsequenzen geführt hat: Einige Kaufhäusern verbieten das Tragen von Hüten und Kappen, weil sonst die auf der Insel weit verbreiteten Gesichtserkennungs-Systeme streiken. Aber selbst Schatten und weg gedrehte Köpfen sind mittlerweile beherrschbar: Computer können die fehlenden Gesichtspartien hinzurechnen. Maltzahn:

    "Wir nennen das 2,5D-Technologie, also nicht 3D. Wenn wir ein zweidimensionales Bild bekommen und wir sehen dort eine starke Pose, der Kopf ist etwa zu 25 Prozent in eine Richtung geneigt und wir sehen nur die Hälfte des Gesichtes. Dann machen wir aus diesem zweidimensionalen Bild ein Modell und antizipieren, wie denn die zweite Seite aussehen würde."

    Ganz andere Möglichkeiten bieten 3D-Gesichtserkennungssysteme. Würden sie perfekt funktionieren – was nicht der Fall ist – läge die Trefferquote bei fast 100 Prozent. Aber auch hier gibt es eine wichtige Voraussetzung: Die Kamera muss die Nasenspitze als höchsten Punkt des Gesichtes erkennen.