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Gesichtserkennungs-App "FindFace"
Das Ende der Anonymität

Meine Freunde, mein Beruf, meine Hobbys: Eine Software erkennt Gesichter auf Fotos und liefert in kürzester Zeit Informationen aus sozialen Netzwerken. In Russland ist das schon Realität. Auch die Polizei und Geheimdienste sind an der Gesichtserkennung in Echtzeit interessiert.

Von Markus Sambale | 24.05.2016
    Ein Mann hält sich die Augen zu
    "Unser neuronales Netz erkennt 80 Punkte im Gesicht und erstellt daraus einen Index." (imago/blickwinkel)
    Es geht ganz schnell. Einfach mit dem Smartphone ein Foto von irgendjemandem machen – ob in der U-Bahn oder im Café, das Bild in der App "FindFace" hochladen. Und ein paar Sekunden später bekommt man den Namen der fotografierten Person angezeigt. Jedenfalls dann, wenn sie bei "Vkontakte" aktiv ist, dem sozialen Netzwerk, das in Russland extrem populär ist, einem Gegenstück zu Facebook.
    Ein Handydisplay mit mehreren Apps, darunter auch "FindFace"
    Die App "FindFace" filtert aus 200 Millionen Profilfotos die ähnlichsten heraus. (Deutschlandradio/Maurer)
    Der Moskauer Erfinder von "FindFace", Maxim Permin, sieht sich mit seinem Gesichtserkennungs-Programm weltweit ganz vorn:
    "Unsere Firma sitzt in Russland, deswegen war es naheliegend, mit einem russischen sozialen Netzwerk anzufangen. Doch eigentlich könnte das System mit jedem sozialen Netzwerk funktionieren."
    Die Gesichtserkennung klappt tatsächlich in vielen Fällen, wie ein spontaner Test zeigt. Aus mehr als 200 Millionen Profilfotos filtert die App die ähnlichsten heraus, immer wieder ist gleich das erste Suchergebnis das korrekte.
    Erfolgsquote von 73 Prozent
    Die Technik ist ausgereifter als bisherige Programme, in einem Wettbewerb kam die russische Software auf eine Erfolgsquote von 73 Prozent. Programmierer Artjom Kucharenko hat die künstliche Intelligenz geschaffen:
    "Unser neuronales Netz erkennt 80 Punkte im Gesicht und erstellt daraus einen Index. Wir haben herausgefunden, dass bestimmte von diesen Punkten für das Geschlecht des Menschen verantwortlich sind, andere für das Alter oder für die Gesichtsform."
    Polizei und Geheimdienste zeigen Interesse
    Doch so faszinierend die Technik sein mag, viele Menschen sind besorgt. Denn auch Polizei, Geheimdienst und Sicherheitsfirmen haben Interesse an der Gesichtserkennung in Echtzeit. Die russische Firma macht keinen Hehl daraus, ihre Technik verkaufen zu wollen. Dieser Sicherheitsexperte befürchtet, eines Tages könne sich niemand mehr unerkannt in der Öffentlichkeit bewegen:
    "Du sitzt irgendwo in einer Kneipe. Jemand macht ein Foto von dir und kann dich so identifizieren - und schon hat er eine gewisse Möglichkeit, dich zu erpressen."
    Ein ähnliches Beispiel dafür gab es schon in Russland: Auf einer Online-Plattform wurden Frauen geoutet, die unter anderen Namen in Pornofilmen mitgemacht haben. Mithilfe der neuen Gesichtserkennungs-App wurden die Frauen mit ihren echten Namen identifiziert und an den Pranger gestellt.