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Gesunde Farbe ohne Sonnenstudio

Biologie. - Über die Frage, wie die unterschiedlichen Hautfarben der Menschen entstehen, konnte bislang lediglich spekuliert werden. Nun aber entdeckten US-Forscher ein Gen, das die Hautfarbe maßgeblich bestimmt. Gefunden wurde es indes bei Zebra-Fischen.

Von Michael Lange |
    Zebrafische, wie sie zu Tausenden durch die Forschungslabors der Welt schwimmen, sind schwarz-weiß gestreift. Normalerweise. Es gibt aber auch Fische, die golden schimmern: Schwarze Streifen auf goldenem Hintergrund. Auch im Aquarium der Pennsylvania Sate University schwimmen solche goldenen Fische. Keith Cheng und sein Team wollten wissen: Wie kommt das Gold in den Fisch?

    "Für die Pigmentierung in der Haut der Zebrafische sind einzelne Zellen verantwortlich. In ihnen befindet sich der Farbstoff. Je nach Menge des Farbstoffs reicht die Palette beim Zebrafisch von Weiß bis Gold. Die Farbe lagert in speziellen Pigmentpaketen im Innern der Zellen. Das sind die so genannten Melanosomen. "

    Die Forscher konnten im Erbgut der Fische eine Erbanlage aufspüren, die die Farbstoffmenge bestimmt. Das Gen beeinflusst den Transport von Natrium und Kalzium in den Zellen, und indirekt steuert das Gen die Zahl der Melanosomen.

    "Dieses Gen ist unter den Wirbeltieren weit verbreitet: vom Fisch bis zum Menschen. Unsere Entdeckung ist deshalb auch für Menschen relevant. Wir können jetzt erklären, warum Europäer und Afrikaner eine unterschiedliche Hautfarbe besitzen. "

    Die Übertragung der am Fisch gewonnen Erkenntnisse auf den Menschen gelang mit Hilfe einer erst kürzlich vorgestellten Genkarte: der HapMap. Darin sind genetische Unterschiede von Menschen aus verschiedenen Regionen der Erde dokumentiert. Cheng suchte – natürlich mit Computerhilfe – im HapMap-Datensatz nach dem Gen aus dem Zebrafisch, und wurde fündig.

    "Der Abgleich mit den HapMap-Daten zeigte einen extremen Unterschied zwischen den Europäern und allen anderen Menschen, überall auf der Welt. Fast 100 Prozent der Europäer besitzen eine bestimmte, veränderte Form dieses Gens. Alle Nicht-Europäer besitzen die ursprüngliche Form. Während die veränderte, europäische Form relativ neu ist, hat die ursprüngliche Form eine lange Evolutionsgeschichte hinter sich. "

    Als die Vorfahren der heutigen Europäer aus Afrika kamen, hatten sie vermutlich noch das Gen für die natürliche Bräune. Aber, da sich die Sonne schon damals in Europa rar machte, konnte sich eine Genveränderung behaupten, die weniger Schutz vor der Sonne bot. Wenn man so will: eine Farbstoff-Mangelmutante. Möglicherweise bot sie sogar einen Evolutionsvorteil. Denn: Wer viel Getreide verzehrt und wenig Fleisch, braucht Sonnenlicht unter der Haut, damit der Körper bestimmte Vitamine besser bilden kann. Ein Vorteil also für die europäischen Steinzeit-Bauern. Das neue Gen kann allerdings nicht alle Hautfarben der Welt erklären. Für die Farbunterschiede zwischen Zentralafrikanern, Indern und Ostasiaten müssen andere Erbanlagen verantwortlich sein.

    "Es stimmt. Es gibt auch noch andere Gene, die die Hautfarbe beeinflussen. In jeder Bevölkerungsgruppe, überall auf der Welt, gibt es unterschiedliche Ausprägungen der Hautfarbe. Viele Gene wirken dabei zusammen. Aber das nun im Zebrafisch gefundene Gen ist das wichtigste, das wir bislang kennen. Wir finden es in allen Bevölkerungsgruppen. "

    Einige Europäer scheinen sich mit ihrer Jahrtausende alten Mutation freilich immer noch nicht abgefunden zu haben. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie Jahr für Jahr der Sonne entgegen ziehen und ihre farbstoffarme Haut der UV-Strahlung aussetzen – auf der Suche nach der verlorenen Bräune.