Jeder könne sehen, was mit Leuten passiere, die ausländerfeindliche Parolen grölten. Kopelke betonte, ihr Ruf sei ruiniert. Sie würden angezeigt und verlören zum Teil sogar ihre Jobs.
Inzwischen wurden weitere Fälle von rassistischem Gegröle bekannt. In Löningen in Niedersachsen ermittelt der Staatsschutz aufgrund von Videos eines Schützenfestes. In Kröv in Rheinland-Pfalz wurde nach Hinweisen auf verfassungsfeindliche Parolen und das Abspielen verbotener Lieder eine private Gartenparty aufgelöst.
Kontroverse Ansichten über das "Sylt-Video"
Die Diskussion über die Videoaufnahme aus einer Bar auf Sylt, in der junge Menschen ein rassistisches Lied singen, geht weiter. Hochrangige Politiker äußern sich besorgt bis schockiert. In Sozialen Medien ist die Stimmung geteilt: Dort werden die Beschuldigten auch in Schutz genommen.
Im Online-Portal X (früher Twitter) schreibt ein User, die Mitglieder der Party-Gruppe auf Sylt seien "jung und besoffen" gewesen und hätten einen Fehler gemacht. Jetzt würden sie "gelyncht", indem ihre Fotos und Adressen veröffentlicht würden. Der Umgang mit den jungen Menschen aus Sylt sei "viel schlimmer als das was sie gemacht haben", schreibt @Azadi77. Seine Meinung wird von anderen auf X geteilt.
"Alkohol ist niemals eine Entschuldigung"
Andere User zeigen weniger Verständnis für die jungen Leute und ihre rassistischen Gesänge. User @nalamartin schreibt im Online-Portal Threads, Alkohol sei niemals eine Entschuldigung. Er mache aus Menschen "nicht plötzlich Rassisten". Er sorge nur dafür, dass sie "laut und hemmungslos aussprechen, was und wie sie denken". Auch diese Meinung findet Unterstützung.
Entsetzen bei Arbeitgebern und in der Politik
Seit der Veröffentlichung des Sylt-Videos wurden einige Personen in dem Video in den Sozialen Medien identifiziert. Ihre Arbeitgeber distanzierten sich öffentlich von ihnen und verkündeten die fristlose Kündigung oder Freistellung.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Klein, äußerte sich schockiert über die Aufnahmen aus der "Pony"-Bar. Klein sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Existenz einer solch menschenfeindlichen Ideologie überrasche ihn nicht. Allerdings sei diese ganz offensichtlich Teil einer Popkultur und in einem Milieu salonfähig geworden, dem klar sein müsste, dass Ausländer maßgeblich zu unserem Wohlstand beitrügen.
Der rassistische Text auf den Song "L'amour toujours" von DJ Gigi D'Agostino wird offenbar schon seit Monaten auf Partys in Deutschland gebrüllt, hat der "Spiegel" recherchiert.
Bundestagspräsidentin Bas: "Zivilcourage zeigen"
Bundestagspräsidentin Bas rief mit Blick auf das Video dazu auf, in derartigen Situationen Zivilcourage zu zeigen und dagegen zu halten. Sie sagte dem Fernsehsender Phoenix, wenn man solche "unappetitlichen" Auftritte sehe, frage man sich wirklich, was in den Köpfen dieser jungen Menschen vorgehe. Die Reaktionen auf das Video hätten ihr aber auch gezeigt, dass es viele gebe, die die Demokratie verteidigten.
Bundespräsident Steinmeier zeigte sich beim Demokratiefest in der Villa Hammerschmidt besorgt über eine Verrohung politischer Umgangsformen. Die Ereignisse von Sylt verstärkten diese Beunruhigung, weil es nicht nur die Randständigen und Abgehängten seien, die sich radikalisierten. Vielmehr handele es sich um eine Radikalisierung, die in Teilen der Mitte der Gesellschaft stattfinde. Umso mehr komme es jetzt darauf an, für die Demokratie einzustehen, forderte Steinmeier.
"Extreme Parolen werden ohne Scheu in der Öffentlichkeit geäußert"
Nach Ansicht der Extremismusforscherin Pia Lamberty zeigt das Sylt-Video, dass rechtsextreme Inhalte inzwischen vielfach für normal gehalten werden. Menschen könnte ohne Scheu und ohne Widerspruch in der Öffentlichkeit extreme Parolen äußern, sagte die Co-Geschäftsführerin des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cema) der Deutschen Presse-Agentur. Rechtsextremismus und Rassismus seien keineswegs nur in Ostdeutschland oder bei Menschen mit geringerem Einkommen zu finden. Rassismus gehe auch von Menschen aus, die an Universitäten studiert hätten oder in Managementpositionen stünden, erklärte Lamberty.
Mindestens einer der in dem Sylt-Video gefilmten Personen hat inzwischen öffentlich um Entschuldigung gebeten. Die "Bild"-Zeitung zitiert Moritz N. mit den Worten, er habe einen "ganz schlimmen Fehler" gemacht, für den er sich schäme. Er sei weltoffen und tolerant erzogen worden und auf der Party betrunken gewesen.
Diese Nachricht wurde am 27.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.