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Gewürzt von der Insel

Eine Currywurst gilt in weiten Teilen der Republik als Grundnahrungsmittel. Auf Sylt suchte man nach einer gut gewürzten Currywurst vergeblich - bisher. Nun hat Jörg Böwingloh diese Marktlücke entdeckt. Die Wurst, importiert aus seiner ostwestfälischen Heimat, genießt mittlerweile Kultstatus auf Sylt.

Von Klause Deuse | 16.10.2011
    Ein Telefon klingelt:

    "Böwingloh ... Einmal Currywurst/Pommes zum Mitnehmen. Mit Mayo oder Ketchup?...Ja, mach ich fertig."

    Im Imbiss von Jörg Böwingloh, unweit des Flughafens von Westerland, klingelt das Telefon ziemlich oft. Eben wegen: Currywurst/Pommes. Auf den Grill kommt allerdings nicht eine x-beliebige Wurst. Auf Sylt, sagt Böwingloh, könne man sich nur mit Qualitätsware durchsetzen. Also importiert er ein besonders würziges Produkt aus seiner ostwestfälischen Heimat Rheda-Wiedenbrück.

    ""Ja, per Spedition kommt die."

    Mehrmals im Monat. Allerdings kann man auf der Insel der angeblich Reichen und Schönen nicht nur von frischer Luft und Liebe leben. Und nachdem er sich in der Insel-Gastronomie umgesehen hatte, wusste Böwingloh, dass eine Delikatesse fehlte. Nämlich eine ordentlich scharfe Currywurst.

    "Das ist eine Marktlücke, auf jeden Fall. Weil: es gibt keine gute hier auf der Insel. Ich seh uns konkurrenzlos."

    Und die Nachfrage zeigt, dass der Ostwestfale mit seinem Angebot goldrichtig liegt. Viele Urlauber wie Knut Faltin kommen regelmäßig vorbei. Vor allem wegen der Wurst aus Westfalen.

    "Wir sind eigentlich keine Imbissgänger, aber wir waren total begeistert. Und die Qualität spricht für sich. Currywurst: spitzenmäßig. Wir haben gehört, die kommt aus Nordrhein-Westfalen. Spitzenmäßig kann ich nur sagen."

    Von den heimischen Spezialitäten aus Westfalen hat Jörg Böwingloh allerdings noch ein paar mehr im Programm, beziehungsweise auf dem Grillrost. Dazu gehört..

    "Der marinierte Hirschspieß mit hausgemachtem Kartoffelsalat oder der Wildfleischburger, wo wir halt auch das Fleisch aus der Heimat beziehen."

    Wo die Nordseewellen rauschen macht eine importierte Wurst dem heimischen Fisch Konkurrenz. Aber: ostwestfälische Heimat hin oder her. Um ein regionaltypisches Angebot aus Nordfriesland für eingefleischte Insulaner kommt auch Jörg Böwingloh nicht herum.

    "Dann haben wir die Lammbratwurst, die Lammcurrywurst von Keitumer Lämmern."

    In Berlin oder im Ruhrgebiet wäre eine Lammcurrywurst garantiert kein Verkaufsschlager. Aber auf Sylt darf auch ein Edelimbiss-Betreiber die geschmacklichen Vorlieben der Eingeborenen nicht links liegen lassen. Apropos Edelimbiss:

    Im Unterschied zu Null-Acht-Fünfzehn-Grillstuben geht bei Böwingloh kein Gericht in einer Pappschale über die Theke, sondern wird auf weißem Porzellan serviert. Ja, selbst ein nüchterner Ostwestfale bekommt schnell spitz, dass es auf Sylt auch auf das Drumherum ankommt. Und darum parken am Rand des Flughafens von Westerland nicht nur Familienkutschen, sondern auch reichlich Nobelkarossen. Außerdem vor dem Abflug der Jets etliche Taxis, deren Insassen keinen Appetit auf die dröge Verköstigung haben, die im Flieger auf sie wartet.

    "Ich hab schon beobachtet, dass viele, die auch abfliegen, vorher mit nem Taxi vorbei gefahren kommen und vorher hier noch was essen."

    So wie Knut Faltin, dem es insbesondere der marinierte Hirschspieß angetan hat.

    "Den hab ich dieses Jahr das erste Mal gegessen. Mit einer wunderbaren Sause, die das nicht überdeckt. Schmeckt köstlich."

    Für Hartmut Modest aus Hamburg muss es vor dem Abschied von der Insel noch einmal der gewürzte Klassiker sein.

    "Die bekommt man woanders nicht in dieser Qualität, die Currywurst. Die hat auf dieser Insel einfach einen Ruf. Die schmeckt einzigartig lecker."

    Der Ostwestfale Böwingloh hat bei den Nordfriesen auf Sylt Fuß gefasst. Nicht nur mit seiner Currywurst.

    "Mich bekommt hier keiner mehr weg. Das tägliche Klima, das wir hier haben, einfach ein Traum, hier leben zu dürfen."

    Und da selbst auf Sylt die Promis oder solche, die sich allen Ernstes dafür halten, nicht von morgens bis abends Austern ausschlürfen, klingelt bei Jörg Böwingloh immer öfter das Telefon:

    "... ..Böwingloh ... ... . "