Donnerstag, 28. März 2024

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Gift im Urlaubsparadies
Luft in Südtirol durch Pestizide belastet

Blühende Apfelplantagen vor herrlichem Bergpanorama: Südtirol ist ein Urlaubsidyll. Doch in der Region Vinschgau ist die Luft belastet mit verschiedenen Pestiziden – das zeigen Untersuchungen des Umweltinstituts München. "Das ist ein Beitrag zum Insektensterben", sagt Karl Bär von dem Verein im Dlf.

Karl Bär im Gespräch mit Britta Fecke | 08.03.2019
Apfelblüte der Sorte "Golden Delicious" auf einer Plantage im Vinschgau in Südtirol.
Im Vinschgau in Südtirol liegt das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet von Europa (dpa/Udo Bernhart)
In der Region werde einfach sehr viel gespritzt, sagt Karl Bär. Er ist Agrarreferent bei dem Verein Umweltinstitut München. "Wir sind nicht überrascht davon, dass wir an Stellen im mittleren Vinschgau, wo sehr viel Apfelanbau betrieben wird, viele Wirkstoffe gefunden haben." Und das über den gesamten Zeitverlauf der Untersuchung.
Der Verein hatte von Februar bis Ende August 2018 im Vinschgau an vier Standorten Passivsammler aufgestellt. Alle drei Wochen wurde das Sammelmedium gewechselt und in einem Labor auf 29 verschiedene Pestizidwirkstoffe untersucht. Ergebnis: Über die Saison seien 20 verschiedene Wirkstoffe gefunden worden. Auch dort, wo das eigentlich nicht sein dürfte, sagte Bär.
"Spannend ist, dass wir in einer geschlossenen Ortschaft, in einem Garten wo eine Hecke außen rum ist, wo mehrere hundert Meter weit keine Apfelplantage ist, zwölf verschiedene Wirkstoffe gefunden haben."
Beitrag zum Insektensterben
Selbst mehrere Kilometer entfernt auf 1.600 Meter Höhe in einem Seitental seien immerhin noch sechs Wirkstoffe entdeckt worden. Für das Institut stelle sich die Frage, "ob die Zulassungsverfahren so funktionieren, wie sie funktionieren sollten, weil das eigentlich nicht vorkommen dürfte", sagte Bär.
Von vier gefundenen Pestizidwirkstoffen sage die EU-Lebensmittelbehörde EFSA, dass diese nicht in die Luft übergehen sollten und wenn, dann würden sie sich dort sehr schnell zersetzen, kritisiert Bär. "Das stimmt offensichtlich nicht. Die EFSA betrachtet immer nur einen einzelnen Wirkstoff." Was nicht wirklich betrachtet werde sei, dass es gleichzeitig noch diverse andere Wirkstoffe in der Luft gebe.
"Wenn ich von Mitte März bis Anfang Dezember durchgehend irgendwelche Wirkstoffe in der Luft habe, ist das etwas anderes, als wenn ich punktuell mit einem Wirkstoff belastet bin."
Das Umweltinstitut München fand auch ein Insektengift, das seit diesem Jahr verboten ist. "Davon reichen drei bis vier Nanogram, um eine Biene zu töten." Es gebe im Vinschgau noch sensiblere Insekten, die davon betroffen sein könnten, erläutert Bär. "Wenn sich so ein Stoff in der Natur verbreitet, der so eine starke Wirksamkeit hat, dann ist das schon ein Beitrag zum Insektensterben."