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Gleiche Gebühren

Wer einen sehr günstigen Flug gebucht hat, dem mag die Differenz besonders ins Auge fallen zwischen dem Preis für den eigentlichen Flug und dem endgültigen Preis des Tickets. Denn zu den Flugkosten addieren sich noch einige Posten wie die Gebühren für die Flugsicherheit, der Kerosinzuschlag und die Flughafengebühr. Das Europäische Parlament will einheitliche Regeln durchsetzen. Ruth Reichstein über die Streitpunkte.

    Auf dem Brüsseler Flughafen im Vorort Zaventem werden jährlich knapp 20 Millionen Passagiere abgefertigt. Jeder Passagier, der hier in ein Flugzeug steigt, zahlt bei jedem Ticket 24 Euro drauf - für die Benutzung des Flughafens. In Brüssel werden diese Gebühren gemeinsam mit den Fluggesellschaften festgelegt, erklärt Michèle Lahaye von der Betreibergesellschaft:

    "Wir treffen uns regelmäßig mit den Fluggesellschaften und diskutieren gemeinsam die Tarife für die kommenden Jahre. Wir legen außerdem gemeinsam die Regeln für die Gestaltung der Gebühren fest."

    Aber nicht alle Flughäfen in Europa beziehen die Fluggesellschaften in die Preisgestaltung mit ein. Je nach Mitgliedsland gibt es wenige oder keine Vorschriften zur Festlegung. Genau das will die Europäische Kommission ändern. Sprecher Michele Cercone:

    "Das größte Problem ist, dass es bisher keinen einheitlichen Rechtsrahmen gibt für den Dialog zwischen Flughäfen und Fluggesellschaften. Wir müssen einen Dialog etablieren und strengere, klarere Regeln aufstellen nach den Grundsätzen Dialog, Nichtdiskriminierung und Transparenz."

    Alle großen Flughäfen sollen nach dem Willen der Kommission in Zukunft die Fluggesellschaften konsultieren, wenn es um die Festlegung der Preise geht. Falls sie keine Einigung finden, soll eine staatliche Stelle schlichten.

    Bisher ist die Europäische Kommission immer wieder am Widerstand der Flughäfen und der Fluggesellschaften gescheitert. Ihre gegensätzlichen Wünsche ließen sich nicht vereinbaren. Die Airlines fordern zum Beispiel seit Jahren, dass die Flughäfen ihre Einkünfte aus Läden und Restaurants offen legen sollen. Diese Gewinne sollen bei der Berechnung der Gebühren berücksichtigt werden, fordert David Anderson vom Europäischen Verband der Fluggesellschaften:

    "Es gibt bisher noch keine Verpflichtung für die Flughäfen, kosteneffizient zu arbeiten. Sie können so viel ausgeben, wie sie wollen und die Kosten einfach an die Fluggesellschaften weitergeben. Das muss offen gelegt werden. Wir fordern, dass die Flughäfen den Airlines auch zeigen, was sie an den Passagieren in den Geschäften und Restaurants verdienen. Schließlich bringen wir ihnen die Passagiere. Und das fehlt völlig in dem Vorschlag."

    Die Flughäfen sperren sich gegen die Offenlegung ihrer Gewinne. Schließlich hätten die nicht direkt mit dem Flugbetrieb zu tun, sagt auch Michèle Lahaye vom Brüsseler Flughafen:

    "Unsere kommerziellen Aktivitäten gehören nicht zu den Elementen, die die Flughafengebühren bestimmen. Das ist ein ganz getrenntes Privatunternehmen. Wir sehen also nicht ein, warum diese eine Rolle spielen sollen bei den Flughafengebühren."

    Das Europäische Parlament hat den Vorschlag nun auf den kleinsten, gemeinsamen Nennen reduziert, um alle Mitgliedsstaaten auf diese Richtlinie zu verpflichten:

    "Die Besonderheiten in den Mitgliedsstaaten erschweren die Verhandlungen. In Schweden, Portugal, Finnland, Spanien und Griechenland sind viele Flughäfen in Netzwerken mit einheitlichen Entgelten organisiert. Das bedeutet häufig wenig Transparenz. In Spanien wird die Höhe der Entgelte sogar vom Parlament festgelegt. In Deutschland liegt die Aufsicht bei den Bundesländern und nicht auf nationaler Ebene. Ich breite diese Unterschiede aus, damit wir wissen, wie kompliziert die Verhandlungen sind. Wir haben den Anwendungsbereich auf Flughäfen reduziert mit einer Passagierbewegung von 5 Millionen jährlich oder 15 Prozent Anteil am nationalen Passagieraufkommen. Wir haben die Wahlfreiheit des Geschäftsmodells festgeschrieben, und wir haben die Netzwerke einbezogen."

    Trotzdem: Auch wenn das Parlament heute Mittag für den Kompromissvorschlag stimmt, muss der erst noch die Zustimmung der Mitgliedsstaaten bekommen. Und die ist noch nicht sicher. Denn von einigen Flughäfen kommt bereits schon jetzt heftiger Protest. Michèle Lahaye aus Brüssel:

    "Die wirtschaftliche Bedeutung und die Konkurrenzsituation in den einzelnen Ländern müssen weiterhin berücksichtigt werden. Es wäre also nicht normal, dass nur der Brüsseler Flughafen sich an die neuen Regeln halten muss und nicht zum Beispiel unsere Konkurrenz im nahen Charleroi. Dagegen werden wir auf jeden Fall protestieren."