Montag, 06. Mai 2024

Archiv


Global Action

"Bildung ist nicht zu verkaufen" lautet der Motto, unter dem sich Studierendengruppen in 30 Ländern auf koordinierte Proteste vorbereiten. Start der globalen Aktionswoche ist kommender Montag.

Von Anke Petermann | 06.11.2009
    Inzwischen rufen 70 Gruppen, nicht nur Hochschulgruppen, in 30 Ländern zur weltweiten Aktionswoche vom 9. November an auf. Motto: "Education is not for sale". Die Protestbereitschaft greife weltweit um sich, weil die Probleme an den Hochschulen universell seien, nämlich Unterfinanzierung und zu viel Bürokratie, so meinen Aram Ghadimi, Student aus Wien und Christian Döring von der Initiative Bildungsstreik an der Uni Marburg:

    "Überfüllte Hörsäle, zu wenig Seminarplätze, generelles Zugangsproblem, die Einführung von Zugangsbeschränkungen. Es finden an den Universitäten immer mehr Prüfungen statt, gerade in den Naturwissenschaften wöchentliche Tests, und nur wenn man alle besteht, wird man überhaupt zur Abschussprüfung zugelassen. Anwesenheitszwang, so muss man es nennen, sogar wirkliche Krankheiten werden nicht mehr anerkannt. Man fliegt aus Seminaren raus, weil sie einfach überfüllt sind. Mit 80 Leuten ein Seminar zu gestalten, ist für den Dozenten einfach unmöglich. Es ist einfach unmöglich, in einer Regelstudienzeit zu studieren."

    Dass die Hochschulminister der Länder jüngst zusagten, Schwachstellen beim Umsetzen der Bolognareform zu beseitigen und die Hochschulen aufforderten, die Regelstudienzeiten in den Bachelor-Studiengängen flexibler zu gestalten, besänftigt die Studierenden in Deutschland nicht. Reine Taktik, schätzt Christian Döring aus Marburg. Die Minister seien überrascht hat vom großen gesellschaftlichen Rückhalt der Bildungsproteste im Sommer und versuchten nun, die Öffentlichkeit durch oberflächliche Korrekturen zu ruhig zu stellen. Schon hat es die neue Bewegung geschafft, Österreichs Hochschulen in den Ausnahmezustand zu versetzen, und auch in Deutschland schwappt die Protestwelle nach dem Auftakt in Münster, Marburg, Potsdam und Heidelberg über die Grenzen der Hochschulen hinaus. Aram Gahdimi, Wien und Christian Döring, Marburg:

    "Wenn man mit Bekannten und der Familie diskutiert, die kriegen alle was mit. Abgesehen davon: auf struktureller Ebene vernetzen sich jetzt Gewerkschaften mit uns, es gibt Solidaritätsbekundungen von ganzen Landesregierungen, also gerade in Österreich hat die burgenländische Landesregierung ihre Solidarität bekundet - es gibt das gesamtgesellschaftliche Anliegen, die Bildung zu verbessern."

    "Wir haben die Kontakte mit der GEW, aber gerade hier in Hessen auch mit der Landeselternvertretung."

    Und auch Schüler sind dabei - wie der Wiesbadener Gymnasiast Martin Seeger:

    "Bei uns ist es so, dass wir dadurch, dass wir auch als Schüler schon viele Protestaktionen gegen diese Verfahren starten und versuchen, möglichst viel Schülerinnen und Schüler schon möglichst für auf diese Problematik aufmerksam zu machen, dass sich da schon früh auch bei relativ unpolitischen Schülerinnen und Schülern was regt und sie merken, dass da irgendwas nicht mehr so ist wie früher und dass auch sie bereit sind, auf die Straße zu gehen und ich kann Ihnen sagen, es werden in den nächsten Wochen viele Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen."

    Es wird eine ganz große Protestwelle geben, so die Prognose von Christoph Döring, "eine internationale", fügt Mo Schmidt hinzu, hochschulpolitischer Referent des Asta in Marburg. Gestern fand das Warm-up zu den weltweiten Bildungsprotesten statt, unter anderem in Kanada:

    "In mehreren Städten, unter anderem auch in Ottawa, wo 3000 Menschen auf die Straße gegangen sind für niedrigere Studiengebühren, also da ist der Ansatz schon etwas anders, aber eigentlich das Problem das gleiche. In Kolumbien gab es an der Universität Bogota eine Vollversammlung mit Protesten anschließend, in Kroatien gab es in drei Städten ebenfalls Proteste, und in der Schweiz in Bern und Genf ebenfalls."

    "Es gibt auch nächste Woche in der 'Global Week of Action' Infostände in ganz Marburg, aber auch in anderen Städten. Es wird Großdemonstrationen geben, am 17. November hier in Wiesbaden, es wird am 10.12. in Bonn zur Kultusministerkonferenz mobilisiert zu einer Großdemo und es wird auch nach Leipzig mobilisiert werden zu einer Demo am Rande der Hochschulrektorenkonferenz."

    "Der heiße Herbst hat begonnen" - das gibt das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren als Motto aus.