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Godesys AG
Digitale Geschäfte optimal gesteuert

Big Data, Cloud Computing, mobile Kommunikation und soziale Netzwerke - eine umfassende Digitalisierung prägt heute das berufliche und gesellschaftliche Umfeld. Eine Firma, die auf diesen Trend setzt, ist das Softwarehaus Godesys in Mainz.

Von Mirko Smiljanic | 13.03.2015
    Die Spielfigur eines Bauarbeiters steht auf einer Computerplatine
    Hinter den Kulissen vieler Großunternehmen werkelt Software von Godesys ( imago/blickwinkel)
    Köln, 18 Uhr, Beginn der Spätschicht beim Paketdienstleister TNT. 150 Meter misst die Sortierhalle, an deren Seitenfront um diese Zeit rund 50 Vans Pakete anliefern. "Die bekommen einen Eingangsscan, manchmal haben die Kunden bereits ihre Label da drauf, wenn kein Label vom Kunden erstellt wird, erstellen wir das direkt. Dann werden die über die Bandanlage geschickt. Auf der anderen Seite der Bandanlage stehen dann die Mitarbeiter und sortieren das für die entsprechende Restriktionen", erläutert Team-Leiter Patrick Kremer.
    Klingt einfach, ist aber im hart umkämpften Geschäft der Paketdienstleister nicht immer einfach umzusetzen. Voraussetzung sei eine Software, die alle Arbeitsabläufe abdeckt. Diese Software hat TNT beim Mainzer Mittelständler Godesys gefunden: "Die Software von Godesys fungiert letztlich auch als Auftragserfassungssystem, aber auch als System, die diesen Auftrag weiter fortführt, sprich monitort in unsere weitergehenden TNT-Systeme und dass wir aus dem eigentlichen operativen TNT-System die Information in das Godesys-System reinbekommen", sagt Alexander Schulz vom TNT-Management.
    Alles aus einer Hand
    Im Klartext für den IT-Laien: Die Software unterstützt nicht nur TNT-Geschäftsprozesse, sondern auch die ihrer Kunden: "Es gibt eigentlich nur ein Softwareprodukt, aber das ist im Sinne eines Frameworks variabel zusammenzusetzen, da die Bedürfnisse der Kunden ja unterschiedlich sind, je nachdem, in welchen Branchen sie sich bewegen", erläutert Godelef Kühl, Vorstandsvorsitzender der Godesys AG, Mainz.
    75 Mitarbeiter beschäftigt das 1992 gegründete Softwarehaus, der Jahresumsatz liegt bei etwa acht Millionen Euro, die Zahl der Kunden bei 650 - Tendenz steigend, der Bedarf an ERP-Software ist enorm. ERP steht für Enterprise-Resource-Planning, Softwareprodukte, die alle Bereiche eines Unternehmens unterstützen: von der Warenwirtschaft, über das Auftrags- und Projektmanagement bis zum Rechnungs- und Personalwesen.
    Entscheidend für den Erfolg seien zwei Faktoren: Erstens die Kundenorientierung: "Wir denken, dass der Vorteil darin liegt, dass Sie heute einfach mithilfe einer Softwarelösung sich an ihre Kunden anpassen müssen. Das heißt, Sie wollen ja betriebliche Abläufe optimal steuern, sodass Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden erwischen." Und zweitens die einfache Handhabung der Software. ERP-Lösungen, so Godelef Kühl, erfordern häufig teures Fachpersonal, was kleinere Mittelständler vom Kauf der Software abschreckt:
    "Godesys versucht, das dadurch zu ändern, dass wir eher den Begriff des 'digitalen Handwerkers' in den Vordergrund stellen wollen. Das heißt, der Kunde bekommt eine Softwareumgebung, die hoffentlich so gestaltet ist, dass sie aufgrund der Ergonomie, ich möchte es mal so ausdrücken, auch für einen IT-Laien bedienbar ist, der aber natürlich das viel tiefere Prozessverständnis hat."
    Firmengründung in Wendezeiten
    Godelef Kühl - er hat die Firma nach sich selbst benannt - ist ein Quereinsteiger. Kein Start-up steht hinter der Gründung, kein strategischer Weitblick, ausschlaggebend war die politische Großwetterlage:
    "Ich habe eine Ausbildung zum DV-Kaufmann gemacht, und damals war gerade die Grenzöffnung frisch durch, und da ist mein Lehrherr in den Osten gegangen. Dann stand ich vor der Alternative, arbeitslos oder selbstständig, und dann habe ich einen Computerhandel übernommen. Den dreht man dann im Laufe der Jahre, weil ja auch die Digitalisierung die Wertschöpfung in der Branche komplett verändert hat. Wir haben dann ab Mitte der 90er-Jahre angefangen, Software zu entwickeln. Rückwirkend kann man eigentlich sagen, dass es Zufall ist und nicht Strategie, aber das ist in den meisten Unternehmen eigentlich so."
    Mittlerweile gibt es Niederlassungen in Hannover, Villingen-Schwenningen, Dortmund, München und in der Schweiz. 2012 übernahm Godesys die Proratio GmbH und stieg damit in den Business-Intelligent-Markt ein, 2013 schluckte sie die ifax GmbH, einen Spezialist für Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme. Beide Übernahmen waren Schritte hin zum Konzept, das die CeBIT "d!conomy" umschreibt - die digitale Transformation aller Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche.
    Die Godesys AG nutzt mittlerweile alle verfügbaren Informationskanäle. Dazu zählen auch soziale Netzwerke wie Facebook und Xing. Mit dem "Social Network Integrator" können Godesys-Kunden alle im ERP-System gespeichert Adressen und Namen mit sozialen Netzen abgleichen. Wer mal eben wissen möchte, mit wem er es bei einem neuen Kunden oder Lieferanten zu tun hat, bekommt ohne Medienbrüche und vollautomatisch alle in Xing, Facebook usw. gespeicherten Informationen.
    Ende der Stoßzeit beim Godesys-Kunden TNT, die Pakete sind ausgeladen und sortiert: "Von hier aus gehen dann die letzten Pakete um halb elf raus, das geht dann quasi über in die Frühschicht, wo die Pakte dann wieder reinkommen, das ist um ein Uhr nachts, wo die Verteilung hier im Kölner Raum beginnt."
    Das ist dann wieder die Stunde der analogen Welt: Fahrer stapeln Pakete in Autos und liefern sie beim Kunden ab. Eingangsbestätigungen werden per Unterschrift quittiert - die allerdings wieder in ein digitales Eingabegerät.