Ende gut, alles gut! So könnte man die Preisentscheidungen der Jury des 61. Filmfestivals von Cannes zusammenfassen. Nach einem durchwachsenen Wettbewerb rettete der allerletzte Film die Reputation des Festivals. "Entre les Murs" von Laurent Cantet erntete begeisterten Beifall im Saal und fand auch die ungeteilte Zustimmung der Jury. Zum ersten Mal seit 21 Jahren gewann damit wieder ein französischer Film die begehrte Goldene Palme.
Cantet portraitiert in seinem Film nach einem Roman von Francois Begaudeau die französische Gesellschaft anhand einer Schulklasse, deren Entwicklung er ein Jahr lang verfolgt. Cantet hat für seinen Film vor Ort recherchiert, was nicht leicht war:
""Zu Schulen erhält man nur schwer Zutritt, wenn man weder Lehrer noch Schüler ist. Ich hatte nur noch vage Erinnerungen an meine Schulzeit. Mein Bild davon war sicher auch etwas ungenau, weil es sich auf die Erzählungen meiner Kinder bezog. Ich wollte diese kleine Welt aber kennenlernen. Immerhin wird dort die Gesellschaft, in der wir leben, hergestellt.”"
Ohne formalen Schnick-Schnack mit digitaler Kamera gefilmt und niemals den Schulraum verlassend, erzählt Cantet von pädagogischer Leidenschaft und unkonventionellen Lehrmethoden, von Zukunftsangst und einer multikulturellen Gesellschaft, die wenigstens im Mikrokosmos der Schulklasse funktioniert.
Romanautor Begaudeau spielt auch die Hauptfigur in diesem äußerst unterhaltsamen wie klugen Film. Jurypräsident Sean Penn hatte schon zu Beginn des Festivals klar gemacht, er werde Filme bevorzugen, die sich mit Politik und sozialer Wirklichkeit auseinandersetzen. Das gilt auch für die weiteren Preise.
Zwei davon, der große Preis und der Preis der Jury, gingen nach Italien. "Gomorra" von Matteo Garrone beschäftigt sich in einem schroffen neo-realistischen Stil mit dem System der Cammora in Neapel. Er stilisiert einmal nicht die Paten des organisierten Verbrechens zu modernen Shakespeare-Helden, sondern zeigt die kleinen Gangster ohne Chance, sich aus den Klauen des Verbrechens zu befreien.
Aus den schwindelnden Höhen der politischen Macht blickt Paolo Sorrentino auf die Mafia-Niederungen herab in "Il Divo", einer lauten lärmenden bitterbösen revueartigen Biografie des italienischen Politikers Giulio Andreotti. Als er zum Präsidenten der Republik gewählt werden will, brechen im Parlament Tumulte aus:
"Il Divo" - nur unzureichend ins Deutsche mit "Der Star" übersetzbar - zeigt mit groben Überzeichnungen, Musikakzenten und Knalleffekten ein surreales Theater der Macht, das in Italien neue Akteure gefunden haben mag, aber immer noch genauso, einschließlich dubioser Verbindungen zum organisierten Verbrechen, funktionieren dürfte. Und sonst?
"Che", der viereinhalbstündige große Aufreger des Festivals, wurde mit einem Preis für Benico del Torro als bester Darsteller abgespeist. Dabei gehörte er keineswegs zu den herausragenden Schauspielern des Festivals. Aber ein Trostpreis musste wohl sein. Auf für die Brüder Dardenne. Für "Das Schweigen Lornas" bekamen sie den Preis fürs beste Drehbuch. Dabei weiß man doch, dass die Filmemacher aus Belgien weitgehend ohne Drehbuch im üblichen Sinne arbeiten.
Viele von der internationalen Kritik hochgelobte Filme gingen ganz leer aus, darunter "Walz with Bashir", der als gezeichneter Dokumentarfilm der formal innovativste Beitrag war.
Insgesamt war weniger los als sonst auf dem Festival von Cannes. Die Schaulustigen kamen nur zum Wochenende. In den Restaurants fand man mühelos einen Sitzplatz. Und selbst der Markt, die größte Filmmesse Europas, schien zu stagnieren. Von Empty Shopping Bags berichteten die Branchendienste. Die Verkäufe von Filmrechten liefen offenbar äußerst schleppend. Nicht einmal alle Wettbewerbsfilme fanden deutsche und internationale Verleiher.
Wenigstens der Gewinner der goldenen Palme dürfte aber einen Weg in unsere Kinos finden. Von den anderen prämierten Filmen ist das noch längst nicht klar. Die Schere zwischen der Entwicklung des Kinos auf der einen und des Filmfestivals auf der anderen Seite geht immer weiter auseinander.
Cantet portraitiert in seinem Film nach einem Roman von Francois Begaudeau die französische Gesellschaft anhand einer Schulklasse, deren Entwicklung er ein Jahr lang verfolgt. Cantet hat für seinen Film vor Ort recherchiert, was nicht leicht war:
""Zu Schulen erhält man nur schwer Zutritt, wenn man weder Lehrer noch Schüler ist. Ich hatte nur noch vage Erinnerungen an meine Schulzeit. Mein Bild davon war sicher auch etwas ungenau, weil es sich auf die Erzählungen meiner Kinder bezog. Ich wollte diese kleine Welt aber kennenlernen. Immerhin wird dort die Gesellschaft, in der wir leben, hergestellt.”"
Ohne formalen Schnick-Schnack mit digitaler Kamera gefilmt und niemals den Schulraum verlassend, erzählt Cantet von pädagogischer Leidenschaft und unkonventionellen Lehrmethoden, von Zukunftsangst und einer multikulturellen Gesellschaft, die wenigstens im Mikrokosmos der Schulklasse funktioniert.
Romanautor Begaudeau spielt auch die Hauptfigur in diesem äußerst unterhaltsamen wie klugen Film. Jurypräsident Sean Penn hatte schon zu Beginn des Festivals klar gemacht, er werde Filme bevorzugen, die sich mit Politik und sozialer Wirklichkeit auseinandersetzen. Das gilt auch für die weiteren Preise.
Zwei davon, der große Preis und der Preis der Jury, gingen nach Italien. "Gomorra" von Matteo Garrone beschäftigt sich in einem schroffen neo-realistischen Stil mit dem System der Cammora in Neapel. Er stilisiert einmal nicht die Paten des organisierten Verbrechens zu modernen Shakespeare-Helden, sondern zeigt die kleinen Gangster ohne Chance, sich aus den Klauen des Verbrechens zu befreien.
Aus den schwindelnden Höhen der politischen Macht blickt Paolo Sorrentino auf die Mafia-Niederungen herab in "Il Divo", einer lauten lärmenden bitterbösen revueartigen Biografie des italienischen Politikers Giulio Andreotti. Als er zum Präsidenten der Republik gewählt werden will, brechen im Parlament Tumulte aus:
"Il Divo" - nur unzureichend ins Deutsche mit "Der Star" übersetzbar - zeigt mit groben Überzeichnungen, Musikakzenten und Knalleffekten ein surreales Theater der Macht, das in Italien neue Akteure gefunden haben mag, aber immer noch genauso, einschließlich dubioser Verbindungen zum organisierten Verbrechen, funktionieren dürfte. Und sonst?
"Che", der viereinhalbstündige große Aufreger des Festivals, wurde mit einem Preis für Benico del Torro als bester Darsteller abgespeist. Dabei gehörte er keineswegs zu den herausragenden Schauspielern des Festivals. Aber ein Trostpreis musste wohl sein. Auf für die Brüder Dardenne. Für "Das Schweigen Lornas" bekamen sie den Preis fürs beste Drehbuch. Dabei weiß man doch, dass die Filmemacher aus Belgien weitgehend ohne Drehbuch im üblichen Sinne arbeiten.
Viele von der internationalen Kritik hochgelobte Filme gingen ganz leer aus, darunter "Walz with Bashir", der als gezeichneter Dokumentarfilm der formal innovativste Beitrag war.
Insgesamt war weniger los als sonst auf dem Festival von Cannes. Die Schaulustigen kamen nur zum Wochenende. In den Restaurants fand man mühelos einen Sitzplatz. Und selbst der Markt, die größte Filmmesse Europas, schien zu stagnieren. Von Empty Shopping Bags berichteten die Branchendienste. Die Verkäufe von Filmrechten liefen offenbar äußerst schleppend. Nicht einmal alle Wettbewerbsfilme fanden deutsche und internationale Verleiher.
Wenigstens der Gewinner der goldenen Palme dürfte aber einen Weg in unsere Kinos finden. Von den anderen prämierten Filmen ist das noch längst nicht klar. Die Schere zwischen der Entwicklung des Kinos auf der einen und des Filmfestivals auf der anderen Seite geht immer weiter auseinander.