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Goldforelle und Krausblättrige

Agrarforschung. - Auf den landwirtschaftlichen Anbauflächen nimmt die Sortenvielfalt ab, das gilt auch für den Salat. Seit Dezember 2006 bemühen sich Wissenschaftler des Instituts für Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin um eine Renaissance historischer Salatsorten. Erste Ergebnisse wurden jetzt vorgestellt.

Von Maren Schibilsky |
    Vorsichtig hebt Cornelia Lehmann ein Netz auf dem Versuchsfeld in Berlin-Dahlem. Fast liebevoll betrachtet die Gartenbauwissenschaftlerin ihre Zöglinge. Hunderte von kräftigen Salaten wachsen hier. Formen sich zu Kopfsalaten, Romanasalaten, Blattsalaten und Stängelsalaten. Übertreffen sich in Farbe, Aussehen und Zartheit der Blätter. Es sind 50 historische Salatsorten unter wissenschaftlicher Aufsicht.

    " Wir machen hier eine Vorauswahl von alten Sorten. Wir prüfen, wie die überhaupt aussehen, weil von vielen alten Sorten haben wir nur den Namen als Information. Wir gucken, wie sehen sie aus, wenn sie auf dem Feld stehen. Sind es Kopfsalate, bilden sie wirklich einen Kopf. Sind sie für den Frühling oder Sommeranbau geeignet. Bekommt man ein erntefähiges Produkt damit und so weiter. "

    Cornelia Lehmann verfolgt am Institut für Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universität Berlin ein ehrgeiziges Ziel. Sie möchte mit ihrem Forschungsprojekt alte Salatsorten für die regionale Vermarktung in Deutschland wieder beleben. Denn die Samen dieser historischen Sorten hielten bisher Winterschlaf. Tief gekühlt in einem Einweckglas in der Genbank von Gatersleben in Sachsen-Anhalt. Vor Jahrzehnten wurden diese Salatsorten ausgemustert. Sie waren keine Hochleistungssorten und entsprachen nicht den Ansprüchen des industriellen Erwerbsgartenbaus. Doch jetzt hat man ihr Kapital für die Zukunft wieder entdeckt - meint Cornelia Lehmann.

    " Weil in solchen alten Sorten Gene stecken oder stecken können, die man in der Zukunft braucht. Es tritt eine neue Krankheit auf. Dann wird man solche alten Sorten durchscreenen und prüfen, ob da möglicherweise eine Resistenz steckt. Ein anderer Punkt ist, dass in alten Sorten noch Geschmackseigenschaften stecken, die man in der Züchtung vernachlässigt hat und die man auch wieder beleben könnte. "

    Um diese Gen-Reserve alter Sorten praxistauglich zu machen, müssen sie unter heutigen Klima- und Bodenbedingungen im Anbau getestet und beschrieben werden. Hinter dieser Aufgabe steht ein nationales Fachprogramm zur Erhaltung genetischer Ressourcen bei Nutzpflanzen.

    Der Biologe Herbert Johner arbeitet seit zehn Jahren im Erhaltungsanbau alter Kulturpflanzen in Brandenburg. Sein Wissen und Know-how ist bei den Berliner Gartenbauwissenschaftlern gefragt.

    " Ich glaube, auf Dauer ist der Erhalt von alten Sorten nur in Form von On-Farm-Managment oder den Wiederanbau und Auf-den-Markt-Bringen möglich. Die Alternative wäre der Erhalt in den Genbanken. Da wird es immer ein Expertenthema bleiben, was fern vom Markt ist und vom Menschen. Und Kulturpflanzen sind Pflanzen, die in Kooperation mit dem Menschen zusammen entstanden sind. Und deswegen ist es so wichtig, das diese Sorten wieder auf den Teller kommen. Gerade auch mit der Vielfalt an Farben, Formen und Geschmack. "

    Damit das auch klappt, stehen die Salatpflanzen unter Dauerbeobachtung. Aussaat, Pflegeaufwand, Krankheiten, Ernte und Verkaufserfolg werden genauestens dokumentiert. Zusätzlich werden Blattproben genommen, um im Labor Ballastreichtum und Nitratwerte zu erfassen. Von den 50 historischen Salatsorten möchte Cornelia Lehmann am Ende rund 20 Sorten für die regionale Vermarktung empfehlen können. Schon jetzt hat die Gartenbauwissenschaftlerin ihre Favoriten.

    " Ich denk da an die Goldforelle. Das ist ein kleiner Salat , der in der Regel nur eine Rosette und keinen Kopf bildet und durch seine Färbung attraktiv ist. Er hat so einen Grundton in grün-gold. Er ist rot gesprenkelt wie eine Forelle. Dann haben wir einen Blattsalat im Frühjahr, der frühe "Gelbe Krausblättrige", der auch für einen Blattsalat ein sehr zartes, leckeres Blatt aufweist. "

    Neun Agrarbetriebe sind in das Forschungsprojekt mit eingebunden. Sie vermarkten bereits die alten Salatsorten mit Erfolg.