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Golf
Ein kleines Fräuleinwunder

Immer mehr junge deutsche Profi-Golferinnen setzen sich auf der lukrativen amerikanischen LPGA-Tour durch. Doch auf der US-Tour können sie keinerlei Punkte sammeln, um sich für die europäische Solheim-Cup-Mannschaft zu qualifizieren. Und der findet ausgerechnet in der Heimat statt.

Von Jürgen Kalwa | 03.01.2015
    Auf dem schwierigen Weg ganz nach oben gibt es für deutsche Profigolferinnen eigentlich nur eine Option. Wer in die Weltspitze will, muss nach Amerika gehen und dort auf der Tour der Ladies Professional Golf Association, kurz LPGA, spielen.
    Und muss mit dem Tross auch nach Asien fliegen, wohin die Tour ausgiebige Abstecher macht. Für Caroline Masson aus Gladbeck hat sich das im Oktober sehr rentiert. Da gewann sie auf der chinesischen Insel Hainan mit einem zweiten Platz ein Preisgeld von 183.000 Dollar.
    Es war der finanziell bislang einträglichste Tag in der Karriere der 25-Jährigen, die seit vier Jahren mit dem Golfspiel ihren Lebensunterhalt bestreitet. Die Summe war fast dreimal so hoch wie bei ihrem ersten und bislang einzigen Turniererfolg auf der europäischen Tour im Jahr 2012.
    Der weite Weg zum Erfolg
    Doch Geld ist manchmal nicht alles. Das wichtigste an dem Sieg war das gewonnene Selbstvertrauen. Denn bis dahin lautete ihr Motto: "Bevor ich nicht in Europa gewinne, muss ich da auch gar nicht ankommen. Dann habe ich da auch gar nichts zu suchen."
    Nun packte sie neue Ziele an. "Das hat mir gezeigt, ja, Caro, du bist gut genug. Insofern war das für die weitere Karriere ein Schlüsselmoment."
    Seit zwei Jahren liegt ihr neuer Lebensmittelpunkt in Orlando in Florida. Allein unter Fremden? Nein. Das nicht. Sie und ihr amerikanischer Caddie Jason McDede sind auch im Privatleben ein Paar. "Ja, es ist sehr angenehm, bei der vielen Reiserei jemanden dabei zu haben, mit dem man sich natürlich gut versteht, mit dem man alles zusammen erleben kann, auch Spaß hat und durch bessere und vielleicht auch mal durch schlechtere Zeiten geht. Auf dem Golfplatz ist es ein Job. Und abseits vom Golfplatz ist es dann einfach eine ganz normale Beziehung."
    Jeder findet für das Leben in Amerika eine andere Strategie. Und andere Begleiter. Für Sandra Gal aus Leichlingen ist es seit ein paar Monaten eine kleine Hündin der Rasse Australian Shepherd. Das Zusammenleben der beiden können Neugierige ganz einfach auf Instagram verfolgen. Dazu pflegt sie neben dem Golfspiel ein paar Neigungen. Sie malt, sie singt, und sie tritt bisweilen bei Galaabenden der LPGA als Interviewerin auf.
    "...and I am Sandra Gal. We're here tonight to talk to some of the stars of the evening. We are back again with Nathalie Gulbis..."
    Gal war nach dem Abitur mit einem Stipendium an die University of Florida gegangen und danach geblieben. In der LPGA konnte sich die 29-Jährige seitdem im oberen Mittelfeld etablieren. Geht man nach der Weltrangliste, ist sie aktuell die beste Deutsche - auf dem 50. Platz.
    Popov komplettiert das deutsche Trio
    Ab Januar wird dieses Kontingent weiter wachsen. Was fast schon einem kleinen Fräuleinwunder gleichkommt. Die dritte Deutsche: Sophia Popov. Sie hatte ebenfalls mit einem Stipendium in den USA studiert - an der University of Southern California in Los Angeles. Beeindruckend die Bilanz: Sie wurde in vier Jahren mit der Mannschaft einmal amerikanische College-Meisterin und zweimal Zweite.
    Mit wieviel Drive die 22-Jährige aus Weingarten bei Mannheim in ihre Profi-Laufbahn geht, zeigte sie im Laufe der letzten Wochen. Da erkämpfte sie sich zunächst die Spielberechtigung für die amerikanische Tour und dann bei einem Turnier in Marokko kurz vor Weihnachten auch noch die für die europäische. Drive ist übrigens ein gutes Stichwort. Ihre Stärken? "Ich denke mal, es ist Ehrgeiz und gleichzeitig ein relativ athletischer Schwung. Ich kann den Ball relativ weit hauen. Den Driver haue ich so 270 Yards. Das sind so knapp 250 Meter."
    Mit derart langen Abschlägen liegt man auf der LPGA-Tour schon gleich mit vorne. Aber das alleine reicht noch nicht. Schon gar nicht zu einer Teilnahme an einem Prestige-Turnier, das in diesem Jahr zum ersten Mal in Deutschland ausgetragen wird. In St. Leon-Rot bei Heidelberg, dem Heimatplatz von Sophia Popov. Es handelt sich um den Solheim Cup - dem Gegenstück der Frauen zum Ryder Cup der Männer. Gal war beim Sieg 2011 in Irland dabei. Masson bei der Pokalverteidigung in Colorado 2013.
    Keine Punkte für den Solheim Cup
    Es war ein Highlight für die Gladbeckerin: "Einfach, weil es eine coole Woche ist. Es ist ein Team-Event. Natürlich ganz anders als jede andere Woche, als jedes andere Turnier, was wir spielen."
    Doch sich erneut für den Cup zu qualifizieren, ist nicht einfach. Denn auf der amerikanischen Tour gibt es keine Qualifikationspunkte für die europäische Mannschaft zu ernten. Würde heute abgerechnet, kämen Gal und Masson - wenn auch nur knapp - auch über das zweite Wertungsverfahren ins Team, das auf der Weltranglistenposition beruht.
    Sie müssten auf eine sogenannte Wild Card hoffen, von denen Team Captain Carin Koch immerhin vier zur Verfügung hat. Daraus dass sich die Schwedin mit dem Nachwuchstalent Popov schon ausgiebig über deren Kenntnisse des Platzes ausgetauscht hat, kann man nichts schlussfolgern. Wie dem auch sei. Sophia Popov will im September auf jeden Fall vor Ort sein, sagt sie. Und sei es einfach nur als Zuschauerin.