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Gottesdienst mit Segelschiff

In Waldringfield im Südwesten Englands wird einmal im Jahr ein ungewöhnlicher Gottesdienst gefeiert: Am Ende einer Regatta gibt der Vikar der Gemeinde und den Seefahrern seinen Segen - vom Schiff aus.

Von Stephanie Damm und Markus Detmer |
    "Mein Name ist Gordon Harrison. Ich bin der Präsident des Waldringfield Segelklubs. Und einmal pro Jahr, am Ende der Regatta, findet direkt vor dem Klub, wo die Schiffe ankern, ein Gottesdienst für Seeleute statt. Möglicherweise können sie sie noch nicht sehen, aber bald werden sie dort viele Schiffe sehen, die sehr langsam auf dem Fluss näherkommen, über und über geschmückt mit Flaggen und Wimpeln und auf einem der Boote ist der örtliche Vikar und der Bischof. Sie werden hier ankern und werden den Gottesdienst um 6.30 Uhr beginnen. Und wenn die Sonne scheint, was unglücklicherweise heute nicht der Fall ist, ist dies eine sehr schöne und attraktive Sache."

    Ausgestattet mit Regenschirmen und Thermoskanne hat sich bereits ein älteres Ehepaar auf mitgebrachten Klappstühlen am vordersten Rand des schmalen Grünstreifens zwischen Bootshaus und Strand positioniert.

    "Ja, wir kommen jedes Jahr hier her, weil wir die Boote lieben, die See, den Gottesdienst und die Atmosphäre. Nur, dass sonst immer die Sonne schien, vielleicht tut sie es heute nicht."

    Auf der Terrasse des hölzernen Bootshauses bereitet sich die Brassband der Nachbargemeinde auf ihren Auftritt vor. Spielt man zu diesem Anlass besondere Hymnen, will ich vom Posaunisten wissen.

    "Oh, ja, sie haben in der Regel einen Bezug zu den Seeleuten auf dem Wasser, wie 'Mag Dein Anker uns halten' und 'Ewiger Vater, deine Stärke errettet uns' - für jene in Gefahr auf hoher See. Ja, es bietet sich an, solche Hymnen zu spielen."

    Die Sekretärin des Segelclubs scheint besorgt. Abwechselnd schaut sie in Richtung Himmel und zum Weg, der über den Hügel vom Dorf herkommt.

    "Es werden viel mehr Menschen kommen, da bin ich sicher. Alle Dorfbewohner kommen und manche kommen seit 30, 40 Jahren. Manche ältere Menschen mögen es sich zweimal überlegen, weil sie denken, dass es regnen könnte, aber es wird nicht regnen. Nein, wir lassen es nicht regnen, bevor es zu Ende ist."

    Ein Paar, das es sich auf einer karierten Decke und Kissen im Sand bequem gemacht hat, erklärt mir, woher die besondere Verbundenheit der Bewohner Waldringfields mit der Andacht auf dem Wasser kommt.

    Frau: "Ich denke, es ist, weil das Dorf am Fluss liegt. Und Referent Wallers Vater begann die Andacht am Strand, weil sie ihr ganzes Leben Seeleute waren, würdest du das auch sagen?"

    Mann: "Absolut, und John Waller hat zwei Schiffe auf dem Fluss, eines heißt 'Jesus' und eines irgendwie sonst. Und er ist ein leidenschaftlicher Seemann und hat sein ganzes Leben auf dem Fluss verbracht. Also ist es für ihn eigentlich eine sehr normale Sache, dies zu tun."

    Frau: "Exzentrisch, aber wunderbar."

    Mittlerweile ankert Referent Waller samt Bischof, heute auf einem Schiff namens "Mars" und umringt von Dutzenden geschmückten Booten in circa 20 Metern Entfernung vor dem Bootshaus.

    "Ich hoffe, Ihr könnt mich alle hören. Es gibt gute Nachrichten: Die Amerikaner brachten einst den ersten Menschen zum Mond, heute dafür die Briten den ersten Bischof auf den Mars. Wenn nun bitte die Glocke geläutet wird als Ankündigung, die erste Strophe der Nationalhymne zu singen."

    "Ein Gebet für alle Seefahrer: Wir beten zu Gott für alle Seefahrer, die ihre Pflicht erfüllen und sich der Gefahr ihrer Aufgabe stellen, für die Offiziere der Königlichen Kriegs- und Handelsmarine. Die Kirche bittet für alle Seeleute, zu Hause und auf hoher See, alle Arbeiter in den Docks und Häfen, die Besatzungen der Bergungshubschrauber und Rettungsboote, die Küstenwache, die unsere Küsten beschützt. Gewähre ihnen allen Gottes Stärke und Schutz. Stehe Gott ihnen bei in der Stunde der größten Not. Im Namen des Herrn, Jesus Christus, Amen."

    "Herzlichen Dank, Bischof Neigel and Carolin, dass ihr bei uns wart, zu diesem Gottesdienst. Besten Dank auch der Band, seid gesegnet, und danke euch allen, dass ihr hier seid und uns unterstützt habt. Ich weiß, das Wetter sah ein wenig zweifelhaft aus, aber ich bin glücklich, dass ihr den Mut hattet zu kommen - und ihr wurdet belohnt. Kommt sicher nach Hause, danke."

    Inzwischen hat es tatsächlich begonnen zu regnen. Und es dauert trotzdem lange, bis John Waller mit einem kleinen Boot an den Strand gebracht wurde, die vielen guten Wünsche der Gemeindemitglieder entgegengenommen hat und sich langsam dem Bootshaus nähert. Er erzählt die Geschichte des Gottesdienstes von seinem Vater ab weiter.

    "Mein Vater brachte den Gottesdienst 1949 an den Strand. Und als ich hier 1974 begann, brachte ich ihn auf das Wasser, weil ich meinte, es sollte schriftgetreu sein. Der Herr sprach zu den Menschen und entfernte sich ein wenig von der Küste. Und das ist es, was wir hier tun."

    "Für eine Minute dachte ich, wir werden nass! Aber genau, als der Bischof seine Predigt beendet hatte, und seinen Segen gab, begann es zu regnen."

    Glück gehabt, und was gefiel ihm noch besonders an diesem Tag?

    "Wenn man hier predigt, hört man das Pling der Bierflaschen, was man sonst eigentlich nicht hört während des Gottesdienstes. Und man spürt, dass die Gemeinde völlig entspannt ist."
    Regatta-Gottesdienst am Fluss Devon im Südwesten Englands.
    Locke Stimmung beim Segen ... (Stephanie Damm)