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Gottschalk auf Twitter
"Er holt die Leute im Internet geisteskrank ab"

Wer Thomas Gottschalk im Fernsehen vermisst, kommt mittlerweile bei Twitter auf seine Kosten. Die typischen Thommy-Sprüche lässt er seit einigen Monaten per Tweet raus - und hat sich dadurch eine neue Fangemeinde geschaffen.

Von Benjamin Weber | 31.08.2017
    Der Moderator Thomas Gottschalk am 06.07.2017 in Köln bei einem Pressetermin zur Veranstaltung von WDR COSMO in Kooperation mit dem Freundeskreis #FreeDeniz - ein Abend der Solidarität mit Deniz Yücel und weiteren inhaftierten Journalistinnen und Journalisten in der Türkei. Unter dem Titel „Wir wollen das Meer sehen - Deniz’i görmek istiyoruz“ lesen namhafte Moderatoren und Comedians, Autoren und Schauspieler Texte von Deniz Yücel und weiteren inhaftierten türkischen Autoren. Foto: Horst Galuschka Foto: Horst Galuschka/dpa | Verwendung weltweit
    Thomas Gottschalk - ist auf Twitter auch politisch (dpa)
    Im Frühjahr 2015 erscheint die Autobiographie von Thomas Gottschalk. Titel: Herbstblond. Seine Lektorin, Else Buschheuer, legt zu diesem Anlass einen Twitter-Account für ihn an - der auch @herbstblond heißt. Thomas Gottschalk selber ist zu diesem Zeitpunkt eher skeptisch.
    "Na, ich hab Twitter erst gar nicht so richtig begriffen. Also die Else hat das mit dem Buch zusammen eingerichtet, weil man natürlich das heute als Werbemittel einfach automatisch dazu nimmt, bei allem, was man tut. Und ich hab das einfach vergammeln lassen. Und hab mich auch nicht dafür interessiert und dachte: Naja gut, bei meinen 20 Millionen "Wetten Dass..?"-Zuschauern muss ich jetzt nicht 5.000-Twitter-Followern nachrennen."
    Twitter-Tommy ist geboren
    Doch - zwei Jahre später plötzlich twittert Gottschalk ein Foto. Es zeigt ihn, grinsend, im Hintergrund: eine pittoreske Bergkulisse. Der Text dazu:
    "'Hier seht ihr den Vatter vorn und hinter mir das #Matterhorn', das Foto hatte ich auch selber gemacht. Hab ich das reingesetzt - und dann hab ich festgestellt, dass da wirklich ein lustiges Völkchen unterwegs ist. Und das hat mir auch ein bisschen die Augen was Social Media betrifft geöffnet."
    Twitter-Tommy ist geboren. Seitdem twittert er regelmäßig - und viel. Fotos vom Ausflug zum Möbelhaus, Fotos mit Stars wie Katy Perry und Mike Krüger, Fotos aus dem Fitnessraum zuhause in Malibu - übrigens mit überlebensgroßem ZDF-Plakat von sich selbst an der Wand. Ab und zu dichtet er kleine Drei- oder Vierzeiler. Immer wieder Thema ist auch sein Alter, das im Vergleich zu dem der Follower sehr hoch ist - was Gottschalk natürlich genau weiß. Es fühlt sich an wie früher: Tommy ist lustig, selbstironisch, ein bisschen gaga, ein bisschen mahnende Vernunft.
    Der Audimax-Humor aus den Studentenzeiten
    Denn - @herbstblond ist auch politisch. Er ärgert sich über die G20-Krawalle. Über #fedidwgugl, den Wahlkampf-Hashtag der CDU, macht er sich lustig. Und er zeigt sich solidarisch mit dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel.
    Während andere Prominente Agenturen beschäftigen, die ihre Social Media-Auftritte pflegen, ist Gottschalk höchstpersönlich am Start. Die Resonanz sei super, sagt er - vor allem auf die lustigen Sachen.
    "Eine gewisse Albernheit, eine gewisse Blödheit, was ich so in meinen Studentenzeiten erlebt habe, so dieser Audimax-Humor, der ist auf Twitter noch unterwegs. Und das macht mir großen Spaß. Und dass ich da auch im Wesentlichen auch mitkomme und partizipiere, und dass das begriffen wird von manchen Followern, das gefällt mir richtig gut."
    Gefällt auch jungen Twitter-Nutzern
    Überraschenderweise ist es nicht nur ein in die Jahre gekommenes ZDF-Publikum, das ihm folgt. Sondern es sind gerade die jungen Twitter-Nutzer, die sich für ihn begeistern. An ihnen hat auch Gottschalk Gefallen gefunden, vor allem an @KurtProedel, einer Art Gallionsfigur einer Szene, die auf Twitter einen ironisch gebrochenen Meta-Humor pflegt. Unlängst schrieb Gottschalk: #ohnetwitter wäre @KurtProedel nie in mein Leben getreten.
    Diese Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit. @KurtProedel, der @mediasres nur schriftlich Auskunft gibt, schreibt: "Tommys Account ist sehr sehr wichtig & richtig. Er holt die Leute im Internet geisteskrank ab, weil er echt und authentisch ist, er mit Herz grindet jenseits von aufgezwungenen Normen. Er ist einfach Mensch geblieben".
    "Freundlich-tütteliger Onkel-Stil"
    Und in der Tat - der Account von Thomas Gottschalk ist auch deswegen so faszinierend, weil er offen und relativ ungefiltert Botschaften raushaut. Er versucht erst gar nicht, sich durch Verstellen dem Medium anzupassen. Seine Follower finden das gut.
    "Ich hab natürlich auch nicht den Stil, den man auf Twitter pflegt. Aber ich hab da so'n bisschen so'n freundlich-tütteligen Onkel-Stil, den ich ja immer hatte, und der funktioniert noch. Also wenn da irgendeiner, das ist ja ganz faszinierend, bei so ‘nem Tweet dann zoomt und sieht, dass ich da ne besondere Uhr umhab' und der dann schreibt 'amtlicher Wecker, Tommy', das find ich lustig."