Nicht Beethoven, nicht Brahms, nicht Bruckner, sondern der Ball steht an diesem schwülen Nachmittag im Mittelpunkt: Die Berliner Orchester spielen ihren Meister aus. Sportlich - nicht musikalisch. Wobei diese Begriffe für die meisten Teilnehmer eng zusammen gehören.
Am Spielfeldrand steht Philipp Bohnen, seit vier Jahren Mitglied der Berliner Philharmoniker, des vielleicht besten Orchesters der Welt. Während seiner Arbeit trägt der 27-Jährige für gewöhnlich einen Frack, an diesem Nachmittag hat er sich ein blaues Trikot übergestreift. Bohnen tritt gegen einen Ball, sonst streicht er die Seiten einer Violine, erbaut von Giovanni Guadagnini, vor 250 Jahren. In seiner Freizeit spielt Bohnen Tennis und Squash. Er geht Laufen, fährt Snowboard oder lange Strecken mit dem Rad. Er braucht den Sport, auch für seine Musik.
"Man lernt von klein auf doch auf seinen Körper zu achten. Man muss dann nicht immer gleich zum Arzt gehen, das sind ja meist nur irgendwelche Verspannungen, die da ein bisschen zwicken. Und die muss man dann einfach bewusst versuchen zu lösen, durch Entspannungstechniken oder halt eben durch Sport. Beim Radfahren in den Bergen vor allen Dingen ist es für mich besonders toll, weil man konzentriert sich einfach auf was ganz Simples, einfach nur den Berg raufzukommen. Irgendwie hilft mir das auch beim Geigen dann. Wenn ich ein schwieriges Stück vor meiner Nase habe, und dann weiß ich aber: Hey, ist eigentlich kein Problem, ich bin ja schon tausend Meter hochgefahren, dann kann ich auch ein bisschen entspannt eine Stelle üben. Und das geht mit einer gewissen Gelassenheit einfach besser."
Neben der Philharmonie ist das Konzerthaus am Gendarmenmarkt die wichtigste Berliner Adresse für klassische Musik. Das Konzerthausorchester hat zweimal die Fußballmeisterschaft gewonnen, auch dank des Kapitäns Timo Steininger. Der 27-Jährige spielt seit 21 Jahren Horn. Wie auch im Fußball üblich, hat er sich in der Musik Schritt für Schritt an die Spitze gespielt. Seine Stationen zum Profi: Landesjugendorchester Baden-Württemberg, Bundesjugendorchester, Junge Deutsche Philharmonie, Studentenauswahlorchester Europa, schließlich Konzerthausorchester Berlin. Viele Kollegen Steiningers haben es schwerer auf der Suche nach einem Stammplatz: die Planstellen der Orchester sind begehrt, so reisen sie von Probespiel zu Probespiel. Unter großem Druck, mental und finanziell, sagt Timo Steininger:
"Ich würde sogar sagen, dass die kleinen Fehler sogar noch direkter bestraft werden, außer man macht einen fatalen Rückpass. Da kann es schon nach zwei Minuten vorbei sein, in der ersten Runde, wenn die Konkurrenz einfach stark ist. Ich habe auch eine Phase gehabt, noch als Jugendlicher, wo ich da wirklich hart dran gearbeitet habe. Aber im Studium ging es dann in kleinen Schritten voran und auch mit kleinen Erfolgen, so dass ich zum Glück nicht so viele Probespiele gebraucht habe. Großen Anteil hat auch der Professor, der einen gut einstellt auf die Probespiele und auch den Zeitpunkt, wann man ein Probespiel macht, richtig wählt. Wenn man noch nicht so weit ist, und viele Niederlagen verkraften muss, ist das auch nicht so gut. Wenn es zu spät ist, hat man auch einen sehr großen Druck. Also ich war noch mitten im Studium, als ich die Stelle gekriegt habe."
In den Konzerthäusern herrscht konzentrierte Stille, im Stadion in Prenzlauer Berg tönen die Vuvuzelas. Philipp Bohnen ist eines der jüngsten Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Jedes Orchester mit seinen mehr als einhundert Charakteren hat eine Hierarchie. Bohnen nutzt das Fußballturnier, um seine musikalischen Kollegen in einem anderen Rahmen kennenzulernen. Er möchte sie besser verstehen. Das Zusammenspiel auf dem Rasen fördert den Teamgeist auf den Bühnen. Die Philharmoniker proben jedes Detail, auf Tourneen in der ganzen Welt verbringen sie viel Zeit miteinander. Von Konkurrenz will Philipp Bohnen jedoch nichts wissen.
"Das ist jetzt nicht so wie bei einer Fußballprofimannschaft, wo man sich jetzt auch im Training gegen den anderen behaupten muss. Das ist bei uns natürlich überhaupt nicht so, wir spielen miteinander. Es darf bei uns nicht so sein, dass einer heraus sticht aus dem Gruppenklang. Das ist also in dem Fall anders als im Fußball. Wir dürfen in unserer Gruppe keinen Lionel Messi haben, der immer zu hören ist und alles ein bisschen schneller und noch ein bisschen besonderer spielt als alle anderen. Sondern wir müssen uns wirklich zusammenfinden."
So umkämpft die Bundesliga ist, so umkämpft ist der klassische Musikmarkt in der Hauptstadt. Doch davon ist bei der Fußballmeisterschaft wenig zu spüren. Die Musiker kennen sich und schätzen einander. Timo Steininger aus dem Konzerthausorchester hat Freunde in allen Orchestern. Konkurrenz gebe es weniger zwischen den Musikern, sondern eher zwischen den Führungsetagen. Denn Opern und Orchester ringen um staatliche Subventionen.
"Bisschen Konkurrenz lässt sich nicht vermeiden, weil es natürlich auch um Zuschauerzahlen geht, die sehr wichtig sind. Es geht da auch um Bezuschussungen der einzelnen Häuser. Ich würde da mal die Opern vergleichen, die nicht ganz gerecht behandelt werden. Aber letztendlich sollten wir doch alle in die gleiche Richtung gehen."
Die Orchestermeisterschaft 2011 gewinnen am Ende die Berliner Philharmoniker, im Finale gegen das Konzerthausorchester. Im Fußball entscheiden Tore über Sieg und Niederlage. In der Musik hingegen ist der Erfolg relativ.
Am Spielfeldrand steht Philipp Bohnen, seit vier Jahren Mitglied der Berliner Philharmoniker, des vielleicht besten Orchesters der Welt. Während seiner Arbeit trägt der 27-Jährige für gewöhnlich einen Frack, an diesem Nachmittag hat er sich ein blaues Trikot übergestreift. Bohnen tritt gegen einen Ball, sonst streicht er die Seiten einer Violine, erbaut von Giovanni Guadagnini, vor 250 Jahren. In seiner Freizeit spielt Bohnen Tennis und Squash. Er geht Laufen, fährt Snowboard oder lange Strecken mit dem Rad. Er braucht den Sport, auch für seine Musik.
"Man lernt von klein auf doch auf seinen Körper zu achten. Man muss dann nicht immer gleich zum Arzt gehen, das sind ja meist nur irgendwelche Verspannungen, die da ein bisschen zwicken. Und die muss man dann einfach bewusst versuchen zu lösen, durch Entspannungstechniken oder halt eben durch Sport. Beim Radfahren in den Bergen vor allen Dingen ist es für mich besonders toll, weil man konzentriert sich einfach auf was ganz Simples, einfach nur den Berg raufzukommen. Irgendwie hilft mir das auch beim Geigen dann. Wenn ich ein schwieriges Stück vor meiner Nase habe, und dann weiß ich aber: Hey, ist eigentlich kein Problem, ich bin ja schon tausend Meter hochgefahren, dann kann ich auch ein bisschen entspannt eine Stelle üben. Und das geht mit einer gewissen Gelassenheit einfach besser."
Neben der Philharmonie ist das Konzerthaus am Gendarmenmarkt die wichtigste Berliner Adresse für klassische Musik. Das Konzerthausorchester hat zweimal die Fußballmeisterschaft gewonnen, auch dank des Kapitäns Timo Steininger. Der 27-Jährige spielt seit 21 Jahren Horn. Wie auch im Fußball üblich, hat er sich in der Musik Schritt für Schritt an die Spitze gespielt. Seine Stationen zum Profi: Landesjugendorchester Baden-Württemberg, Bundesjugendorchester, Junge Deutsche Philharmonie, Studentenauswahlorchester Europa, schließlich Konzerthausorchester Berlin. Viele Kollegen Steiningers haben es schwerer auf der Suche nach einem Stammplatz: die Planstellen der Orchester sind begehrt, so reisen sie von Probespiel zu Probespiel. Unter großem Druck, mental und finanziell, sagt Timo Steininger:
"Ich würde sogar sagen, dass die kleinen Fehler sogar noch direkter bestraft werden, außer man macht einen fatalen Rückpass. Da kann es schon nach zwei Minuten vorbei sein, in der ersten Runde, wenn die Konkurrenz einfach stark ist. Ich habe auch eine Phase gehabt, noch als Jugendlicher, wo ich da wirklich hart dran gearbeitet habe. Aber im Studium ging es dann in kleinen Schritten voran und auch mit kleinen Erfolgen, so dass ich zum Glück nicht so viele Probespiele gebraucht habe. Großen Anteil hat auch der Professor, der einen gut einstellt auf die Probespiele und auch den Zeitpunkt, wann man ein Probespiel macht, richtig wählt. Wenn man noch nicht so weit ist, und viele Niederlagen verkraften muss, ist das auch nicht so gut. Wenn es zu spät ist, hat man auch einen sehr großen Druck. Also ich war noch mitten im Studium, als ich die Stelle gekriegt habe."
In den Konzerthäusern herrscht konzentrierte Stille, im Stadion in Prenzlauer Berg tönen die Vuvuzelas. Philipp Bohnen ist eines der jüngsten Mitglieder der Berliner Philharmoniker. Jedes Orchester mit seinen mehr als einhundert Charakteren hat eine Hierarchie. Bohnen nutzt das Fußballturnier, um seine musikalischen Kollegen in einem anderen Rahmen kennenzulernen. Er möchte sie besser verstehen. Das Zusammenspiel auf dem Rasen fördert den Teamgeist auf den Bühnen. Die Philharmoniker proben jedes Detail, auf Tourneen in der ganzen Welt verbringen sie viel Zeit miteinander. Von Konkurrenz will Philipp Bohnen jedoch nichts wissen.
"Das ist jetzt nicht so wie bei einer Fußballprofimannschaft, wo man sich jetzt auch im Training gegen den anderen behaupten muss. Das ist bei uns natürlich überhaupt nicht so, wir spielen miteinander. Es darf bei uns nicht so sein, dass einer heraus sticht aus dem Gruppenklang. Das ist also in dem Fall anders als im Fußball. Wir dürfen in unserer Gruppe keinen Lionel Messi haben, der immer zu hören ist und alles ein bisschen schneller und noch ein bisschen besonderer spielt als alle anderen. Sondern wir müssen uns wirklich zusammenfinden."
So umkämpft die Bundesliga ist, so umkämpft ist der klassische Musikmarkt in der Hauptstadt. Doch davon ist bei der Fußballmeisterschaft wenig zu spüren. Die Musiker kennen sich und schätzen einander. Timo Steininger aus dem Konzerthausorchester hat Freunde in allen Orchestern. Konkurrenz gebe es weniger zwischen den Musikern, sondern eher zwischen den Führungsetagen. Denn Opern und Orchester ringen um staatliche Subventionen.
"Bisschen Konkurrenz lässt sich nicht vermeiden, weil es natürlich auch um Zuschauerzahlen geht, die sehr wichtig sind. Es geht da auch um Bezuschussungen der einzelnen Häuser. Ich würde da mal die Opern vergleichen, die nicht ganz gerecht behandelt werden. Aber letztendlich sollten wir doch alle in die gleiche Richtung gehen."
Die Orchestermeisterschaft 2011 gewinnen am Ende die Berliner Philharmoniker, im Finale gegen das Konzerthausorchester. Im Fußball entscheiden Tore über Sieg und Niederlage. In der Musik hingegen ist der Erfolg relativ.