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Greenpeace-Kampagne
Kleidungshersteller verzichten auf Giftstoffe

Viele Kleidungsstücke werden unter Verwendung giftiger Substanzen hergestellt. In den Produktionsländern sind längst Flüsse und der Fischbestand belastet. Mit einer sogenannten Detox-Kampagne versucht Greenpeace bei den Herstellern ein Umdenken einzuleiten. Mit überraschenden Ergebnissen.

Von Axel Schröder | 19.03.2015
    Etwa 20 Arbeiterinnen konzentrieren sich an einem langen Tisch auf ihre Nähmaschinen.
    Näherinnen in einer Fabrik im ostchinesischen Huaibei (dpa / picture alliance / Xie Zhengyi)
    Kirsten Brodde von Greenpeace ist angesichts des Erfolgs der eigenen Arbeit eigentlich sehr zufrieden. Seit drei Jahren macht die Umweltschutzorganisation mit ihrer so genannten Detox-Kampagne darauf aufmerksam, dass bei der Produktion vieler Kleidungsstücke giftige Substanzen eingesetzt werden. Nun haben einige Firmen auf den Druck der Kampagne reagiert:
    "Ausgerechnet die vielfach geschmähten Billigketten wie H&M und Zara oder auch C&A schneiden gut ab. Genauso wie die Sportartikel-Firmen wie Adidas und Puma. Mein Eindruck ist, dass, wenn große Firme anfangen wirklich einen anderen Gang einzulegen in der Produktion, dann nehmen sie das auch ernst. Sie stecken Zeit rein, sie stecken Geld rein. Und dann kommen sie auch voran."
    Nachweise in chinesischen Flüssen
    In den letzten Jahren, so Kirsten Brodde, hat sie in über einhundert Treffen mit Kleidungs- und Mode-Ketten über die Gefahren von Chemikalien bei der Produktion aufgeklärt und Alternativen aufgezeigt. Als Beispiel nennt sie den Stoff Nonylphenolethoxylat. Der Stoff wird beim Färben und Auswaschen, bei der Behandlung von Oberflächen oder beim Herstellen von aufgedruckten Schriftzügen und Mustern eingesetzt. Diese Nonylphenolethoxylate wandeln sich nach der Einleitung in Flüsse und Seen in giftiges und hormonell aktives Nonylphenol. Und das, so Kirsten Broddes Kollege Manfred Santen, könne man zum Beispiel in der Nähe der chinesischen Fabriken an den Ufern des Jangtse-Flusses oder im Pearl River nachweisen:
    "Greenpeace China hat vor zwei Jahren festgestellt, dass Nonylphenol und perfluorierte Kohlenwasserstoffe im Fluss nachzuweisen sind. Und hat im vergangenen Jahr eine Studie rausgegeben, in der festgestellt wurde, dass Fische mit Nonylphenol belastet sind. Und zwar in Regionen, in denen Millionen von Menschen leben, die ihre Nahrungsmittel aus dem Fluss gewinnen. Das heißt, für die sind Fische das Hauptnahrungsmittel."
    Probleme nur in den Produktionsländern
    Die Giftstoffe verursachen also in den Produktionsländern Probleme. Das Tragen der mit Nonylphenolethoxylat behandelten Kleidung ist dagegen nicht gesundheitsgefährdend, betont auch Kirsten Brodde. Dass insgesamt 16 Kleidungshersteller – von H&M und Adidas über Esprit und C&A bis hin zu Esprit und Benetton – nun bei ihren Produkten auf Giftstoffe verzichten, ist für Greenpeace kein Grund, ihre Detox-Kampagne zu beenden. Denn noch immer setzen zum Beispiel Nike und die chinesische Marke Li-Ning die Stoffe weiterhin ein, obwohl sie sich nach außen ein Grünes Image geben wollen. Auch Firmen aus dem Premium-Segment, darunter Versace, Louis Vuitton oder Hermes haben die Umweltschützer immer wieder Gesprächsangebote gemacht, so Kirste Brodde:
    "Trotzdem muss ich sagen, sind besonders die teuren Firmen sehr zurückhaltend, sich auf ein Detox-Commitment einzulassen. Und das, obwohl ja ihre teuren Verkaufspreise eigentlich Spiel lassen müssten für saubere Produktion. Offensichtlich sind auch ihre Kunden möglicherweise nicht ausreichend daran interessiert, dass diese teuren Klamotten, die ja oft als Statussymbol getragen werden, wirklich giftfrei sind."
    Auf heute Morgen verschickte schriftliche Anfragen des Deutschlandfunks haben die Presseabteilungen von Versace, Lois Vuitton und Hermes bislang nicht reagiert. Die Detox-Kampagne von Kirsten Brodde und ihren Mitstreitern wird weitergehen.