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Grenzkontrollen
Nicht die Hilfspolizei für alle Schengen-Staaten

Bayerische Landespolizisten sollen den Kollegen in Tirol helfen, wenn Österreich Anfang Juli mit seinen angekündigten Kontrollen am Brenner Ernst macht. Das ist zumindest der Vorschlag des bayerischen Innenministers Joachim Hermann. Doch die Polizeigewerkschaft in Bayern findet das gar nicht gut und läuft Sturm.

Von Susanne Lettenbauer | 15.04.2016
    Lkws befahren den Brennerpass. Im Hintergrund die schneebedeckte Tannenwälder, im Vordergrund sieht man ein Schilder Richtung Brennersee und Obernberg Gries am Brenner
    Der Brennerpass zwischen dem österreichischen Tirol und der italienischen Autonomen Provinz Bozen in Südtirol (Deutschlandradio / Susanne Lettenbauer)
    "Ich halte von diesem Vorschlag überhaupt nichts." Der bayerische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft schäumt vor Entrüstung. Hermann Benker begann in den 1970er-Jahren seine Beamtenlaufbahn auf der Straße, aber so grenzwertig wie aktuell, war die Situation noch nie: "Es kann nicht sein, dass die bayerische Polizei von unserem bayerischen Innenminister quasi als Reparaturbetrieb für alle Schengenstaaten angeboten wird oder wir die Hilfspolizei für alle Schengen-Mitgliedstaaten sind."
    Er habe nichts gegen eine Mithilfe bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, sagt Benker. Seine Kollegen von Bundes- und Landespolizei könnten gern ihre Erfahrungen an den Kontrollstationen in Kiefersfelden und Piding weitergeben. Nur eben deutsche Beamte an fremden Grenzen sieht er doch als problematisch an, nicht nur historisch, auch personell gesehen. Sein Kollege Alexander Weggartner von der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck schrieb kürzlich einen Brandbrief an den Freistaat: "Die Basisdienststellen und Schichtdienst-Leistenden, da haben wir eine Fehl von 20 Prozent, das heißt, jeder fünfte Streifenwagen steht in der Garage, anstatt draußen für Sicherheit zu sorgen."
    Die Besuche zwischen Bayern und Österreich häufen sich
    Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann war das Angebot nur konsequent. Wenn der Bund die österreichisch-bayerischen Grenzkontrollen aufheben wolle, müsse man andere Möglichkeiten der Sicherung suchen: "Wir begrüßen grundsätzlich, dass Österreich die Absicht hat, am Brenner zu kontrollieren, wenn Italien die Situation nicht mehr im Griff behält."
    Noch ist unklar, wie viele Beamte Bayern in die Grenzberge schicken will oder ob es bei der politischen Absichtserklärung bleibt. Oder: Ob es nur eine Reaktion Richtung Bundesinnenminister Thomas de Maiziere ist, der die immer wieder von Bayern wie Sauerbier angebotene Landespolizei für die deutschen Grenzkontrollen abgelehnt hatte.
    Die Besuche zwischen Bayern, Österreich und dem Land Tirol häufen sich derzeit auffällig. Nach dem Besuch des Tiroler Landeshauptmannes Günther Platter Anfang März in München, empfing Platter jetzt seinerseits seinen Bayerischen Amtskollegen Horst Seehofer - mit allen protokollarischen Ehren. Nicht zuletzt ist heute der österreichischen Außenminister Sebastian Kurz zu Gast bei Ministerpräsident Seehofer. Seehofer betont gegenüber den Tirolern: "Wir profitieren von Eurem Tun und Eurer Entscheidung."
    Wenn nötig, mit Grenzzaun
    Am Brenner selbst schaut man skeptisch auf das Angebot aus Deutschland. Vielfahrer wie dieser Geschäftsmann empfinden die deutschen Grenzkontrollen als falsch geregelt: "Sehr wichtig ist, die Stau- und Stehzeiten zu minimieren. Man muss es auf jeden Fall besser machen, als man es am Walserberg macht, wo man irgendwo auf der Autobahn die Spur auf eine zusammenführt. Dass es da zu Staus kommt, ist ja klar. Das muss man hier einfach besser machen."
    Der Bürgermeister der österreichischen Grenzgemeinde Gries am Brenner Karl Mühlsteiger will einfach nur noch Ruhe für seine Bürger, egal wie: "Mir ist wichtig, dass die Sicherheit der heimischen Bevölkerung gewährleistet ist, wenn das nur mit einem Grenzzaun möglich ist, dann stehen wir voll und ganz dahinter."
    Bayerns oberster Polizeigewerkschafter Benker verweist zum Schluss noch auf ein Dilemma, in das man hoffentlich nie kommen werde: "Wenn Österreich es am Brenner nicht schafft, müssen wir hier in Bayern kontrollieren, und dann hätten wir erst recht keine Leute am Brenner, die Leute dort für Österreich zur Verfügung zu stellen."