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Grossbritannien
Ihre Majestät bittet zur Regierungserklärung

Eine irische Staatskutsche. Ein Parlamentarier als Geisel. Ein königlicher Bote, dem die Tür vor der Nase zugeschlagen wird. Wenn die britische Königin heute die Regierungserklärung des alten und neuen Premierministers David Cameron verliest, geht es ausgesprochen traditionell zu.

Von Jochen Spengler | 27.05.2015
    Die britische Königin Elizabeth II.
    Bewahrt die Tradition im britischen Parlament: Königin Elizabeth II. (dpa / picture alliance / Facundo Arrizabalaga)
    Auch wenn mit Spannung erwartet wird, welche Vorhaben es ins Regierungsprogramm geschafft haben - die formelle Zeremonie selbst ist so wie seit Jahrhunderten. In der irischen Staats-Kutsche und unter Kavalleriebegleitung fahren Queen und Duke of Edinburgh vom Buckingham Palast zum Parlament.
    Dort hat bereits die königliche Leibwache das Kellergewölbe nach Schießpulver durchsucht, damit sich nur ja nicht wiederhole, was vor 410 Jahren katholische Rebellen vergeblich versuchten: das Parlament mitsamt dem König in die Luft zu sprengen. Und solange die Königin nicht unversehrt in ihren Palast zurückgekehrt ist, wird ein Parlamentarier als Geisel im Buckingham Palast festgehalten.
    Willkommen zum farbenprächtigsten Ereignis des britischen Parlamentsjahrs. Gegen Mittag betritt die Monarchin den "Palace of Westminster" durch den Eingang des Herrschers. Sie zieht den Hermelinumhang und die purpurne Samtschleppe über und setzt die "Imperial State Crown" auf's Haupt, die in einer eigenen Kutsche vom Tower transportiert wurde.
    Die Königin bittet die Abgeordneten, ihr zuzuhören
    Dann nimmt Elizabeth die Zweite Platz auf ihrem Thron vor den Lords des Oberhauses und Ihr Bote macht sich auf den Weg zum Unterhaus, um auch die gewählten Abgeordneten zu bitten, der Rede ihrer Majestät beizuwohnen.
    Um die Unabhängigkeit des Parlaments vom Monarchen zu demonstrieren, wird dem Boten erst mal die Tür vor der Nase zugeschlagen, an die er dann mit seinem schwarzen Stab klopft. Möglichst wenig beflissen begeben sich schließlich die Abgeordneten zum Eingang des "House of Lords", wo die Queen das Programm Ihrer Regierung verkündet.
    Es ist seit 19 Jahren der erste Entwurf einer rein konservativen Regierung und Premierminister Cameron muss und will sich in fünf Jahren daran messen lassen, ob er die zahlreichen Versprechen im konservativen Wahlprogramm umgesetzt hat. Im Mittelpunkt steht die Wirtschaftspolitik und sein Credo hatte er unmittelbar nach dem Wahlsieg verkündet:
    "Wir können aus Großbritannien einen Ort machen, wo ein gutes Leben für jedermann erreichbar ist, der willens ist, zu arbeiten und das Richtige zu tun. Wir wollen drei Millionen Lehrstellen schaffen, mehr Hilfe bei der Kinderbetreuung organisieren, 30 Millionen Menschen unterstützen bei den Lebenshaltungskosten, indem wir ihre Steuern kürzen, Häuser bauen, damit die Leute in die Lage kommen, sie zu kaufen und zu besitzen, Millionen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, um den Menschen die Chance einer besseren Zukunft zu geben."
    Im Fokus: der Umgang mit der EU
    Ein Gesetz soll Steuerfreiheit für Mindestlohn-Jobs garantieren; geplant sind Steuersenkungen für Besserverdienende. Das Streikrecht soll eingeschränkt, der Höchstbetrag für Sozialleistungen verringert und mehr Schulen unter freier Trägerschaft genehmigt werden. Innenpolitisch wird der Kampf gegen den Extremismus verschärft und die Vorratsdatenspeicherung ermöglicht. Schottland, Wales, England und Nordirland erhalten mehr Selbstbestimmungsrechte, ebenso die Städte in Mittel- und Nordengland.
    Außenpolitisch im Fokus: der Umgang mit Europa. Dazu gehört die Absicht, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht länger als letzte Instanz in Menschenrechtsfragen anzuerkennen und natürlich: das EU-Referendum. Möglicherweise schon in dieser Woche wird die britische Regierung ein Referendums- Gesetz vorlegen, während der Premierminister in EU-Hauptstädten eine persönliche Charme-Offensive für die von ihm gewünschten EU-Reformen startet.