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Großbritannien
Kommission warnt vor Islam-Einfluss an Schulen

Fast ein Viertel der Bevölkerung von Birmingham ist muslimischen Glaubens. Ein Untersuchungsbericht des britischen Parlaments unter Leitung des ehemaligen Anti-Terror-Beauftragten Peter Clarke kommt nun zu dem Ergebnis, dass es Hinweise auf eine aggressive islamistische Agenda an einigen Schulen gebe.

Von Silvia Engels | 23.07.2014
    Porträtbild von Peter Clarke
    Peter Clarke, ehemaliger Anti-Terror-Beauftragter der britischen Regierung. (AFP)
    Lange Zeit galt die Park-View-Sekundarschule in Birmingham als Vorbild für gelungene Integration und Bildungsgerechtigkeit. Das britische Amt für Schulstandards (Ofsted) nannte sie ein herausragendes Beispiel für Bildungserfolg in einer benachteiligten Gegend. Fast 100 Prozent der Schüler sind muslimischen Glaubens. Auch die Töchter von Mohammed haben hier gelernt, erklärt er in der BBC:
    "Wir hatten mehrere Kinder an dieser Schule über die letzten elf Jahre. Man gewöhnt sich daran, wenn sie erzählen, dass dies oder jenes im Islam gelehrt wird oder seit neustem ein muslimisches Festival gefeiert wird. Das schleicht sich so ein. Aber wenn unsere Tochter fragt, warum Weihnachten an der Schule nicht gefeiert wird, so wie Freunde das an anderen Schulen tun, dann klingeln die Alarmglocken."
    Ähnliche Erfahrungen machte Sarah Hewitt-Clarkson, Schulleiterin der Anderson-Park-Grundschule, ebenfalls in Birmingham:
    "Ich hatte ein paar Schulbeiräte und ein, zwei Eltern in den letzten sieben Jahren, eine Handvoll Personen vielleicht. Sie setzten auf Spaltung; versuchten, die Schulleitung zu diskreditierten. Sie stellten auch immer wieder die gleichen Fragen. Zum Beispiel waren sie nicht einverstanden, dass die Schule an einem Shakespeare-Festival teilnimmt, oder sie fragten dauernd, warum wir nicht mehr Lehrer aus Pakistan haben. Wir stellen nicht anhand der Herkunft ein, wir gehen danach, wer der beste Lehrer ist."
    Medienberichte über Lehrer, die für Verschleierung werben
    Kein Einzelfall. In den Wochen darauf berichteten Medien über Fälle an anderen Schulen in Birmingham, in denen Lehrer oder Schulbeiräte für radikale islamistische Ideen geworben hätten, zum Beispiel für die Verschleierung von Frauen. Liberale Schulleiter seien zum Rücktritt gedrängt worden. Lange Zeit blieben Beschwerden von Eltern und Lehrern an die Stadt ohne Konsequenzen. Erst vergangene Woche stellte der Stadtrat von Birmingham den Bericht einer Untersuchungskommission vor. Er listet Belege für religiösen Extremismus an 13 Schulen auf. Die Leitung der Park-View-Sekundarschule ist mittlerweile suspendiert.
    Parallel dazu setzte die Regierung eine eigene Kommission unter Leitung des früheren Anti-Terror-Beauftragten Peter Clarke ein. Der legte gestern seinen Abschlussbericht vor:
    "Ich habe festgestellt, dass es eine Gruppe gibt, die ihre einflussreiche Position in Schulen dazu genutzt hat, über einige Jahre hinweg eine aggressive islamistische Agenda in einigen wenigen Schulen in Birmingham einzuführen."
    Die britische Bildungsministerin Nicky Morgan sprach im Unterhaus von einem beunruhigenden Bericht.
    "Lehrer haben erklärt, sie fürchten, dass Kinder lernen, intolerant gegenüber Andersdenkenden zu werden. Statt in der Schule bereichernde Erfahrungen zu machen, werden sie in ihrem Horizont eingeengt. Ihnen wird die Chance genommen sich in einem modernen, multikulturellen Großbritannien zu entfalten."
    Beweise für eine unmittelbare Radikalisierung oder gewalttätigen Extremismus habe der Bericht nicht erbracht, so Morgan. Sie betonte mehrfach, die überwältigende Mehrheit der britischen Muslime teile solche Ideen nicht.
    Kritik an der Regierung
    Tristam Hunt von der Labour-Opposition hält der Regierung vor, für die Zustände in Birmingham mitverantwortlich zu sein:
    "Die chaotische, deregulierte, zersplitterte Bildungspolitik dieser Regierung hat die Risiken einer Radikalisierung an englischen Schulen erhöht."
    Labour kritisiert, die Regierung habe die staatliche Schulaufsicht über Bildungsrichtlinien und Finanzierung jahrelang geschwächt.
    In Birmingham selbst ist die Reaktion geteilt. Einige Lehrer und Eltern stimmen dem Clarke-Bericht zu.
    Andere sehen darin einen Angriff auf ihre muslimisch geprägte Region. Zum Beispiel Shabina Bano , Elternbeirätin in einer der betroffenen Schulen:
    "Das ist eine Verschwörung, um die Stimmung in der muslimischen Gemeinde aufzuheizen, aber es gibt keine Beweise, was unsere Schulleitung und Lehrer getan haben sollen. Es sind nur Angriffe."
    Bildungsministerin Morgan hat angekündigt, einen Bevollmächtigten nach Birmingham zu entsenden. Er soll dem Stadtrat und dem Ministerium über die Zustände berichten.