Am Eingang der Züricher Ausstellung wird der Besucher von einem Koch begrüßt, der auf einem Teller Kartoffeln, Kotelett und Erbsen anbietet. Der Kellner zur Kunst? Die Kunst als gastronomische Veranstaltung? Obwohl es derlei Offerten derzeit mehr als genug gibt, verhält es hier etwas anders. Der Koch ist eine gänzlich in irrealem Gelb gehaltene Kunststoff-Figur, Handtuch, Mütze und Teller sind ebenfalls in diesem fahlen Migräne-Gelb, und die Skulptur steht vor dem schwarz-weißen, ausziselierten Doku-Siebdruck eines lauschig-dusteren Schwarzwaldhauses.
Später werden wir noch eine pechschwarze "heilige Katharina" treffen, die vor einer gedruckten Wand bläulich verfremdeter Efeublätter platziert ist, und einen weißlichen Riesen mit Keule vor einem abgerutschten Berghang – auch dies ein Siebdruck, diesmal ganz in Grün, nach einem Postkarten-Motiv. Diese Raumbilder wirken bühnenartig, eine theatralische Verfremdung, Verkünstlichung – und gehören zu den neuesten Arbeiten von Katharina Fritsch, die mit der Züricher Schau rund 20 Jahre ihres Werks resümiert:
"Ich denk, das hat sich bewegt von den Multiples über diese sehr großen einzelnen Skulpturen – wie die Tischgesellschaft und der Elefant – hin zu diesen (hier erstmalig in größerem Rahmen gezeigten) Szenarien. Die erlauben mir noch mehr mit der Atmosphäre, der Stimmung zu spielen als vorher."
Katharina Fritsch ist in den 1980er-Jahren mit ihren Warengestellen und überdimensionierten, monochromen Plastiken bekannt geworden: einem grünen lebensgroßen Elefanten etwa, abgegossen nach dem ausgestopften Objekt eines Naturkunde-Museums, der wie ein bizarres Denkmal im Raum steht. Oder mit jenen uniform-gelben kleinen Madonnen, die Nippes-Figuren nachempfunden sind. In übereinander angeordneten Etageren werden sie wie Massenware feilgeboten und formen ein turmartiges Gebilde, das immer ziemlich einsturzgefährdet wirkt.
Die jetzt 53-jährige Katharina Fritsch gehört zur seltenen Spezies der gutgelaunten Künstlerinnen, sie hat Spaß an der Provokation, mehr noch an der Irritation. Man steht seltsam befremdet vor diesen Objekten, die durch die monochrome Farbgebung ihre Individualität einbüßen und als reines Ding, als formal perfekte, aber anonyme Raumwesen vor uns stehen. Das wird auf die Spitze getrieben von einem 2004 entstandenen Ensemble, das als "Frau mit Hund" firmiert – sowohl die Dame als auch das Hündchen sind gänzlich aus Muschelformen zusammengesetzt, die Frau hellrosa gespritzt. Dazu gibt es dann seltsame Schirme und luftige Paris-Postkarten, die auch mit anderen Objekten frei kombinierbar sind.
Dieses Schweben zwischen Minimalismus und Pop, zwischen surrealem Witz und durchaus kunstmarkt-orientierter Unverschämtheit hat nun das Züricher Kunsthaus beflügelt, nicht nur eine fein inszenierte Mid-Career-Retrospektive zu veranstalten, sondern die Signora mit dem Hündchen auch gleich zu kaufen. In der luftigen Schau sind (außer natürlich dem kaum transportablen "Rattenkönig") die wichtigen Werke zu sehen: sogar die Frankfurter "Tischgesellschaft" von 1988 ist da, eine Vielzahl gesichtsloser Männer (eigentlich die Klone eines einzigen Mannes), die beidseits der Tafel vor einem meditativ mäandernden rot-weißen Tischtuch-Muster sitzen. Zu essen gibt es nichts, aber mancher Museumsbesucher fühlte sich trotzdem schon aufgefordert, sich zwischen diese Gestalten zu setzen – was natürlich die Philosophie der endlosen Wiederholung stört und streng verboten ist ...
Die Kuratorin Bice Curiger erzählt von der seltsamen Erfahrung, dass man sich beim Betrachten der Fritsch-Skulpturen den Werken selber anverwandelt: man wird das, was man sieht. Dieses Gefühl steht wahrscheinlich nur wahren Enthusiasten offen und ist dem Kritiker verwehrt.
Allerdings lässt die Perfektion der Fritsch-Figuren den komplizierten Herstellungsprozess völlig vergessen: was anfangs Körperabgüsse waren, wird heute per Body-Scan erledigt, vielfach aber auch mühevoll nachgearbeitet.
Fritschs neueste Arbeiten führen nun in den Garten der Kindheit, in zweifarbig flirrende Diptychen von Schwimmbädern und Parks, und in die Geschlechterdebatten: einerseits fallen da laszive, hypnotisierte Mädchen in die bedrohlichen Sex-Abgründe des 19.Jahrhunderts; andererseits halten sich männliche Pin-ups aus Ibiza bereit für die weiblichen Wünsche der Gegenwart. Katharina Fritsch macht's möglich.
Später werden wir noch eine pechschwarze "heilige Katharina" treffen, die vor einer gedruckten Wand bläulich verfremdeter Efeublätter platziert ist, und einen weißlichen Riesen mit Keule vor einem abgerutschten Berghang – auch dies ein Siebdruck, diesmal ganz in Grün, nach einem Postkarten-Motiv. Diese Raumbilder wirken bühnenartig, eine theatralische Verfremdung, Verkünstlichung – und gehören zu den neuesten Arbeiten von Katharina Fritsch, die mit der Züricher Schau rund 20 Jahre ihres Werks resümiert:
"Ich denk, das hat sich bewegt von den Multiples über diese sehr großen einzelnen Skulpturen – wie die Tischgesellschaft und der Elefant – hin zu diesen (hier erstmalig in größerem Rahmen gezeigten) Szenarien. Die erlauben mir noch mehr mit der Atmosphäre, der Stimmung zu spielen als vorher."
Katharina Fritsch ist in den 1980er-Jahren mit ihren Warengestellen und überdimensionierten, monochromen Plastiken bekannt geworden: einem grünen lebensgroßen Elefanten etwa, abgegossen nach dem ausgestopften Objekt eines Naturkunde-Museums, der wie ein bizarres Denkmal im Raum steht. Oder mit jenen uniform-gelben kleinen Madonnen, die Nippes-Figuren nachempfunden sind. In übereinander angeordneten Etageren werden sie wie Massenware feilgeboten und formen ein turmartiges Gebilde, das immer ziemlich einsturzgefährdet wirkt.
Die jetzt 53-jährige Katharina Fritsch gehört zur seltenen Spezies der gutgelaunten Künstlerinnen, sie hat Spaß an der Provokation, mehr noch an der Irritation. Man steht seltsam befremdet vor diesen Objekten, die durch die monochrome Farbgebung ihre Individualität einbüßen und als reines Ding, als formal perfekte, aber anonyme Raumwesen vor uns stehen. Das wird auf die Spitze getrieben von einem 2004 entstandenen Ensemble, das als "Frau mit Hund" firmiert – sowohl die Dame als auch das Hündchen sind gänzlich aus Muschelformen zusammengesetzt, die Frau hellrosa gespritzt. Dazu gibt es dann seltsame Schirme und luftige Paris-Postkarten, die auch mit anderen Objekten frei kombinierbar sind.
Dieses Schweben zwischen Minimalismus und Pop, zwischen surrealem Witz und durchaus kunstmarkt-orientierter Unverschämtheit hat nun das Züricher Kunsthaus beflügelt, nicht nur eine fein inszenierte Mid-Career-Retrospektive zu veranstalten, sondern die Signora mit dem Hündchen auch gleich zu kaufen. In der luftigen Schau sind (außer natürlich dem kaum transportablen "Rattenkönig") die wichtigen Werke zu sehen: sogar die Frankfurter "Tischgesellschaft" von 1988 ist da, eine Vielzahl gesichtsloser Männer (eigentlich die Klone eines einzigen Mannes), die beidseits der Tafel vor einem meditativ mäandernden rot-weißen Tischtuch-Muster sitzen. Zu essen gibt es nichts, aber mancher Museumsbesucher fühlte sich trotzdem schon aufgefordert, sich zwischen diese Gestalten zu setzen – was natürlich die Philosophie der endlosen Wiederholung stört und streng verboten ist ...
Die Kuratorin Bice Curiger erzählt von der seltsamen Erfahrung, dass man sich beim Betrachten der Fritsch-Skulpturen den Werken selber anverwandelt: man wird das, was man sieht. Dieses Gefühl steht wahrscheinlich nur wahren Enthusiasten offen und ist dem Kritiker verwehrt.
Allerdings lässt die Perfektion der Fritsch-Figuren den komplizierten Herstellungsprozess völlig vergessen: was anfangs Körperabgüsse waren, wird heute per Body-Scan erledigt, vielfach aber auch mühevoll nachgearbeitet.
Fritschs neueste Arbeiten führen nun in den Garten der Kindheit, in zweifarbig flirrende Diptychen von Schwimmbädern und Parks, und in die Geschlechterdebatten: einerseits fallen da laszive, hypnotisierte Mädchen in die bedrohlichen Sex-Abgründe des 19.Jahrhunderts; andererseits halten sich männliche Pin-ups aus Ibiza bereit für die weiblichen Wünsche der Gegenwart. Katharina Fritsch macht's möglich.