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Gründer des Instituts für Sportmedizin
Noch mit 92 Jahren fesselt Wildor Hollmann die Studenten

Körperliche Aktivität, Leistungsfähigkeit und Gesundheit – wie hängt das zusammen? Antworten auf diese Frage sucht der Sportwissenschaftler Wildor Hollmann gleichsam sein Leben lang. Mit 92 Jahren hält er noch immer Vorlesungen an der Uni Köln – und die sind bestens besucht.

Von Stephan Beuting | 08.05.2017
    Der emeritierte Sportmediziner Wildor Hollmann vor der Sporthochschule Köln: Er ist 92 Jahre alt und gibt immer noch Vorlesungen.
    Der emeritierte Sportmediziner Wildor Hollmann vor der Sporthochschule Köln: Er ist 92 Jahre alt und gibt immer noch Vorlesungen. (picture alliance / Oliver Berg/dpa)
    Ein Mittwoch im Semester. 13:45 Uhr.
    "Ja, wir gehen jetzt in meinen Vorlesungsraum."
    Wildor Hollmann begrüßt mich, herzlicher Händedruck große Ruhe, trotz Kamerateam im Hintergrund.
    Drei Pressestellen sind angemeldet, seit Tagen folgt ein Termin auf den nächsten. Was die Presse angeht, ist das ein kurzfristiger Hype. Hollmanns Vorlesung ist dagegen ein Dauerbrenner.
    Hollmann: "Aber, Sie werden selber sehen, was sich da abspielt."
    "Herzlich willkommen zu unserer zweiten Vorlesung im Sommersemester."
    Im Seminarraum gibt es Tische und Stühle für 40 Personen. Als Hollmann mit seinem Vortrag beginnt, sind es mehr als 80.
    Hollmann: "Außerdem bleibt die Tür offen, damit man mehr mitbekommt."
    Drinnen stehen einige an der Wand, wer Glück hat, bekommt einen Platz auf dem Fußboden.
    Hollmann: "Wenn ich jemandem direkt auf den Kopf trete, dann müssen Sie sagen: 'Ich habe auch noch Füße', dann würde ich mich dahin wenden." (Lachen)
    Auch Quantenphysik, Urknall und Kosmos sond Thema
    In der letzten Woche hat Hollmann über die Grundlagen der Quantenphysik gesprochen, in dieser Woche geht es um Urknall und Kosmos. Wildor Hollmann ist voll in seinem Element, mittendrin in seiner mission impossible, den Studierenden neben ihrem Fachwissen auch einen Blick aufs große Ganze zu bieten.
    Hollmann: "Wo steht unser generelles Wissen in der Wissenschaft heute? Und was kann ich in meinem Leben dazu tun, um etwas in dieser Richtung beizutragen?"
    Sich mit großer Akribie um die Details kümmern und dabei den Kontext nicht aus dem Auge verlieren - so wie seine Vorlesung aufgebaut ist, funktioniert auch Hollmanns Leben.
    In seiner Doktorarbeit ging es um Spiroergometrie, ein Verfahren, bei dem der Atem von Sportlern untersucht wird, um mehr über Körper und Stoffwechsel zu erfahren. Das führte ihn zu seinem Lebensthema, der Frage, wie das zusammenhängt: körperliche Aktivität und die eigene Leistungsfähigkeit und Gesundheit.
    "Im Sport-LK lernst du voll viele Theorien von Hollmann"
    Institutsgründungen, bahnbrechende Forschungsarbeiten, Hollmann war und ist hoch aktiv, läuft jeden Tag mindestens 200 Stufen. Damit ist er ein gutes Beispiel für seine These, dass wir das Altern eben doch zu einem großen Teil selbst in der Hand haben. Hinter Einsichten wie diesen liegt bei Hollmann dann aber auch noch stets eine größere, und das spüren die Leute.
    Olek Hein: "Ich bin an sich das erste Mal hergekommen, weil - unser Dozent hat uns das empfohlen und ich hatte Sport-Leistungskurs, und im Sport-LK lernst du voll viele Theorien von Hollmann."
    Olek Hein war früh genug da und bekam noch einen der Sitzplätze. Die Vorlesung für ihn, ein fester Termin in der Woche.
    Olek Hein: "Man kann einen 92-Jährigen im Endeffekt, der geistig noch so fit ist, wirklich alles fragen, was man möchte und bekommt darauf auch Antworten."
    Die Marke Hollmann ist dabei auch über die Sporthochschule bekannt. Alex Bote zum Beispiel studiert eigentlich Sozialwissenschaften.
    Alex Bote: "Weil alle sagen, dass das die geilste Vorlesung hier ist, ich finde das extrem spannend, worüber er hier spricht und heute soll's um die Entstehung des Universums gehen und ich habe gehört, das regt zum Andenken (sic!) an, neee, Nachdenken an."
    Die, die ich frage, schätzen Hollmanns Stil und diese Art akademische Wundertüte, wie auch Felix Hanke.
    Felix Hanke: "Und ich finde, ein wenig Allgemeinwissen sollte ein Akademiker auch schon haben, um draußen etwas darzustellen und nicht ein Fachidiot zu sein. Und darum bin ich hier."
    Hollmann ist für diese Woche fertig. Aber ein Ende ist nicht in Sicht. Das Gesamtpaket aus Forscherpersönlichkeit, Bescheidenheit und Witz, das funktioniert. Auch weil die Leute merken, die Energie dieses 92-jährigen Wildor Hollmann, die ist einfach ansteckend.