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Grüne Technik

Eine Erwartung blieb schon mal unerfüllt: Der Einsatz von Computern hat den Papierverbrauch in Büros oder Behörden nicht gesenkt. Zudem sind die Rechner so oft im Einsatz, dass sie einen immer größeren Posten bei den Stromkosten ausmachen. Ein neues Problem steht an: Die Geräte werden älter und wandern in den Müll. Die Hersteller setzen daher verstärkt auf ein neues Image, auf "Green IT".

Von Wolfgang Noelke |
    Unterschiedliche Einzelteile alter Röhrenmonitore füllen bereits eine Reihe von Stahlbehältern, und vor der Schiebetür der flachen Werkhalle in Berlin-Neukölln stapeln sich mehrere hundert alter Monitore in mannshohen Drahtkäfigen. Das Unternehmen "Vicur" gehört der mehr als 50 Jahre alten Vereinigung für Jugendhilfe in Berlin und schafft Arbeitsplätze in zwei immer wichtiger werdenden Bereichen: Upcycling nennt der Projektleiter Hans-Georg Glatze das Wiederherstellen alter Computer, die dann als Gebrauchtware mit Händlergarantie erneut verkauft werden - Recycling, das zweite Geschäftsfeld, die sortenreine Trennung nicht mehr verwendbarer Teile, gelänge nach seinen Angaben zu weit über neunzig Prozent. Ein Geschäft mit Zukunft:

    "Auch das kommt natürlich inzwischen schon an. Es gibt schon komplett defekte Flachbildschirme und auch die werden hier zerlegt, weil es auch dort ein Problem gibt: Die Hintergrundbeleuchtung eines LCD-Bildschirmes ist eine Leuchtstoffröhre und die enthält Quecksilber und deswegen muss diese kleine Leuchtstoffröhre ausgebaut werden, damit das andere Material ordentlich recycelt werden kann. Es ist so, dass man am meisten Geld erwerben kann für die Leiterplatten aus dem Computer. Dort ist der Preis durchaus bei über 3000 Euro pro Tonne inzwischen gelandet. Aber auch für den Kunststoff gibt es inzwischen 30 bis 50 Euro pro Tonne. Also ist es durchaus interessant, auch Geräte, die vollkommen defekt sind und gar nicht mehr arbeitsfähig sind, zu zerlegen, um die Rohstoffe wieder zurückzugewinnen."

    Der bei "Vicur" angelieferte Computerschrott leiste Dienste für die Jugendhilfe und entlaste gleichzeitig die Umwelt: Jeder gebraucht erworbene Computer vermeide die Energie, die ein Intercity-Zug auf der Strecke zwischen Berlin und München verbrauche - die notwendige Energiemenge, um einen neuen PC herzustellen. Verbraucher hätten aber auf die Energeieffizienz der im Hintergrund laufenden Infrastruktur kaum Einfluss, sagt Siegfried Behrendt, Koordinator für Nachhaltiges Wirtschaften am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung:

    "Man kann heute davon ausgehen, dass acht Terrawattstunden pro Jahr durch Rechenzentren in Deutschland verbraucht werden. Also das ist schon ganz erheblich. Wenn man die Informations- und Kommunikationstechnik zusammennimmt, das sind rund 10 Prozent des bundesdeutschen Stromverbrauchs, der auf Informations- und Kommunikationstechnik entfällt. Davon entfallen rund 30 Prozent auf die Rechenzentren selbst. Das heißt, das ist einer der Hauptverbraucher! Es gibt weitere - und da kommen die Basisstationen hinzu und dann vor allen Dingen eine Vielzahl von Geräten, von der klassischen Ausstattung mit PCs, Druckern und Scannern, aber zunehmend auch viele kleine Geräte, wie Router und Ähnliches, die letztendlich auch zum Energieverbrauch beitragen."

    Wenn in vier Jahren das deutsche ISDN- und Analognetz abgeschaltet werden soll, benötigt jeder Haushalt einen sogenannten Router, der dauerhaft Strom verbraucht. Die neuen Rechenzentren könnten energiesparend konstruiert werden. Durch eine simple Änderung der Luftzirkulation für die Kühlung seiner Server spare beispielsweise der Internet-Dienstleister "Strato" schon heute bis zu 30 Prozent Energie, sagt dessen Vorstandsvorsitzender Damian Schmidt:

    "Wenn wir 30 Prozent Kosten einsparen, haben wir die Möglichkeit, sehr wettbewerbsfähige Pakete zu machen, so oder so. Und einen Teil dieser Einsparungen nutzen wir für die doch immer noch anfallenden Mehrkosten für den Bezug regenerativer Energie. Und wir haben uns entschlossen, auf 100 Prozent regenerative Energie umzustellen und das können wir uns leisten, ohne den Kunden mit Mehrkosten zu belasten."

    Wie diese Einzelbeispiele zeigen, umfasst "Green IT", grüne Informationstechnik, alle Bereiche der Telekommunikation und während der heutigen Konferenz präsentieren die etwa 240 Teilnehmer sich gegenseitig weitere beispielhafte Lösungen, die, so Dr. Ulf Jaeckel vom Bundesumweltministerium, allen als Anregung dienen, künftige gemeinsame Standards und sparsame Methoden weiter zu entwickeln:

    "Zunächst hier in Deutschland. Wir sind aber auch im Gespräch mit anderen Ländern, die ähnliche Vorhaben planen, zum Beispiel Großbritannien. Wir versuchen, da gemeinsam etwas voranzutreiben, um zu einer einheitlichen Methodik zu kommen, europaweit, möglicherweise dann auch weltweit."