Was kostet es, New Orleans wieder aufzubauen? Das kommt darauf an. Auf den Status quo ante, also auf das New Orleans vor der Zerstörung durch den Hurrikan Katrina zurückgehen, hieße eine ungerechte Ordnung wiederherstellen. Würde man hingegen ein sagen wir anständiges Nahverkehrssystem mitplanen, käme das ein paar Milliarden Dollar teurer – und wäre ohne Staat nicht zu machen. Aber eine Grundlage für eine gerechtere Stadt wäre geschaffen. Eine, die mehr Menschen als vorher das Gut "Mobilität" zur Verfügung stellt – was, wie man ja gesehen hat, lebenswichtig sein kann.
Was der New Yorker Wissenschaftler Peter Marcuse mit diesem Beispiel anmerkte, braucht man Europäern eigentlich nicht zu erklären. Ihre Vorstellung von Stadtplanung lag schon immer mehr in kollektiven Traditionen begründet als im freien Markt. Und dass Politik und Planung sich hier mittlerweile wieder mehr zusammentun, die wachsenden urbanen Problemzonen mit konzertierten Aktionen statt im bürokratischen Nebeneinander in Angriff nehmen, das zeigt das Bund-Länder-Projekt "Soziale Stadt".
Aber der Begriff der Just city, der – etwas pathetisch – gerechten Stadt , den die New Yorker Politologin Susan Fainstein auf ihre Fahnen geschrieben hat, verweist auf Grundsätzlicheres. Das Pathos, das hier mitklingt, zeigt schon, dass es um Visionen geht. Und warum auch nicht. Die Reformbewegung, die im 19. Jahrhundert zur modernen Stadtplanung überhaupt führte, zu Volksparks, Grünzügen, menschenwürdigen Behausungen, Gesundheitseinrichtungen, öffentlicher Infrastruktur – diese Bewegung war nicht nur von diversen Selbsterhaltungsinteressen, sondern auch geleitet von einer übergreifenden Vision. Die gute Stadt für alle– als Leitbild, als fiktionaler Ansporn sollte sie erhalten bleiben.
Heute sind die Errungenschaften von damals bedroht. Und während amerikanische Experten wie eben Peter Marcuse oder die Politologin Susan Fainstein so etwas wie die Europäisierung der US-Städte fordern, schreitet die Amerikanisierung der europäischen Städte voran: mit der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, reichen und armen Vierteln, Eigenheim-Gürteln.
Und es wächst die Gefahr der Ungleichheit. Erschwingliche Mobilität, öffentlicher Raum, Teilhabe an Entscheidungen für alle Stadtbewohner - solche Selbstverständlichkeiten sind in den Megalopolen der Dritten Welt schlicht nicht vorhanden, und die Begleiterscheinungen dieses Umstands, Unsicherheit und Kriminalität, schränken auch die Privilegierten stark ein – zumindest wenn man es als Einschränkung empfindet, in Panzerglas-Limousinen zum Friseur zu fahren.
Von Haus aus gehört das Bemühen um sozialen Ausgleich zu den Aufgaben heutiger Stadtplanung, aber sie ist in andere lebenswichtige Aspekte des Gemeinwesens genauso involviert. Solche zentralen Aspekte sind die Förderung ökonomischen Wachstums und der Umweltschutz, und idealerweise würde Stadtplanung diese drei Ziele gleichrangig verfolgen – dagegen steht nur die Realität, in der sie sich oft genug widersprechen und den Konflikt mit den allgegenwärtigen Marktmechanismen verschärfen. Wachstum gegen Umwelt, Bürgerinitiativen gegen Gewerbeansiedlung, Quartiersaufwertung gegen preiswerten Wohnraum, Großsanierung statt kleinteiliger Reparatur und so weiter.
Im Drei- oder Mehreck der widerstreitenden Interessen plädiert Susan Fainstein, die Propagandistin der Gerechten Stadt, für das, was Stadtplaner immer schon mussten: die bessere statt die beste Lösung zu akzeptieren, was immer noch einen Unterschied macht zum berühmten kleineren Übel.
Was wären konkrete Signale für eine gerechte Stadt – wenn man den Begriff nicht nur auf abstraktem Niveau verhandeln wollte? Susan Fainstein, aus New York exorbitante Museumspreise gewöhnt, schlug als Beispiel kostenfreien Zugang zu städtischen Museen vor, wie London ihn praktiziert. Aber auch breiter gestreutes Hauseigentum könne ein Weg zu mehr Gleichheit sein – ein sehr amerikanischer Gedanke, den Peter Marcuse, hier ganz europäisch geprägt, weit zurückwies: Die Privatisierung eines Grundrechts, nämlich auf Wohnsicherheit, sei nicht mal eine zweitbeste Lösung; auf die Gefahr hin, die Leute an seinen berühmten Vater Herbert zu erinnern, bezeichnete er das dringende Bedürfnis nach einem eigenen Garten als "false consciousness" – falsches Bewusstsein. Nein, vielmehr sollte auch Amerika endlich die europäischen Traditionen gesicherter Mietverhältnisse aufnehmen. "Und wenn ich mal eine Wand versetzen will?" fragte entgeistert Susan Fainstein.
Der kuriose kleine europäisch-amerikanische Streit verdeutlicht, dass der Weg zur gerechten Stadt, wie immer man zu diesem Begriff steht, nicht verbindlich vorgezeichnet werden kann. Hier ist und bleibt der Weg das Ziel. Und jede Kultur wird ihn anders gehen.
Was der New Yorker Wissenschaftler Peter Marcuse mit diesem Beispiel anmerkte, braucht man Europäern eigentlich nicht zu erklären. Ihre Vorstellung von Stadtplanung lag schon immer mehr in kollektiven Traditionen begründet als im freien Markt. Und dass Politik und Planung sich hier mittlerweile wieder mehr zusammentun, die wachsenden urbanen Problemzonen mit konzertierten Aktionen statt im bürokratischen Nebeneinander in Angriff nehmen, das zeigt das Bund-Länder-Projekt "Soziale Stadt".
Aber der Begriff der Just city, der – etwas pathetisch – gerechten Stadt , den die New Yorker Politologin Susan Fainstein auf ihre Fahnen geschrieben hat, verweist auf Grundsätzlicheres. Das Pathos, das hier mitklingt, zeigt schon, dass es um Visionen geht. Und warum auch nicht. Die Reformbewegung, die im 19. Jahrhundert zur modernen Stadtplanung überhaupt führte, zu Volksparks, Grünzügen, menschenwürdigen Behausungen, Gesundheitseinrichtungen, öffentlicher Infrastruktur – diese Bewegung war nicht nur von diversen Selbsterhaltungsinteressen, sondern auch geleitet von einer übergreifenden Vision. Die gute Stadt für alle– als Leitbild, als fiktionaler Ansporn sollte sie erhalten bleiben.
Heute sind die Errungenschaften von damals bedroht. Und während amerikanische Experten wie eben Peter Marcuse oder die Politologin Susan Fainstein so etwas wie die Europäisierung der US-Städte fordern, schreitet die Amerikanisierung der europäischen Städte voran: mit der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, reichen und armen Vierteln, Eigenheim-Gürteln.
Und es wächst die Gefahr der Ungleichheit. Erschwingliche Mobilität, öffentlicher Raum, Teilhabe an Entscheidungen für alle Stadtbewohner - solche Selbstverständlichkeiten sind in den Megalopolen der Dritten Welt schlicht nicht vorhanden, und die Begleiterscheinungen dieses Umstands, Unsicherheit und Kriminalität, schränken auch die Privilegierten stark ein – zumindest wenn man es als Einschränkung empfindet, in Panzerglas-Limousinen zum Friseur zu fahren.
Von Haus aus gehört das Bemühen um sozialen Ausgleich zu den Aufgaben heutiger Stadtplanung, aber sie ist in andere lebenswichtige Aspekte des Gemeinwesens genauso involviert. Solche zentralen Aspekte sind die Förderung ökonomischen Wachstums und der Umweltschutz, und idealerweise würde Stadtplanung diese drei Ziele gleichrangig verfolgen – dagegen steht nur die Realität, in der sie sich oft genug widersprechen und den Konflikt mit den allgegenwärtigen Marktmechanismen verschärfen. Wachstum gegen Umwelt, Bürgerinitiativen gegen Gewerbeansiedlung, Quartiersaufwertung gegen preiswerten Wohnraum, Großsanierung statt kleinteiliger Reparatur und so weiter.
Im Drei- oder Mehreck der widerstreitenden Interessen plädiert Susan Fainstein, die Propagandistin der Gerechten Stadt, für das, was Stadtplaner immer schon mussten: die bessere statt die beste Lösung zu akzeptieren, was immer noch einen Unterschied macht zum berühmten kleineren Übel.
Was wären konkrete Signale für eine gerechte Stadt – wenn man den Begriff nicht nur auf abstraktem Niveau verhandeln wollte? Susan Fainstein, aus New York exorbitante Museumspreise gewöhnt, schlug als Beispiel kostenfreien Zugang zu städtischen Museen vor, wie London ihn praktiziert. Aber auch breiter gestreutes Hauseigentum könne ein Weg zu mehr Gleichheit sein – ein sehr amerikanischer Gedanke, den Peter Marcuse, hier ganz europäisch geprägt, weit zurückwies: Die Privatisierung eines Grundrechts, nämlich auf Wohnsicherheit, sei nicht mal eine zweitbeste Lösung; auf die Gefahr hin, die Leute an seinen berühmten Vater Herbert zu erinnern, bezeichnete er das dringende Bedürfnis nach einem eigenen Garten als "false consciousness" – falsches Bewusstsein. Nein, vielmehr sollte auch Amerika endlich die europäischen Traditionen gesicherter Mietverhältnisse aufnehmen. "Und wenn ich mal eine Wand versetzen will?" fragte entgeistert Susan Fainstein.
Der kuriose kleine europäisch-amerikanische Streit verdeutlicht, dass der Weg zur gerechten Stadt, wie immer man zu diesem Begriff steht, nicht verbindlich vorgezeichnet werden kann. Hier ist und bleibt der Weg das Ziel. Und jede Kultur wird ihn anders gehen.