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Gummistiefel aus Seegras

Seit fast 20 Jahren bietet die "Outdoor" in Friedrichshafen Neues fürs Draußensein. Mit 900 Ausstellern aus 42 Ländern ist sie die größte ihrer Art in Europa. Neben High-Tech-Produkten werden auch ökologisch verträgliche Artikel vorgestellt.

Von Thomas Wagner |
    Ein schweißtreibender Parcours: Vier Hindernisse überwinden, die letzte Etappe geht gut 30 Meter steil nach oben:

    ""Uff, so, da sind wir wieder. Es dauert nur, wenn man schnell ist, ungefähr 55 Sekunden. Aber es zieht richtig den Stecker."

    Till Schenk aus Freiburg ist nach der knappen Minute "Trail-Running", wie die Fachleute diese Outdoor-Sportart nennen, ziemlich außer Atem. Ein Glück, hat er die richtige Kleidung am Leib.

    "Also gerade fürs Trail-Running ist das ganz wichtig, wenn wir ganz unten anfangen, mit den Schuhen. Es ist einfach der Halt im Gelände mit seinen unterschiedlichen Strukturen: Und oben die Kleidung sollte atmungsaktiv sein, locker sitzen und dass der Schweiß nach außen transportiert wird."

    All dies ist nicht nur für "Trail-Runner" wie Till Schenk Standard, sondern längst auch für Bergsteiger und Tourenwanderer. Die nämlich wollen selbst dann, wenn's steil bergauf geht und ihnen die Sonne aufs Shirt brennt, vor allem eines nicht: Übermäßig schwitzen.

    "Wir haben hier eine Schweiß aktivierende Kühlungstechnologie. Das heißt: Wir haben Polymere eingearbeitet in den Stoff, die in dem Moment, wo ich mich bewege, sich mit dem Schweiß vollsaugen und damit eine Reaktion in Gang setzen, die das Gewebe aktiv kühlt,"

    erklärt Stefan Gmeiner, Sprecher des US-amerikanischen Herstellers Columbia. Er weiß sich in guter Gesellschaft mit vielen weiteren Unternehmen, die Anti-Schweiß-T-Shirts zur Outdoor-Messe mitgebracht haben, ebenso wie garantiert wasserdichte und atmungsaktive Jacken. Die Verbraucher, weiß Hersteller-Sprecher Stefan Gmeiner, fragen solche Produkte immer häufiger nach.

    "Heute gehen nicht nur extreme Leute auf den Berg, sondern auch du und ich. Und die Leute möchten sich in ihrer Freizeit wohlfühlen, Komfort haben, nicht in irgendwelchen unkomfortablen Klamotten rumlaufen und dementsprechend auch die bestmögliche Lösung haben."

    Die muss funktional sein - und leicht.

    "Die Stange schiebe ich. Ich muss den Stoff ein bisschen nachschieben."

    Kunden wollen ökologisch Wertvolles
    Michael Kaiser kniet vor einer Isomatte, daneben zwei größere Stoffteile. Keine zwei Minuten später ist daraus ein Zelt geworden - eines der leichtesten Zelte weltweit:

    "Das Zelt wiegt so circa 900 Gramm."

    Mit dem Ultra-leicht-Zelt" liegt der Hersteller Lestra aus dem schwäbischen Weißach allerdings im Trend, so Sprecher Michael Kaiser:

    "Insgesamt geht der Trend dahin: Immer leichter, immer kleiner. Die Leute machen auch immer extremere Dinge, von der Alpenüberquerung mit dem Fahrrad. Da kommt es natürlich darauf an: Kleines Packmaß, geringes Gewicht",

    Was die Hersteller motiviert, immer neue und immer leichtere Materialien zu entwickeln. Die sind aber aus Umweltgründen nicht immer unbedenklich. Beispiel: So genannte "Fluorid-Beschichtungen", die auf vielen Outdoor-Jacken zu finden sind.

    "Die stehen in der Kritik, weil sie impersistent sind. Das heißt: Sie bauen sich in der Umwelt nicht ab. Und sie stehen auch im Verdacht, toxisch zu sein, das heißt giftig zu sein. Und vor dem Hintergrund wollen wir aus der Fluorchemie aussteigen",

    bekräftigt Thomas Zimmerling, Sprecher des Outdoor-Herstellers Jack Wolfskin. Denn ein Trend ist ebenso erkennbar: Verbraucher, die ihre Freizeit "outdoor" in der freien Natur verbringen, legen immer häufiger darauf Wert, dass die Produkte ökologisch unbedenklich hergestellt worden sind.

    Und so entdecken die Besucher der Fachmesse "Outdoor" Gummistiefel aus Seegras ebenso wie T-Shirts aus Kokosnuss-Schalen. Und auch die Elektrifizierung der Outdoor-Branche schreitet unaufhaltsam voran: Wie wäre es mit der tragbaren Mini-Brennstoffzelle für den Rucksack? Oder mit der Gipfel-App fürs Smartphone, die genau dokumentiert, welchen Gipfel ein Bergsteiger bezwungen hat?

    Olaf Tabor, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Alpenvereins, glaubt: So manches, was da auf dem Outdoor-Markt kursiert, wird in nicht allzu ferner Zeit auch wieder 'out' sein:

    "Nicht jede App, nicht jede Anwendung, nicht jedes neue High-Tech-Instrument ist auch wirklich eines, dem ich sehr viel Zukunft beimesse. Im Mainstrem der Menschen, die rausgehen in die Natur, wird sich bestimmt ein gesundes Mittelmaß durchsetzen."