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Hautstammzellen als universelles Reparaturmittel

Medizin. - Embryonale Stammzellen gelten den einen die neue Wunderwaffe der Medizin, anderen sind sie ein ethischer Alptraum. Einen Ausweg aus der erregten Debatte stellen die Stammzellen des Erwachsenen dar, die so genannten adulten Stammzellen. Sie sind ethisch unbedenklich und offenbar flexibler als lange gedacht. Allerdings sind sie schwer zu gewinnen, vermehren sich schlecht und sind im Reagenzglas nicht so gut zu beherrschen wie embryonale Stammzellen. Doch diese Hürden lassen sich überwinden, wie eine Arbeit zeigt, die diesen Monat in "Nature Cell Biology" veröffentlicht wurde.

    Als Reparaturmaterial eignen sich die Stammzellen des Erwachsenen eigentlich viel besser als die des Embryos. Sie lassen sich aus dem Körper des Patienten selbst gewinnen und sollten deshalb keine Abstoßungsreaktion auslösen. Mediziner benötigen aber Stammzellen in großer Zahl für ihre Patienten. Forschern an der McGill University in Montreal, Kanada, ist es jetzt gelungen, adulte Stammzellen fast beliebig zu vermehren, und das aus einem gut zugänglichen Startgewebe: der Haut. Mäusen entnahm Dr. Jean Thoma acht Quadratzentimeter Haut, schnitt sie in kleine Stückchen und isolierte schließlich in Einzelzellen. Das Ergebnis war eine bunte Zellmischung von Hautzellen, Nerven, Zellen der Blutgefäße, des Immunsystems und der Schweißdrüsen. Die wenigen Stammzellen dazwischen lassen sich selbst unter dem Mikroskop nicht herauspicken. Zum Glück haben aber alle störenden Zellen eine klebrige Oberfläche, berichtet Jean Thoma: "Wir werden sich nach und nach los, weil diese Zellen an der Wand der Zellkulturflasche haften bleiben. Jede Woche entnehmen wir die Flüssigkeit mit den schwimmenden Zellen und vermehren sie weiter. Nach drei bis vier Wochen entstehen schwebende Klümpchen, die Stammzellen." Die Stammzellen verdoppeln sich dabei alle zwei bis drei Tage.

    Mit demselben Verfahren lassen sich auch aus menschlicher Haut Stammzellkulturen anlegen. Über eine Veränderung des Nährmediums lassen sich die Zellen umsteuern von einem Vermehrungsprogramm in ein Programm der Entwicklung. Die Richtung der Entwicklung hängt von den Bedingungen ab. Bisher konnte Jean Thoma Nervenzellen und ihre Partner, die Gliazellen, gewinnen, ebenso wie Fettzellen oder glatte Muskelzellen. Derzeit allerdings ist die Ausbeute noch sehr gering. Jean Thoma ist aber davon überzeugt, dass die Haut eine ideale Quelle für Stammzellen ist: "Das Besondere an der Haut ist, dass sie leicht zugänglich ist und sehr schnell heilt."

    [ Quelle: Volkart Wildermuth]