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Hemmnisse für Bio-Lebensmittel im Supermarkt

Bioprodukte statt Fast food - das wollen die Anbieter auf der Messe Biofach in Nürnberg den Kunden schmackhaft machen. Das Angebot an Biowaren ist mittlerweile ziemlich groß - gestern gab Bundesverbraucherministerin Renate Künast das 20.000ste Produkt mit dem Bio-Siegel bekannt: Eine Lasagne mit Fleischfüllung. Doch die Kunden greifen bei Bioware nach wie vor nur zögernd zu - sehr zum Leidwesen der Anbieter. An der Universität Göttingen hat jetzt eine Forschergruppe herausgefunden, das manche Supermärkte den mangelnden Bio-Absatz selbst verschulden, weil die Produkte im Supermarkt ziemlich versteckt liegen.

Von Carolin Hoffrogge |
    Was sehen wir hier, die normale Milch kostet 50 Cent, die Biomilch 85 Cent. Na ja, der Biomilchmarkt ist zur Zeit ja gerade übersättigt, von daher kann man sehen, das die Preise da schon gesunken sind im Milchbereich.

    Maren Lüth ist Forscherin für Bioprodukte. Mit detektivischem Spürsinn ist die Agraringenieurin in dem riesigen Supermarkt unterwegs. Wo verstecken sich nur die Bioprodukte? Die Biomilch ist das einzige Produkt in dem Göttinger Supermarkt, das direkt neben ihre konventionelle Konkurrenz gestellt wurde. Hier hat der Käufer den direkten Preisvergleich. Ansonsten ist zum Beispiel bei Obst, Gemüse, Müsli, Marmelade oder Fleisch eher suchen angesagt- fast wie zu Ostern.

    Deswegen plädieren wir ja auch dafür, das man die Bioprodukte ins normale Sortiment mit einordnet, gerade dieses Ostereiersuchen versucht die Edeka ja zu vermeiden, in dem sie die Bioprodukte dort vorne im Block platzieren, aber das hat immer so den abstoßenden Charakter, den besonders Gelegenheitskäufer mit Gesundheits- oder Alternativecke verbinden und trauen sich da dann nicht so unbedingt ran.

    Raus aus der Bionische, rein ins allgemeine Sortiment? das kann sich Marktleiter Johannes Karl Bösecker überhaupt nicht vorstellen. Er glaubt seine Kunden gut genug zu kennen. Sie suchen alles in der reinen Bioecke.

    Wir haben mit der Blockbildung sehr gute Erfahrungen gesammelt, einfach von der Übersichtlichkeit her, ist es tatsächlich so, dass der Verbraucher dies auch sucht in der Form, und eine Zuordnung im Sortiment nur sehr schwer nachvollziehen kann. Man muss auch dazu sagen, dass das abhängig ist; wie groß und umfangreich das sonstige Sortiment ist. Wir haben 18.000 Artikel, die wir ständig in Bewegung halten dazu kommt dann noch das Biosortiment mit 400 Artikeln oben drauf.

    Nicht nur das wo, sondern auch das wie ist für die Kunden im Supermarkt entscheidend. Die Kunden sollen Biolebensmittel genießen lernen. Hier werden erhebliche Absatzpotentiale vermutet. Der Lebensmitteleinzelhandel wertet die vorhandenen Kundendaten nicht richtig aus, ist mit direkter Vorkostung im Supermarkt zu sparsam und mit Genussangeboten gar nicht am Start, sagt Lüth.

    Da sind spontane situative Eindrücke sehr wichtig, von daher kann man Bioprodukte durch Verkostungsangebote besonders anbieten, dadurch die Leute auf den Geschmack bringen.

    Ein kleiner Happen Vollkornbrot mit Paprikapaste, ein aufgeschnittener Apfel auf dem Holzpickser, oder ein Schlückchen Biowein: das überzeugt 30 Prozent aller Supermarktkäufer. Für 70 Prozent macht der Preis die Musik.

    Aber die Preisschraube läßt sich noch erheblich lockern, so Marketingexpertin Lüth. Sie kritisiert den Lebensmitteleinzelhandel für die pauschalen Preisaufschläge. Bis zu 100 Prozent schlagen die Händler auf den Einkaufspreis der Biolebensmittel drauf. Bei einigen Produkten ist das o.k. aber längst nicht bei allen, sagt Forscherin Lüth.

    Man spricht hier von Schwellenpreise. Das heißt nicht pauschal ein Bioaufschlag zu nehmen, sondern das man die Preise mehr auf die Kundenbedürfnisse abzielt. Produkte, wo die Verunsicherung größer ist, sei es bei Eiern oder Fleisch da sind Mehrpreise realisierbar oder auch bei hochwertigen Produkten.

    Bio-Tiefkühlpizza, vorgekochte Bionudeln oder Getreideburger können richtig teuer sein. Aber tagtägliche Artikel wie Butter und Milch müssen preisgünstiger werden. Dann- so Maren Lüth- greift Otto Normalverbraucher in Zukunft regelmäßiger zu Bio.

    Sei es Milch oder Butter, die Schnelldreher, die man häufig kauft. Hier sind die Preise den Konsumenten sehr gut bekannt: Von daher empfiehlt es sich hier nicht gerade den absoluten Höchstpreis zu nehmen, und dann bei anderen Produkten, wo die Preise nicht so bekannt sind, die teuer zu machen.

    Sind die Bioprodukte im Supermarkt um die Ecke in Zukunft besser plaziert und im Durchschnitt günstiger, greifen die Kunden öfter zu Bio, unterstreicht Maren Lüth. Ob die Rewe- Gruppe, Tegut oder Edeka, der Lebensmitteleinzelhandel hat eigene Biomarken entwickelt. Allerdings sind diese so gut wie nicht bekannt. Die Göttinger Studie zeigt:

    Dass die gestützte Markenbekanntheit, das heißt, wenn man den Leuten das Produkt mit der Marke wirklich vorlegt, dann doch schon relativ hoch ist, zwischen 50 und 60 Prozent. Wenn man aber die Leute ganz ungestützt fragt, ob sie irgendwelche Biomarken kennen, kann man sagen, das die Biomarken so gut wie nicht bekannt sind. Lediglich Bioland, Demeter als Anbauverbände werden dann schon noch mal erinnert, aber mit den Markenprodukten ist es doch sehr gering.