Die Meeresbiologen waren verblüfft. In der Ostsee bei Kiel haben Seesterne in Millionenzahl eine Miesmuschelbank in ungewöhnlich drastischer Weise kahl gefressen. Der Meereswissenschaftler und Taucher Prof. Martin erklärt das Phänomen:
Die liegen nicht nur dicht an dicht, die liegen auch übereinander und die bilden regelrechte Fresswalzen, die dann über eine Miesmuschelbank hinüberrollen und sie fressen Miesmuscheln, aber auch sich gegenseitig. Kannibalismus ist unter Seesternen durchaus verbreitet.
Alles, was einem Seestern nicht ausweichen kann, wird kurzerhand weggefressen. Auch Seepocken, Moostierchen und andere Kleintiere werden innerhalb kurzer Zeit vernichtet, wenn eine aufgequollene, hungrige rötlich oder gelbe Seesternwalze anrollt. Immerhin werden die gefräßigen Seeräuber bis zu 25 cm groß:
Die Walze als solche, also diese Tausende von Seesternen bewegen sich als viele Individuen vorwärts, kriechen übereinander oder direkt über die Miesmuscheln. Als Taucher sieht man kaum eine Bewegung. Das geht extrem langsam vor sich. Und jeder einzelne Seestern frisst, indem er die Miesmuscheloberfläche mit seinen Saugfüßchen belegt und dann stetig die Muschelschalenhälften auseinander zieht.
Und dabei ist ein Seestern ausgesprochen ausdauernd. Er gewinnt den Kampf, weil der Schließmuskel der Miesmuschel irgendwann nachgibt. Die Schale öffnet sich und dann wird der Magen in die Schalenhälften eingestülpt. Verdauungssäfte zersetzen langsam die Muskeleiweiße der Miesmuschel. Meeresbiologe Dr. Joachim Voss:
Eine Besonderheit ist, dass sie ihre Nahrung außerhalb des Körpers verdauen. Es ist so, dass sie über die Muschel kriechen. Mit ihren Armen allein können sie die Muschel nicht sprengen, denn die Muschel hat einen sehr starken Schließmuskel. Und dann macht es der Seestern so, dass er seinen Magen ausstülpt und seine Verdauungssäfte in die Muschel einfließen lässt. Und die anverdauten Miesmuschelteile werden dann vom Seestern eingesaugt.
Wegen des geringen Salzgehaltes im Wasser pflanzen sich Seesterne in der Kieler Bucht kaum noch fort und weiter östlich in der Lübecker kann man mit Nachkommen gar nicht mehr rechnen. Nachschub kommt mit dem Salzwasser aus der Nordsee. Ist der Salzwassereinstrom in das Brackwassermeer Ostsee stärker, dann gibt es auch mehr Seesterne. So war es in diesem Jahr. Die anhaltenden sommerlichen Temperaturen haben ihren Teil dazu beigetragen. In großen Flecken tummelten sie sich millionenweise auf einem Quadratmeter. Das Zehnfache des Normalen:
Um viele Seesterne zu haben, müssen einige Faktoren zusammentreffen: zum einen muss es der Elterngeneration gut ergangen sein, damit sie viele Larven erzeugen, diese Larven halten sich dann einige Wochen im Plankton auf, und dann müssen die Bedingungen natürlich entsprechend günstig gewesen sein, dass sie schneller herangewachsen und weniger gefressen worden sind. In den Konzentrationen, wie das in Heidkate war, das ist schon ungewöhnlich bei den Seesternen. Das lag an dem Zustandekommen von günstigen Umständen: warmes Wasser und ein hoher Larveneinstrom: die Seesterne haben den ganzen Sommer über gute Ernährungsbedingungen gefunden, deshalb sind sie alle so gleichmäßig groß.
Dass der Seestern keine natürlichen Feinde hat, begünstigte die ungewöhnlich starke Anhäufung von Seesternen. Seesterne gelten nicht als Delikatesse. Enten sind die einzigen Tiere, die Seesterne fressen, solange sie klein sind:
Sie scheinen aber nicht sehr schmackhaft zu sein. Sie schmecken wohl nicht gut, weil sie viel Kalkblättchen eingelagert haben, also chemische Verbindungen, die wohl eher bitter bis giftig sein können. Also, sie sind nicht sehr begehrt.
Jetzt im Winter wird sich das hohe Seesternaufkommen von selbst regulieren. In der kühlen Jahreszeit werden viele Seesterne in tiefere Meeresbereiche gespült, was sie nicht überleben. Auch Sauerstoffmangel, wie im vergangenen Jahr, reduziert die Anzahl der Seesterne. Außerdem haben die Tiere in ihrer immensen Fresswut die eigene Nahrungsgrundlage von selbst reduziert:
Das Seesternproblem wird sich dahingehend entspannen, weil, Seesterne sind Räuber und es gibt immer ein bestimmtes Verhältnis zwischen Räuber und Beute, das heißt, wenn jetzt keine Muscheln und Würmer mehr da sind, dann ist es für die Seesterne auch schlechter zu überleben, und von daher werden es im nächsten Jahr vermutlich weniger. Das ist ähnlich wie in der Savanne, wo nicht mehr Löwen da sein können als Zebras oder Gnus.
Bis zum Frühjahr werden zwar genügend Tiere überlebt haben, die sich dann wieder vermehren können. Dramatische Auswirkungen für das Öko-System wird der Seesternansturm aber im nächsten Jahr wohl nicht haben:
Vielleicht ist das ein Zeichen, dass die Ostsee noch sehr lebendig ist.
Ein seltenes Phänomen also – der Seesternteppich vor Kiel, ungewöhnlich, aber nicht bedenklich. Im nächsten Jahr wird man an dieser Stelle der Ostsee mit Sicherheit keine Seesternmassen antreffen. Die Muschelbank muss sich erst mal erholen und das dauert.
Die liegen nicht nur dicht an dicht, die liegen auch übereinander und die bilden regelrechte Fresswalzen, die dann über eine Miesmuschelbank hinüberrollen und sie fressen Miesmuscheln, aber auch sich gegenseitig. Kannibalismus ist unter Seesternen durchaus verbreitet.
Alles, was einem Seestern nicht ausweichen kann, wird kurzerhand weggefressen. Auch Seepocken, Moostierchen und andere Kleintiere werden innerhalb kurzer Zeit vernichtet, wenn eine aufgequollene, hungrige rötlich oder gelbe Seesternwalze anrollt. Immerhin werden die gefräßigen Seeräuber bis zu 25 cm groß:
Die Walze als solche, also diese Tausende von Seesternen bewegen sich als viele Individuen vorwärts, kriechen übereinander oder direkt über die Miesmuscheln. Als Taucher sieht man kaum eine Bewegung. Das geht extrem langsam vor sich. Und jeder einzelne Seestern frisst, indem er die Miesmuscheloberfläche mit seinen Saugfüßchen belegt und dann stetig die Muschelschalenhälften auseinander zieht.
Und dabei ist ein Seestern ausgesprochen ausdauernd. Er gewinnt den Kampf, weil der Schließmuskel der Miesmuschel irgendwann nachgibt. Die Schale öffnet sich und dann wird der Magen in die Schalenhälften eingestülpt. Verdauungssäfte zersetzen langsam die Muskeleiweiße der Miesmuschel. Meeresbiologe Dr. Joachim Voss:
Eine Besonderheit ist, dass sie ihre Nahrung außerhalb des Körpers verdauen. Es ist so, dass sie über die Muschel kriechen. Mit ihren Armen allein können sie die Muschel nicht sprengen, denn die Muschel hat einen sehr starken Schließmuskel. Und dann macht es der Seestern so, dass er seinen Magen ausstülpt und seine Verdauungssäfte in die Muschel einfließen lässt. Und die anverdauten Miesmuschelteile werden dann vom Seestern eingesaugt.
Wegen des geringen Salzgehaltes im Wasser pflanzen sich Seesterne in der Kieler Bucht kaum noch fort und weiter östlich in der Lübecker kann man mit Nachkommen gar nicht mehr rechnen. Nachschub kommt mit dem Salzwasser aus der Nordsee. Ist der Salzwassereinstrom in das Brackwassermeer Ostsee stärker, dann gibt es auch mehr Seesterne. So war es in diesem Jahr. Die anhaltenden sommerlichen Temperaturen haben ihren Teil dazu beigetragen. In großen Flecken tummelten sie sich millionenweise auf einem Quadratmeter. Das Zehnfache des Normalen:
Um viele Seesterne zu haben, müssen einige Faktoren zusammentreffen: zum einen muss es der Elterngeneration gut ergangen sein, damit sie viele Larven erzeugen, diese Larven halten sich dann einige Wochen im Plankton auf, und dann müssen die Bedingungen natürlich entsprechend günstig gewesen sein, dass sie schneller herangewachsen und weniger gefressen worden sind. In den Konzentrationen, wie das in Heidkate war, das ist schon ungewöhnlich bei den Seesternen. Das lag an dem Zustandekommen von günstigen Umständen: warmes Wasser und ein hoher Larveneinstrom: die Seesterne haben den ganzen Sommer über gute Ernährungsbedingungen gefunden, deshalb sind sie alle so gleichmäßig groß.
Dass der Seestern keine natürlichen Feinde hat, begünstigte die ungewöhnlich starke Anhäufung von Seesternen. Seesterne gelten nicht als Delikatesse. Enten sind die einzigen Tiere, die Seesterne fressen, solange sie klein sind:
Sie scheinen aber nicht sehr schmackhaft zu sein. Sie schmecken wohl nicht gut, weil sie viel Kalkblättchen eingelagert haben, also chemische Verbindungen, die wohl eher bitter bis giftig sein können. Also, sie sind nicht sehr begehrt.
Jetzt im Winter wird sich das hohe Seesternaufkommen von selbst regulieren. In der kühlen Jahreszeit werden viele Seesterne in tiefere Meeresbereiche gespült, was sie nicht überleben. Auch Sauerstoffmangel, wie im vergangenen Jahr, reduziert die Anzahl der Seesterne. Außerdem haben die Tiere in ihrer immensen Fresswut die eigene Nahrungsgrundlage von selbst reduziert:
Das Seesternproblem wird sich dahingehend entspannen, weil, Seesterne sind Räuber und es gibt immer ein bestimmtes Verhältnis zwischen Räuber und Beute, das heißt, wenn jetzt keine Muscheln und Würmer mehr da sind, dann ist es für die Seesterne auch schlechter zu überleben, und von daher werden es im nächsten Jahr vermutlich weniger. Das ist ähnlich wie in der Savanne, wo nicht mehr Löwen da sein können als Zebras oder Gnus.
Bis zum Frühjahr werden zwar genügend Tiere überlebt haben, die sich dann wieder vermehren können. Dramatische Auswirkungen für das Öko-System wird der Seesternansturm aber im nächsten Jahr wohl nicht haben:
Vielleicht ist das ein Zeichen, dass die Ostsee noch sehr lebendig ist.
Ein seltenes Phänomen also – der Seesternteppich vor Kiel, ungewöhnlich, aber nicht bedenklich. Im nächsten Jahr wird man an dieser Stelle der Ostsee mit Sicherheit keine Seesternmassen antreffen. Die Muschelbank muss sich erst mal erholen und das dauert.