Archiv


Heute ist Bewerbungsschluss bei der ZVS!

Grundsätzlich halte ich es für eine positive Entwicklung, dass den Universitäten die Gelegenheit gegeben wird, ihre Studierenden selbst auszuwählen. Allerdings muss natürlich auch festgestellt werden, dass mit den damit verbundenen Auswahlverfahren auch ein gewisser Aufwand verbunden ist.

Von Andrea Groß |
    Die Ansicht von Volker Clausen, Studiendekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen am Standort Essen, ist Konsens. Mehr Autonomie – ja! Mehr Aufwand – nun ja. Gerhard Wagner, Rektor der Bochumer Ruhr-Uni überlegt, wie die einzelnen Fakultäten demnächst bei der Auswahl ihrer Studierenden vorgehen könnten.

    Im Hinblick auf das Fach, das der Studierende studieren will, werden bestimmte Fächer unterschiedlich gewichtet im Abitur. So. Dann werden wir sicher standardisierte Tests entwickeln und in einigen Fächern, wo es um sehr kleine Zahlen geht, wird man vielleicht bis hin zu persönlichen Auswahlgesprächen gehen. Da sehe ich aber die geringste Zahl, weil das zu organisieren und der Aufwand, der ist immens.

    Dieser Einschätzung kann sich Dieter Nast-Kolb, Studiendekan der medizinischen Fakultät der Uni Duisburg-Essen nur anschließen. Seit die ZVS den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt hat, 20 Prozent ihrer Bewerber selbst auszuwählen, machen die Essener Mediziner davon Gebrauch. Jedes Semester führen sie etwa 60 Auswahlgespräche. Dafür nehmen sie sich 14 Tage Zeit. Doch nun soll sich das Studierendenaufkommen verdreifachen.

    Diese Auswahlgespräche sind sehr aufwändig, es bedeutet also pro Studierendem 30 Minuten. Das sind zwei Professoren, die das dann gemeinsam durchführen und wenn wir in Zukunft alle Studierenden mit diesem Verfahren aufnehmen sollten, das wären also bei uns 150 Studierende, können sie sich vorstellen, was das für einen immensen Zeitaufwand für uns bedeuten würde und ich glaube eigentlich, mit den gegenwärtigen Kapazitäten wären wir nicht mehr in der Lage, die Auswahlgespräche wie bisher durchzuführen.

    Die Befürchtung, dass die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichen, teilt auch Wirtschaftswissenschafter Volker Clausen. Seine Überlegung geht so weit, dass es eines Tages die ZVS gar nicht mehr gibt und die Bewerbungserfahren dann so laufen, wie auf dem Arbeitsmarkt.

    Wir haben grundsätzlich die Sorge, dass die Studierenden bei hochschuleigener Auswahl sich bei vielen Universitäten gleichzeitig bewerben werden und somit der Aufwand für die Universitäten insgesamt steigt. Man wird sich sicherlich Gedanken darüber machen müssen, wie man dieser Entwicklung begegnet. Eine Möglichkeit wäre, zu sagen, dass eine Bewerbung an einer Universität mit einer Bewerbungsgebühr belegt wird, so dass die Studierenden sich im Vorhinein sorgfältig informieren an welchem Hochschulort sie studieren möchten und sich nur an wenigen dann bewerben.

    In Bochum dagegen setzt man auch künftig auf die zentrale Vergabestelle von Studienplätzen. Das bedeutet aber ein sehr enges Zeitfenster. Die ZVS meldet den Hochschulen ihre Bewerber erst wenige Wochen vor Semesterbeginn. Rechtzeitig zum Studienbeginn sollen aber alle da sein. Rektor Gerhard Wagner:

    Insofern bleibt wahrscheinlich nur vier, fünf Wochen Zeit, denn es wird leider wahrscheinlich nicht genehmigt, das ist die Information, die ich heute habe, von einigen Ländern, dass man schon vor dem Abitur Auswahlgespräche oder Tests macht. Was sehr sinnvoll sein könnte, dann im Mai oder Juni schon mit der Auswahl zu beginnen.

    Einigkeit herrscht in Essen und Bochum auch darüber, dass die neue Teilautonomie der Hochschulen ein Schritt in Richtung einer wünschenswerten 100-Prozent-Autonomie ist. Für den Essener Wirtschaftswissenschaftler Volker Clausen ist das allerdings noch sehr ferne Zukunftsmusik ist. Schließlich befasst sich sein Fachbereich zur Zeit mit der Standortbestimmung innerhalb einer frisch fusionierten Uni und gleichzeitig noch mit der vom Land NRW geforderten Bachelor-Master-Umstellung. Die Auswahl seiner angehenden Betriebswirte ist somit nur eines von vielen Problemen.