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High-Tech-Bude im Test

Hightechhäuser gibt es schon seit Längerem: Kilometer an Kabeln koppeln Sensoren und Computer für jede Funktion kommunizieren über Datenbusse untereinander. Technisch mögliche Experimente gehen aber immer mit dem Nachteil einher, dass sie extrem teuer sind. In Ahaus wurde jetzt von der Softwareschmiede Tobit ein neues Projekt gefördert, bei dem Schüler ein erschwingliches intelligentes Haus entwickelten.

Wolfram Koch |
    Es sieht aus wie ein normales Einfamilienhaus. Zwei Etagen, weißer Außenputz, Türen, Fenster, ein Dach. Das einzig Ungewöhnliche ist der etwas überdimensionierte Briefkasten neben der Haustür. Dabei handelt es sich indes nicht um einen herkömmlichen Briefkasten, sondern vielmehr die "Dot-Com-Klappe". Sie dient dem Paketdienst, der im Internet bestellte Waren aus dem Online-Shop liefert, wenn niemand zu Hause ist. Eine Schülergruppe entwickelte im Rahmen des vom Softwarehersteller Tobit initiierten Projektes "Easy Living" die technischen Einrichtungen, die dem Haus zu mehr Intelligenz verhelfen sollen. Ziel war aber nicht nur die schlaue, sondern auch die "krasse Hütte mit coolen Funktionen", die es einem so richtig bequem machen. Das fängt schon an der Tür an. Jan Kalle Ribbert zieht nicht etwa einen Schlüssel, sondern sein Handy aus der Tasche und wählt das Haus an. Der Rechner im Haus identifiziert anhand der vom Handy übermittelten Rufnummer den Anrufer und öffnet dann die Tür. Um dabei keine Kosten entstehen zu lassen, nimmt der PC natürlich gar nicht erst nicht ab. Ebenso funktioniert die "Dot-Com-Klappe": der Bote wählt einfach per Handy das Haus an, die Nummer wird identifiziert und die Klappe öffnet sich.

    Im Haus schaltet der Rechner in Abhängigkeit von der Tageszeit das Licht und übernimmt eine Reihe von Standardfunktionen. Weil die Sprachsteuerung noch nicht fertig ist, braucht man für alle weiteren Funktionen eine Fernbedienung, erklärt Ribbert: "Die Fernbedienung besitzt zwei Ebenen, mit denen man alles im Haus bedienen kann, je nach dem, wo man sich befindet." In der Küche ist das Webpad allerdings hilfreicher als die Fernbedienung: Dem Kühlschrankinhalt entsprechend kann man sich etwa aus dem Internet ein Rezept auf den tragbaren Bildschirm laden. Will der moderne Single etwa das letzte verbliebene Steak köstlich zubereiten, und hat die dazu nötigen manuellen Eingriffe wie Schneiden und Würzen erledigt, übernimmt der Rechner die Kochzeiten und Temperaturen aus dem Kochbuch und steuert den Herd.

    Auch das Raumklima wird so gesteuert. Der Computer erfasst dazu Daten und regelt Heizungen und Fenster über die gleichen Module. Die Sensoren überwachen dabei aber nicht nur die Raumtemperatur: "Über den Server wird die Heizung mit den Temperaturdaten aus den einzelnen Räumen sowie der Außentemperatur versorgt. Daneben erhalten wir vom Deutschen Wetterdienst zusätzliche Angaben, mit denen die Heizung abhängig von den Prognosen für den kommenden Tag gesteuert wird", erklärt Mitentwickler Henning Adam. Im Wohnzimmer ist eine Großleinwand und ein Soundsystem installiert. Von der Couch aus können die Bewohner darauf gemütlich fernsehen, im Internet surfen oder die während des Tages eingelaufenen Emails und Faxe lesen. Auch für die Sicherheit der Bewohner sorgt der Computer wesentlich intelligenter als normale Alarmanlagen. Sensoren überwachen permanent alle Räume und erkennen, ob es normal ist, dass sich zu einer bestimmten Zeit dort jemand aufhält oder nicht. Wenn man also Nachts mal schnell zum Kühlschrank tapst, um Wasser zu holen, merkt das der Rechner. Wenn aber jemand nachts durch alle Räume läuft und womöglich kein Licht einschaltet, dann spricht der Computer ihn an und droht blechern mit einer Meldung an die Ordnungshüter. Demnächst soll auch eine Spracherkennung ins Haus integriert werden.

    Obwohl das Haus den Bewohnern das tägliche Leben erleichtern soll und zudem noch Energie spart, ist die Technik überschaubar geblieben. Denn nur ein Standard-PC übernimmt alle Steuerungen. Alle Funktionen sind in Software abgebildet und lassen sich so jederzeit erweitern oder verändern. Eine neue Funktion ist etwa die Steuerung der Mülltonnen. Wenn die Müllabfuhr kommt, fährt der Rechner die Tonnen vor dem Haus aus einer Klappe im Boden. Fehlt eigentlich nur noch, dass er auch noch die Mülleimer im gesamten Haus vollautomatisch ausleert.