Archiv


Hilfe für bedrohte Arten

Laut Vorschrift dürfen sie nicht gehandelt und nicht gejagt werden. Vom Aussterben bedrohte Arten stehen unter strengem Schutz. Nicht immer hat das Gesetz aber ein Auge darauf, wenn ein Tier oder sein Fell illegal die Grenzen der Länder passiert. Denn für die Zollbeamten ist es meist schwierig, den Handel mit Schildkröten, seltenen Eidechsen oder Elfenbein zu kontrollieren. Zwar wird ihnen in speziellen Schulungen, die das Bundesamt für Naturschutz durchführt, beigebracht, wie sie seltene Pflanzen, Tropenhölzer oder Tierarten schnell erkennen können. Doch schwierig wird es dann, wenn die Zollbeamten eine Ware in den Händen halten, die nur aus Pflanzenteilen oder der Wolle eines Tieres hergestellt werden. In diesen Fällen ist die Herkunft eines verbotenen Produkts nur schwer nachzuvollziehen und schlecht zu beweisen. Mit einem speziellen Proteintest könnten in Zukunft aber auch diese Produkte sicher identifiziert werden.

    Für die Tibet-Antilope wäre es ein Segen: Weil so genannte Shatoosh-Schals, die aus dem Fell der Tiere hergestellt werden, noch immer illegal gehandelt werden, ist die Art nahezu ausgestorben. Ein neuer Proteintest, den die Firma Gene-Facts zusammen mit dem Institut für technische Biochemie der Universität Saarbrücken entwickelt hat, könnte die meist als Kashmir-Schals getarnten Shatoosh-Schals nun leicht als solche erkennen. Bei diesem Verfahren werden die Protein-Bausteine einer Haarprobe analysiert und darüber die Tierart charakterisiert. Denn bei jeder Tierart ist das Verhältnis der Protein-Bausteine anders, wie Wolfgang Altmeyer von der Firma Gene-Facts erklärt.

    Wir benutzen ein Enzym, dass spezifisch die Peptide spaltet und zwar je nach der Aminosäure-Sequenz und diese Aminosäure-Sequenz selbst ist ja festgelegt durch die DNA. Das heißt bei unterschiedlichen Arten und unterschiedlicher genetischer Ausstattung sollten auch die Mutationen in der Aminosäure-Sequenz stattfinden. Und diese Sequenzen können wir darüber unterscheiden, dass wir sagen: Hier kann das Peptid gespalten werden und hier nicht. Und das ist bei allem, was wir getestet haben, bei jeder Tierart unterschiedlich.

    Mit dem Test kann also ein eindeutiger Fingerabdruck einer Tier-Art erstellt werden. Und wenn dieser Fingerabdruck archiviert wird, können weitere Haarproben mit ihm verglichen werden.

    Die Arten, die tatsächlich von Interesse sind und die man untersuchen will, das heißt zum Beispiel Arten die auf der roten Liste stehen oder geschützte Arten überhaupt, die müssten in einer Computerbibliothek gespeichert werden mit ihren entsprechenden Spektren, so dass man sie wiedererkennt. Und dann kann man sich vorstellen, dass so ein Kit gebaut wir, indem man einfach eine solche Haarprobe in eine vorgefertigte Lösung gibt und sie abkühlen lässt. Die müsste man über ein mobiles Gerät analysieren und vergleichen mit dem, was man in der Bibliothek hat.

    Mit einem solchen Gerät könnten Zollbeamte dann in Zukunft illegale Händler direkt an der Grenze überführen. Innerhalb von drei bis vier Stunden könnte er dann feststellen, von welchem Tier eine entnommene Probe stammt. Zunächst arbeiten Wolfgang Altmeyer und seine Kollegen daran, die Protein-Bibliothek, mit der die Proben in dem Testkit verglichen werden sollen, mit möglichst vielen Daten zu füllen.

    Wir haben bisher 30-40 Arten einfach mal getestet und da hat es bei allen wunderbar funktioniert. Was wir nun machen können und machen müssen ist, uns weitere Standards zu besorgen. Also wir arbeiten hier mit Zoos in der Umgebung zusammen um tatsächlich authentische Proben zu gewinnen und entsprechend zu testen. Aber nach unseren bisherigen Erfahrungen funktioniert es.

    Der Test ist aber nicht nur beim Artenschutz hilfreich: Er kann ebenso für die Qualitätssicherung eingesetzt werden, weil mit ihm auch die quantitative Mischung von zwei Arten in einer Probe bestimmt werden kann. So lässt sich beispielsweise feststellen, ob und in welchem Umfang ein Kaschmirschal mit Billigprodukten versetzt ist. Und eigentlich war die Frage nach der Qualitätssicherung auch der Grund, warum Wolfgang Altmeyer und seine Kollegen den Test entwickelt haben.

    Die Idee kam aus einer ganz anderen Ecke und zwar hatten wir eine Anfrage des Deutschen Daunen und Federn-Verbandes und die wollten wissen, ob wir Enten und Gänse unterscheiden können. Das einzige, was uns bei Federn bleibt, sind die Proteine und wir haben uns ein Verfahren gesucht, mit dem wir diese Proteine unterscheiden können. Das ganze hat sich dann weiterentwickelt weil wir uns überlegt haben, was für die Federn gilt müsste für die strukturell ähnlichen Haare auch funktionieren. Das haben wir dann ausprobiert und tatsächlich: das hat funktioniert.

    Nun wollen sich Wolfgang Altmeyer und seine Kollegen aber zunächst darauf konzentrieren, ihren Proteintest für den Artenschutz marktreif zu machen. Die ersten Abnehmer dafür haben sie schon gefunden.

    Wir haben bisher eine Anfrage von der Zolldirektion Köln, die wissen wollten, ob wir solche Tests für sie durchführen können. Ich könnte mir vorstellen, dass die Behörden, die für den Artenschutz zuständig sind, an diesen Tests interessiert sind.