Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Hilfe für Ostukraine
Kiew will russischen Konvoi blockieren

Ein russischer Konvoi aus 280 Lastwagen mit angeblichen Hilfsgütern ist auf dem Weg in die Ostukraine. Die Aktion sei mit der Ukraine abgestimmt, hieß es aus Moskau. Doch Kiew dementiert. Auch westliche Regierungen fürchten, Russland könne den Konvoi als Vorwand für einen Militäreinsatz nutzen.

12.08.2014
    Ein russischer Hilfskonvoi macht sich in der Nähe von Moskau auf dem Weg in die Ostukraine.
    Ein russischer Hilfskonvoi macht sich in der Nähe von Moskau auf dem Weg in die Ostukraine. (dpa / picture-alliance / Maksim Blinov)
    Der Konvoi besteht laut russischen Medienberichten aus 2000 Tonnen humanitärer Güter. Die Waren hätten Einwohner der Moskauer Region gespendet. Darunter seien 400 Tonnen Getreide, 100 Tonnen Zucker, 62 Tonnen Babynahrung, 54 Tonnen für die medizinische Versorgung, 12.000 Schlafsäcke sowie Stromgeneratoren. Der Konvoi soll den Angaben zufolge in zwei bis drei Tagen die ukrainische Grenze erreichen.
    Das Internationale Rote Kreuz hat den Konvoi aus Moskau nicht geprüft, erklärte ein Sprecher der unabhängigen Organisation. Sie habe von Moskau keine Angaben über Inhalt und Ziel des Konvois erhalten. Die Regierung in Kiew erklärte, der Konvoi werde die Grenze nicht passieren.
    Im Osten der Ukraine werden infolge der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten insbesondere in Donezk und Lugansk Lebensmittel und Wasser immer knapper; in vielen Haushalten gibt es seit Tagen keinen Strom. Die Menschen benötigten dringend Hilfe, erklärte das Internationale Rote Kreuz. Einwohner blicken in unserer Reportage mit Sorge auf den Winter.
    Rotes Kreuz hat keine Information
    Fotos vom Start des Konvois in der Stadt Alabino südwestlich von Moskau zeigen junge Soldaten, die in die Lastwagen steigen und sie abfahrbereit machen, aber nicht, wie die Fahrzeuge beladen werden. Korrespondenten berichten, dass die weißen Fahrzeuge das Logo des Roten Kreuzes tragen. Ein Sprecher des Internationalen Roten Kreuzes sagte in Kiew, er habe "keine Information über den Inhalt" der Lastwagen und er wisse auch nicht, wohin sie fahren.
    Bevor der Konvoi die Grenze passieren könne, müssten alle Seiten der Hilfslieferung zustimmen. Die Organisation erklärte in Genf weiter, alle Beteiligten in dem Konflikt müssten die Prinzipien des Roten Kreuzes anerkennen - zum Beispiel Neutralität und Unabhängigkeit. Außerdem werden keine bewaffneten Konvois begleitet. Von der Regierung in Moskau erwarte man eine genaue Liste der geplanten Hilfsgüter und Transport-Fahrzeuge.
    EU-Kommissarin: Moskau muss Souveränität der Ukraine achten
    Die Regierung in Kiew hatte gestern einem internationalen Hilfskonvoi mit russischer Beteiligung unter einer Bedingung zugestimmt. Präsident Petro Poroschenko sagte, Voraussetzung sei, dass der Einsatz unter der Führung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz stattfinde. Über den Konvoi aus Alabino hat sich Kiew noch nicht geäußert.
    Die für humanitäre Fragen zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa hat Moskau aufgefordert, bei der Entsendung von Hilfsgütern die Souveränität des Landes zu achten: "Es ist unabdingbar, dass die Lieferung von humanitärer Hilfe egal von wo und wem den Prinzipien der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit entspricht", sagte Georgiewa. Solche Hilfe müssen den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen, sie dürfe keine anderen Effekte haben. Die EU-Kommissarin betonte, dass die Ukrainer den Inhalt des Konvois an der Grenze überprüfen dürften.
    Hilfskonvoi nur ein Vorwand des Kreml?
    Die Führung in Kiew hatte die Befürchtung geäußert, Russland könnte unter dem Deckmantel eines Hilfskonvois seine Soldaten in die Ostukraine einmarschieren lassen. Ähnlich äußerte sich am Morgen der französische Außenminister Laurent Fabius. "Wir müssen sehr vorsichtig sein, denn dies könnte eine Vorwand für die Russen sein, sich selbst nahe Lugansk und Donezk in Stellung zu bringen", sagte Fabius im Hörfunksender France Info.
    Neuankömmlinge aus dem Konfliktgebiet Ostukraine werden am 09.07.2014 von russischen Helfern im Flüchtlingslager in Nowoschachtinsk zu Zelten gebracht.
    Täglich fliehen 1200 Menschen aus der Ostukraine, um sich in Russland in Sicherheit zu bringen. (dpa / Ulf Mauder)
    Nach Angaben der ukrainischen Regierung sind mittlerweile 45.000 russische Soldaten an der Grenze zur umkämpften Ostukraine stationiert. Die NATO spricht von einer "hohen Wahrscheinlichkeit", dass Moskau militärisch im Osten des Landes eingreifen könnte.
    Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt die Stimmung in seinem Land mit einer nationalistische Kampagne angefeuert. In Moskau startete gestern der Verkauf von T-Shirts, die Präsident Putin als militärischen Führer zeigen.
    Nach UNO-Angaben sind mehr als 1100 Menschen in den vergangenen vier Monaten in der Ost-Ukraine gestorben, seit die Separatisten die Kontrolle in einigen Städten übernommen und die ukrainische Regierung ihren Anti-Terror-Einsatz begonnen hatte.
    (sdö/swe/jan)