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Hilfe für Segler

Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Schweißausbrüche - vor allem Wassersportler erwischt die Seekrankheit immer wieder und kann die Freizeitfreude zur Qual machen. Im Extremfall leiden die Seekranken so stark, dass sie sich am liebsten über die Reling stürzen würden. Dass das Gleichgewichtsorgan bei der Seekrankheit eine Rolle spielt, ist bislang unbestritten. Die genauen Hintergründe blieben bislang allerdings im Dunkel. Der Wiener Medizinprofessor Dr. Reinhart Jarisch hat sich mit dem Phänomen intensiv beschäftigt und könnte jetzt Erhellendes zur Debatte beitragen.

Von Frank Schweikert |
    Ich fürchte die Seekrankheit und es kommt immer wieder vor, dass wenn ich nach längerer Zeit im Hafen auslaufe, dann nehme ich ganz verdeckt und heimlich eine Tablette um nicht zu zeigen dass ich Hemmungen habe. Die haben zwar die bekannten Nachteile – dass sie müde machen, dass sie auch depressiv machen, aber es ist immer noch besser als wie dann den Ausbruch der Seekrankheit voll zu erleben.

    Das Problem ist so alt wie die Seefahrt. Auch für den berühmten Fahrensegler Bobby Schenk ist die Seekrankheit eine erste Sache. Denn einigen Menschen wird schon alleine beim Anblick eines Schiffes schlecht .

    Über 2000 wissenschaftliche Arbeiten gibt es bereits über die Seekrankheit, aber kaum einer hat das Problem aktuell so auf einen Punkt gebracht, wie der Mediziner Dr. Reinhart Jarisch vom Florisdorfer Allergiezentrum in Wien.

    Vitamin C, eine ausgewählte Ernährung und das richtige Verhalten können die berühmt berüchtigte Seekrankheit ganz verhindern oder heilen. Denn Tatsache ist, dass die Seekrankheit, durch eine Überdosis an Histamin im Körper verursacht wird: So hat es der Allergologe an einigen Patienten durch systematische Studien herausgefunden:

    Dann war sehr bald klar, dass Histamin der Auslöser der Seekrankheit ist. Es ist so, dass beinahe alle Medikamente, die gegen Seekrankheit gegeben werden so genannte Antihistaminika sind.

    Auch die historische und berüchtigte Seefahrerkrankheit "Scorbut" hat man erfolgreich durch frisches Obst in dem viel Vitamin C enthalten ist bekämpft. Zur Vermeidung von Seekrankheit empfiehlt neben frischem Obst und Vitamin C vor allem histaminarme Kost an Bord:

    All jene Nahrungsmittel oder Getränke, die Histamin enthalten, in denen viel Histamin drinnen ist. In erster Linie ist das Rotwein aber auch Weizenbier, vor allen Dingen scharfe alkoholische Getränke wie Cognac, Campari etc. Unter den Lebensmitteln sind haltbare Würste wie Salami verboten, Hartkäse wie Emmentaler aber auch Tomaten sollten vermieden werden, Sauerkraut, geräucherter Fisch ist verboten.

    Wenn man diese Liste jetzt umdreht, dann kann man sagen, alles was frisch is,t ist erlaubt, außer Tomaten, die sind auch in frischem Zustand verboten.


    Einerseits ist der Histaminspiegel im Körper abhängig von dem was man isst, andererseits wird Histamin im Gleichgewichtsorgan dann in hohen Mengen gebildet, wenn es sich getäuscht fühlt, wenn also das visuell Erlebte nicht mit dem Gefühlten übereinstimmt: Beispielsweise bei einer visuellen Fahrt durch einen gefährlichen Canyon, die ohne körperliche Strapaze im Kino erlebt wird.

    Deshalb sollen zur Vermeidung der Seekrankheit neben einer ausgewählten Ernährung auch einige Verhaltensregeln beachtet werden, die letztendlich dazu führen, dass sich das Gleichgewichtsorgan nicht getäuscht fühlt, wie beispielsweise:

    … dass sich die Teilnehmer nach Möglichkeit mittschiffs aufhalten um hier die Bewegungen des Bootes am besten kontrollieren zu können. Wenn das möglich ist sollten die Leute am besten stehen. Schnelle Kopfbewegungen sind zu vermeiden, das heißt, man soll den ganzen Oberkörper bewegen – eine so genannte "En-Block"-Bewegung.

    Jede medizinische Erkenntnis ist nutzlos, wenn sie nicht mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit abgesichert werden kann. Deshalb sucht Jarisch nun zusammen mit der größten europäischen Wassersportzeitschrift nach Seglern, die bereits Erfahrung mit der Seekrankheit hatten und sich an einer so genannten Doppelblindstudie beteiligen wollen:

    …wobei eine Gruppe Vitamin C Kautabletten erhält und die andere Gruppe Tabletten die genauso aussehen und wie Vitamin C schmecken, aber kein Vitamin C enthalten. Die Leute müssen dann ein Protokoll führen in das sie einfach hineinschreiben wie ist es mir heute gegangen, hab ich den Eindruck gehabt, die Tablette hat geholfen, oder sie hat nicht geholfen. Am Ende der Saison werden dann die einzelnen Protokolle ausgewertet. Dann kann man sich ausrechnen in einem wie hohen Prozentsatz Vitamin C in der Lage war die Symptome der Betroffenen tatsächlich zu verbessern.